Nelson Valdez schielt nach dem Erfolg: Kriegt der Stürmer aus Paraguay unter Jürgen Klopp beim BVB endgültig die Kurve und platzt der Knoten?
Nelson Valdez schielt nach dem Erfolg: Kriegt der Stürmer aus Paraguay unter Jürgen Klopp beim BVB endgültig die Kurve und platzt der Knoten?

Der Phoenix schlägt schon mit den Flügeln

xwhatsappmailcopy-link

Man kann mit ziemlicher Sicherheit davon ausgehen, dass Nelson Valdez ein geduldiger Mensch ist. Jedenfalls nach semantischer Definition.

Geduldigen Menschen wird nämlich nachgesagt, dass sie gelernt haben, mit unbefriedigten Sehnsüchten und Wünschen zu leben. Zumindest vorübergehend. Bei geduldigen Menschen stirbt die Hoffnung nämlich tatsächlich zuletzt. Geduldige Menschen reagieren auf Schicksalsschläge nicht selten mit stoischer Ruhe. Und geduldige Menschen verfügen über eine bemerkenswerte Ausdauer.

Schneller Start, aber dann…

Nelson Valdez muss also einer der geduldigsten Menschen auf diesem Planeten sein. Obwohl zu Beginn seiner Karriere doch noch alles so schnell gegangen war. Atlético Tembetary hieß der Club für den er einst in der Eliteliga Paraguays debütierte. Da war Valdez gerade mal 15 Jahre jung.

San Joaquin heißt das kleine Kaff im Regierungsbezirk Caaguazú in dem Nelson Valdez seine Kindheit verlebte und überlebte. Das fußballerische Talent machte sich nämlich zunächst noch nicht auf dem Bankkonto bemerkbar.

Der junge Fußballer lebte auf der Straße, seine Träume von einer aussichtsreichen Karriere musste er Nacht für Nacht unter den Stufen einer Stadiontribüne träumen.

Beinahe versumpft

Und beinahe hätte der heute 24-Jährige diese Träume in Paraguays berauschendem Nationalgetränk Cana ersäuft. Am 1. Dezember 2001 überschnitten sich Traum und Wirklichkeit dann aber zum ersten Mal: Bremens Vorstandsvorsitzender Jürgen L. Born lotste den 18 Jahre jungen Valdez an die Weser. Werder hatte sein Talent erkannt und wollte es in der Regionalligamannschaft für höhere Aufgabe einschleifen.

Rund zwei Jahre später spielten die Hanseaten in einem Testspiel der Winterpause 1:1 gegen Alemannia Aachen. Eigentlich ein Ereignis fürs Kurzzeitgedächtnis.

Aber der Bremer Torschütze hatte bei Klaus Allofs einen nachhaltigen Eindruck hinterlassen. "Wenn Nelson auf dem Teppich bleibt, hat er gute Chancen, es ganz schnell bei uns zu packen", prognostizierte der Sportdirektor damals.

Fehleinschätzung

In der Rückrunde debütierte Valdez dann am 22. Spieltag in der 81. Minute bei der 0:1-Heimpleite gegen Energie Cottbus. Eine Woche drauf bekam er die doppelte Einsatzzeit beim 3:0-Sieg in Leverkusen. Den Sprung in den A-Kader schaffte er in der Folgesaison mit seinem ersten Bundesligator beim 4:1-Sieg gegen Schalke und seinem entscheidenden Treffer zum 3:2 in der Verlängerung des DFB-Pokal-Halbfinals gegen den VfB Lübeck.

Bereits im Oktober 2003 hatte Valdez seinen Vertrag bis 2007 verlängert. "Nelson Valdez ist eines der größten Stürmertalente der Bundesliga. Er drängt immer stärker ins Team", erklärte Allofs nach der Unterzeichnung des neuen Arbeitspapiers und schloss dann mit einer seiner seltenen Fehleinschätzungen: "Wir sind sicher, dass er seine positive Entwicklung fortsetzen wird. Ihm gehört die Zukunft."

Geduld, Geduld

Doch bald schon war an der Weser erst einmal Geduld gefragt. Geduld mit Nelson Valdez, dem Stürmer aus Paraguay, dem Edeljoker von der Weser, dessen Talent plötzlich doch kleiner zu sein schien als der lästige Knoten, der es fortan eisern umschlossen hielt. Immer wieder werfen ihn Verletzungen zurück, immer wieder muss er sich über die Amateure an das Profi-Team heranarbeiten.

In 80 Bundesligaspielen für Werder gelangen Valdez nur 19 Treffer. In der Saison 2006/07 war die Zeit dann reif für einen Trikot- und Tapetenwechsel. Dortmund war die neue Heimat, die Borussia das Zuhause.

Doch der Erfolg kam nie zu Besuch. "Ich freue mich auf die tolle Atmosphäre in Dortmund und möchte mit Toren helfen, dass wir weiter nach oben kommen." Ein Törchen steuerte Valdez in 29 Spielen für dieses Ziel bei. Zu wenig. Viel zu wenig.

Schlechte Noten

Der Kicker bilanzierte Valdez' erste Saison im Revier mit der Gesamtnote 4,29. In der Folgesaison traf der Angreifer in 27 Spielen zwei Mal. Der Kicker meinte: Note 4,28. Von einer Verbesserung wollte da selbst der fatalistischste Optimist nicht sprechen. Aber dann kam Jürgen Klopp.

"Nelson gibt aus dem Stand 100 Prozent. Das ist ein unglaublicher Charakterzug von ihm", lobte der neue Coach der Borussia den ladegehemmten Stürmer nach dem Remis im Testspiel gegen den FC Basel.

"Ich glaube an Gerechtigkeit im Leben, das wird immer belohnt. Er läuft, marschiert und macht. Bei Nelson ist es gegen Basel schon belohnt worden. Er hat das erste Tor vorbereitet, das zweite selber gemacht. Ich habe schon schlechtere Quoten von einem Stürmer gesehen." Ein Blick in die sportliche Vergangenheit seines Schützlings hätte genügt.

Wie Phoenix aus der Asche?

Vielleicht wird Nelson Valdez unter Klopps magischen Händen ja ein zweiter Mohamed Zidan. Die äußerst scheuen Offensivtalente des Ägypters scheinen sich auch nur in Anwesenheit des neuen Dortmunder Coaches in der Öffentlichkeit eines Spieltages zeigen zu wollen. Nun jedenfalls hat Valdez zum Auftakt der neuen Saison ein Ausrufezeichen gesetzt. Und das Fragezeichen gleich hinterher.

Ein Tor und eine Torvorlage gegen Leverkusen! Dortmunds Phoenix schlägt schon mit den Flügeln, aber erhebt er sich auch aus der Asche?

Für eine Antwort muss man sich einmal mehr gedulden. Eventuell nur bis zum nächsten Wochenende. Bis 15:30 Uhr, bis zum 2. Spieltag, bis Klopp, Zidan, Valdez & Co. den FC Bayern empfangen. Eventuell aber auch wieder viel, viel länger.

Michael Wollny