Franck Ribery (l.) erzielte gegen Barca sein viertes Tor in der Champions League
Franck Ribery (l.) erzielte gegen Barca sein viertes Tor in der Champions League

Der kurze Traum vom Glück

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Es war die 73. Minute, als die elf Spieler des FC Bayern München erhobenen Hauptes ihr endgültiges Aus in der diesjährigen Champions-League-Saison vor Augen geführt bekamen. Gemeinsam mit den 66.000 Zuschauern in der ausverkauften Allianz Arena richteten sie den Blick hoch zur Videoleinwand und bestaunten die Wiederholung des - für das objektive Auge wunderschönen - 1:1-Ausgleichstreffers des FC Barcelona.

Nach einer leichtfüßig-eleganten Kurzpass-Kombination auf der linken Angriffsseite der Katalanen über Andres Iniesta und Samuel Eto'o gelangte der Ball in den FCB-Strafraum, Xavi legte zurück und der im Vergleich zu den zuvor genannten Zauberkünstlern eher rustikal anmutende Seydou Keita nagelte die Kugel von der Strafraumgrenze aus unhaltbar ins linke Eck des Bayern-Tores.

"Es hat sich relativiert"

Eine geniale Aktion der Gäste reichte somit, um all die noch so vagen Träume der Bayern-Profis vom Einzug ins Halbfinale der Champions League zu beenden. Zu groß war die 0:4-Hypothek nach dem ersten Aufeinandertreffen vor einer Woche im Camp Nou.

Den in ihrem Stolz und ihrer Ehre verletzten Münchenern gelang zwar nicht der gewünschte Sieg, doch immerhin die teilweise Rehabilitation für die Schmach des Hinspiels. "Nach der ersten Halbzeit in Barcelona konnte man ja denken, es liegen Welten zwischen Barca und uns. Aber im Rückspiel in der Allianz Arena hat sich das alles relativiert", sagte Manager Uli Hoeneß.

"Von Wiedergutmachung zu sprechen, wäre vielleicht übertrieben, aber das war ein ordentliches Spiel von uns heute", bilanzierte der in Barcelona noch verletzte Linksverteidiger Philipp Lahm.

Toni ärgert sich über vergebene Chance

Auch wenn Bayern-Trainer Jürgen Klinsmann öffentlich schon vor dem Rückspiel die weiße Fahne gehisst und ein Weiterkommen ausgeschlossen hatte, so offenbarten seine Worte nach dem Schlusspfiff anderes: "Wir wollten recht früh, in der ersten halben Stunde, in Führung gehen und dann vielleicht noch ein zweites Tor nachlegen. Im Fußball ist dann alles möglich."

Und die Chance zur frühen Führung war da. Bereits nach sechs Minuten flankte Jose Sosa von rechts präzise auf den Elfmeterpunkt zum frei stehenden Luca Toni. Doch der Italiener ließ die Hereingabe nachlässig über die Stirn streichen und vergab so die große Möglichkeit zur Initialzündung.

"Ich habe mich sehr darüber geärgert. Wenn wir dieses schnelle Tor erzielt hätten, hätten wir dem Spiel vielleicht eine andere Richtung geben können. Ich war mit dem Kopf dran, aber habe den Ball nicht richtig erwischt", haderte Toni hinterher.

FCB-Defensive überzeugt

In der Anfangsviertelstunde zeigte der FC Bayern, was alles möglich gewesen wäre mit einem besseren Hinspiel-Ergebnis. Lautstark angetrieben von den Fans spielte der Rekordmeister engagiert, druckvoll, zweikampfstark und bereitete den Katalanen einige Probleme.

Auch die Abwehrkette mit dem etatmäßigen Innenverteidigerpaar Lucio und Martin Demichelis sowie dem genesenen Lahm überzeugte gegen Lionel Messi, Eto'o, Iniesta, Xavi und Co., die allerdings aufgrund des beruhigenden 4:0-Polsters mit ihren Künsten stark haushielten.

Nach Franck Riberys 1:0 in der 47. Minute keimte noch einmal Hoffnung auf, Trainer Klinsmann trieb sein Team wie ein Derwisch immer wieder nach vorne. In der 67. Minute kam Stürmer Toni im Barca-Strafraum gegen Gerard Pique zu Fall, Schiedsrichter Rosetti verwehrte seinem Landsmann allerdings einen Strafstoß. Sechs Minuten später folgte dann Keitas "Todesstoß".

Zufriedene "Königsklassen"-Bilanz bis auf eine Ausnahme

"Was gefehlt hat, um der Sensation näher zu kommen, war das zweite Tor. Wer weiß, was passiert, wenn wir den Elfmeter kriegen. Mit den Fans im Rücken wäre es zumindest noch mal sehr, sehr eng geworden", glaubt Hans-Jörg Butt, der erneut das Bayern-Tor anstelle von Michael Rensing hütete und dies auch in den restlichen sieben Saisonspielen tun wird.

Das Fazit der Auftritte in der "Königsklasse" fiel dennoch positiv aus. "Was wir in der Champions League gezeigt haben, war, bis auf das Spiel in Barcelona, wirklich erstklassig", lobte Klinsmann. Auch Lahm zeigte sich "insgesamt mit den Leistungen in der Champions League zufrieden, bis auf eine Partie: Das Hinspiel in Barcelona."

Der Kopf geht also wieder nach oben, nicht nur der Videoleinwand wegen...

Aus der Allianz Arena berichtet Denis Huber