Markus Hörwick ist seit 30 Jahren Mediendirektor beim FC Bayern München
Markus Hörwick ist seit 30 Jahren Mediendirektor beim FC Bayern München

Der Rekordmann zwischen den Stühlen

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München - Mit jedem Titel steigt das Interesse von Zeitungen, Magazinen, Radio- und TV-Stationen, Online-Portalen, Sponsoren und Partnern - und, nicht zuletzt das der Fans. Überall auf der Welt. Quer durch alle Zeitzonen. Tag und Nacht. Kaum ein anderer Club in Deutschland weckt ein derartig starkes Interesse. Für die Medien-Fachleute der Münchner bedeutet das viel Arbeit - oft rund um die Uhr.

Hörwick: "Bis Mitternacht ist das Handy an"

Wenn er die Beschreibung hört, lächelt der Mann im Anzug mit dem FCB-Clubemblem. Er heißt Markus Hörwick. Er ist 57 Jahre alt und Chef der rot-weißen Nachrichtenzentrale. Anders als  "Nachrichtenzentrale" kann man sein Reich kaum nennen. Oft genug wirkt die Medienzentrale der Bayern als sei dort ein weltweit operierender News-Kanal ansässig.

"Wenn mal nichts los ist, kommen 20 Interviewanfragen, wenn was los ist über 120", sagt Hörwick. "Am Tag". Alle anderen Wünsche nicht eingeschlossen. Und,  er steckt mitten drin. Man kann es sich schon denken, die Bayern setzen, auch was Ihren Mediendirektor angeht, Maßstäbe. Hörwick ist seit 30 Jahren dabei und ist mit großem Abstand der dienstälteste Medienchef der Bundesliga. Immer da, wo es brennt. Immer online und erreichbar. "Von sieben am Morgen bis Mitternacht ist das Handy an", sagt er und lacht wieder.

Erfolg kann ein Fluch sein? Es sei denn, man sieht es anders. Genau da stimmt Hörwick zu. "Wir sehen uns als Dienstleister. Wir wollten von Anfang an Partner der Medien sein", sagt er.  Mit der Strategie wurden die Münchner Trendsetter und Vorbild, was Medien- und Öffentlichkeitsarbeit angeht. Viele Clubs aus Europa schickten ihre Medienleute nach München. Die Münchner, sagt Hörwick, waren sich von Beginn an einig, eine offene Medienpolitik zu machen. Trotzdem muss selektiert werden. Nicht alle haben Verständnis dafür. Ribery, Robben und Co. müssen Fußball spielen. Oft alle drei Tage. Dazwischen kommt Markus Hörwick mit seinen Wünschen.

Frage nach dem Vornamen des Kanarienvogels

1983 war die Bayern-Pressestelle die erste im deutschen Profi-Sport und in Europa.  Heute ist sie  eine der größten in Deutschland und europaweit. Neun feste Mitarbeiter kümmern sich um  Anfragen und Wünsche, dazu kommt eine eigene Redaktion mit rund 15 Mitarbeitern für die Neuen Medien und sozialen Netzwerke. Zur Not liefern sie den Vornamen des Kanarienvogels des  Mannschaftskapitäns. Auch das kam  vor. Ab Januar 2014 wird das Angebot erweitert, es gibt künftig Skype-Interviews. Bastian Schweinsteiger sitzt im Medien-Center und spricht mit einer Zeitung oder einem TV-Sender in Shanghai oder New York. Telefonkonferenzen für auswärtige Medien  gibt es vor Auswärtsspielen schon seit Jahren.

In New York gehören die Münchner schon seit einigen Monaten zur Frühstücks-Lektüre. "Wir hatten zuletzt viele Interviews mit der New York Times", erzählt Hörwick. In England erfahren die Fußball-Fans alles über den FCB. In Mexiko ist man inzwischen die Nummer drei auf der Beliebtheitsskala. Das hat nicht nur mit Erfolgen zu tun oder der Faszination, die die Bayern ausstrahlen. Das hat vor allem mit ihrer Medienpolitik zu tun, die weit über Deutschland hinausgeht.

"Im Gegensatz zu einigen anderen Ländern sehen wir diese Strategie als die richtige an. Offen zu sein", sagt Hörwick. In England, Spanien und Italien geht man in der Hinsicht restriktiver mit Medien und Öffentlichkeit um.

"Die Familie muss mitspielen"

Wie hält einer dieses "Dauer-Interesse" aus? Rund um die Uhr. Jeden Tag. "Mit einem dicken Fell", sagt Hörwick. Oft genug sitzt er zwischen den Stühlen. Von da heißt es, die blocken ab, von dort, wir wollen in Ruhe trainieren. Dazu kommt ein unerschöpflicher Fundus an kuriosen Erfahrungen und selten das, was man geregelte Arbeitszeit nennt. "Du machst dir immer Gedanken, wo müssen wir mehr oder etwas anders machen?", sagt Hörwick. Die Umtriebigkeit des FCB-Pressechefs sorgt außerhalb der Fußballbranche für Aufsehen. 2013 wurde er zum "PR-Professional des Jahres" gewählt.

Auch Hörwick ist ein "Bayern-Fan". Einer, der seine Emotionen oftmals ausschalten muss. Professionalität hat Priorität. Sieg oder Niederlage, das geht freilich auch ihm an die Nieren. Vor allem bei "wichtigen Spielen". Und die hat der FC Bayern jedes Mal, wenn er irgendwo antritt. Ob in Pokalrunde eins oder im Finale der Champions League. Das spürt die Familie daheim. Ehefrau und Kinder. Drei sind es. Inzwischen alle erwachsen. Alle mussten sie oft hören, der Papa kommt doch nicht mit zum Baden im Sommer oder zum Skifahren im Winter. "Die Familie muss mitspielen", sagt Hörwick. Er nimmt sie zu den großen Spielen, den Finalspielen,  mit. Mit schlechtem Gewissen und als "kleines Dankeschön". Seit 30 Jahren.

Bei "Trap" lag etwas in der Luft

Sie haben ihn hautnah erlebt, "im tiefsten Loch der Emotion" als die Münchner 1999 das CL-Finale gegen Manchester United in der Nachspielzeit verloren. Oder das Finale "dahoam" 2012 gegen Chelsea. Sie erlebten ihn glückstrunken nach dem späten Meistertor 2001 in Hamburg. "Den unglaublichsten Glücksmoment", nennt er den Freistoßtreffer von Patrick Andersson. Hörwick lacht und sagt: "Du denkst, du hast alles erlebt, dann kommt immer doch noch etwas Neues. Hier zu arbeiten, geht nur mit vollem Einsatz."

Gibt es unter all den Ereignissen eine Lieblingsgeschichte des Markus Hörwick? Na klar. Die mit Trapattoni und dessen berühmter Wut-Rede, die im März 1998 um die Welt ging. Er stand daneben als der Maestro aus Italien ausbrach wie der Vesuv. Es lag etwas in der Luft damals. Zigmal rief Hörwick bei "Trap" an diesem Tag an, um dessen Stimmung auszuloten. Trotzdem war kein Kraut gewachsen gegen die Gefühle Trapattonis. "Im Nachhinein war das genau das, was Fußball ausmacht. Emotion und Authentizität", sagt Hörwick. "Das ist das Erfolgsgeheimnis des Erfolges des Fußballs", sagt er. Und meint in dem Moment seinen FC Bayern.

Oliver Trust