Man kennt sich, schätzt sich - und fährt vielleicht auch mal gemeinsam in den Urlaub? Hans Meyer (l.) mit seinem ehemaligen "Lehrling" Michael Frontzeck
Man kennt sich, schätzt sich - und fährt vielleicht auch mal gemeinsam in den Urlaub? Hans Meyer (l.) mit seinem ehemaligen "Lehrling" Michael Frontzeck

Der Meister jagt den Lehrling

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Wenn es nach Hans Meyer ginge, dann wäre das Spiel seiner "Fohlen" gegen Bielefeld wohl ein absoluter Selbstläufer.

Drei Punkte? - Geschenkt. Im wahrsten Sinne des Wortes. Denn so viel jugendlichen Anstand vor Alter und erbrachten Lebensleistungen sollte der 66-jährige Gladbach-Trainer vom über zwei Jahrzehnte jüngeren Bielefeld-Coach Michael Frontzeck schließlich schon erwarten dürfen. "Ich nehme stark an, dass er so viel Respekt vor mir hat, dass er sagt: 'Komm, nimm die drei Punkte, ich schenke sie dir!'"

Freundschaftliches Verhältnis

Meyers humorvolle Erwartungshaltung geht zwar auf den November 2006 zurück, als er mit seinem damaligen Club 1. FC Nürnberg auf die Aachener Alemannen seines Zöglings Michael Frontzeck traf und beim 1:1 immerhin einen Punkt geschenkt bekam. Doch der flachsige Umgang miteinander charakterisiert bis heute das freundschaftliche Verhältnis der beiden Weggefährten.

Michael Frontzeck ist ein Kind vom Niederrhein, ein echter Fohlen-Wurf. Der gebürtige Gladbacher debütierte für die Borussia in der Bundesliga und trug von 1983 bis 1989 durchgehend ihr Trikot. Nach Karriereausflügen zum VfB Stuttgart, Bochum, dem SC Freiburg und einem Kurzbesuch bei der Borussia landete Frontzeck 1998 endgültig wieder im heimatlichen Gestüt.

Als Gladbach 1999/2000 mit Niederlagen gegen Chemnitz, Hannover und den KSC äußerst bescheiden in die Zweitliga-Saison startete, musste der damalige Trainer Rainer Bonhof seinen Arbeitsplatz für Hans Meyer räumen. Eine Personalentwicklung, die auch für Michael Frontzeck Konsequenzen haben sollte.

Frontzeck zollt Meyers Tempo Tribut

Meyer kam und sah die Borussia punktlos auf den Tabellenboden darnieder geworfen. Er legte die "Fohlen" an die Longierleine und führte sie bis Saisonende auf Tabellenplatz 5. Während dieses rasanten Galopps mit 54 Punkten aus 31 Spielen muss Meyer wohl festgestellt haben, dass der damals 36-jährige Frontzeck ein wenig "lahmte".

"Wenn der Hans sagt, ich sei ihm böse, weil er damals in Gladbach meine Spielerkarriere beendet hat, kann ich das geradestellen", meinte Frontzeck einmal rückblickend im "Westfalen-Blatt" und ergänzte augenzwinkernd: "Er flachst ja viel, das ist eine seiner positiven Seiten in diesem manchmal ernsten Geschäft, in dem alles schneller wurde - nur ich nicht."

Wegbereiter für die Karriere nach der Karriere

Dafür beeilte sich Meyer, den ehemaligen Kapitän der Borussia in seinen Trainerstab zu holen. "Er wollte mir mit 36 Jahren einen guten Abgang verschaffen", erinnert sich Frontzeck. "Ich habe keine Sekunde überlegt, als ich 2000 bei Borussia sein Assistent werden sollte. Ich konnte bei Hans Meyer viel lernen, und wir haben damals zusammen viel Spaß gehabt und gelacht."

Für den Realsatiriker Hans Meyer schlägt der gemeinsame Humor die Brücke zur Freundschaft: "Er ist einer der wenigen, mit denen ich auch in Urlaub fahren würde", sagt der Meister über seinen einstigen Lehrling und findet dann doch noch ein Haar in der Suppe - wohlwissend, welchem Schopf es entfallen sein muss: "Das Einzige, was mir an ihm missfällt, ist, dass er so wenig Haare auf dem Kopf hat."

Es wird ernst

Nun heißt es aber "Spaß beiseite!". Immerhin kämpfen Gladbach und Bielefeld am Sonntag im direkten Duell um die Erstliga-Existenz. Die Borussia steht auf dem Relegationsplatz, Bielefeld mit einem Punkt Abstand genau darüber.

In dieser Konstellation hilft bestenfalls Galgenhumor und vielleicht Meyers erneute "Forderung" nach huldvollem Respekt seitens der nachrückenden Generation. Frontzeck würde diese aber wohl mit einem milden Lächeln quittieren und sich dabei schweigend mit der Hand über die Kadettenfrisur fahren…

Michael Wollny


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