Die ungetrübte Freude währte nur einen Tag: Schon am Sonntag gab Dortmund bekannt, dass sich Marco Reus (r., mit Henrikh Mkhitaryan) in Bremen verletzt hatte - ebenso wie Sven Bender (© Imago)
Die ungetrübte Freude währte nur einen Tag: Schon am Sonntag gab Dortmund bekannt, dass sich Marco Reus (r., mit Henrikh Mkhitaryan) in Bremen verletzt hatte - ebenso wie Sven Bender (© Imago)

Weitere Ausfälle trüben BVB-Euphorie

xwhatsappmailcopy-link

Bremen - Jürgen Klopp war in absoluter Knuddel-Laune. Für den Dortmunder Coach gab es kein Halten mehr, er stürzte sich im seligen Jubelrausch auf seinen Co-Trainer Zeljko Buvac, der nichts ahnend auf der Bank saß und so schnell gar nicht wusste, wie ihm geschah. Schon lag Klopp auf ihm drauf. Aber es war auch einfach alles so wunderbar an diesem Samstagnachmittag im Bremer Weser-Stadion, dass Klopp am liebsten die ganze Welt umarmt hätte. Doch schon am Sonntag ereilte die Borussia die nächste Hiobsbotschaft. Marco Reus und Sven Bender müssen wegen Muskelverletzungen pausieren und erweitern das ohnehin prall gefüllte BVB-Lazarett.

"Das beste Spiel seit Wochen"

Am Samstag nach dem Spiel war die Welt aber noch in Ordnung. Zumindest jeder, der ein- und ausgewechselt wurde, konnte sich dem Kloppschen Geknuddel kaum erwehren. Und später, als der grandiose 5:1-Sieg abgepfiffen war, wurde noch mal jeder Borusse einzeln auf dem Rasen geherzt und gedrückt. Besonders seine drei Torschützen. Denn gerade sie symbolisierten dem Rest der Liga: Seht her, der BVB ist wieder da! "Das war ein großartiges Spiel meiner Mannschaft", schwärmte Klopp dann auch, "so würden wir gerne jede Woche spielen." Dass ihnen das zuletzt ein wenig schwer gefallen war, hatte dem Vizemeister Kritik eingebracht, doch mit der rauschenden Fußball-Gala hatten die Borussen die richtige Antwort gegeben.

Und Klopp kam aus der ultimativen Lobhudelei gar nicht mehr heraus. "Beim Gegenpressing waren wir extrem stark", begann er, "wir spielten mutig und konsequent, waren ballsicher. Das war ein Spiel, bei dem es nichts zu meckern gab." Sie hatten ihr schnelles, kombinationssicheres Spiel in die Spitze endlich wiedergefunden. Das Gegentor in der letzten Spielminute, nun ja, da sei selbst bei ihm schon die Spannung raus gewesen, meinte Klopp großmütig. Der Ehrentreffer der Bremer blieb auch nicht mehr als eine Fußnote in dieser Machtdemonstration der Schwarz-Gelben, die sich eindrucksvoll zurückgemeldet hatten.

"Das war unser bestes Spiel seit Wochen", schwärmte auch Abwehrchef Sokratis, "zuletzt waren wir nicht konstant genug. Aber jetzt bin ich sicher, dass wir am Ende auf Rang zwei stehen werden." Und es passte ins Bild, dass nicht einmal die Müdigkeit dem frisch gebackenen Papa etwas anhaben konnte - es stimmte einfach alles an diesem Tag. Und dass dem BVB mit Mats Hummels, Neven Subotic, Ilkay Gündogan und Jakub Blaszczykowski erneut wichtige Stammspieler ausfielen, machten die Dortmunder zumindest an diesem Nachmittag wett.

Weiteres Ungemach aus der Personalabteilung

Nun droht den Schwarz-Gelben aus der Personalabteilung aber weiteres Ungemach. Sven Bender und Marco Reus zogen sich Muskelverletzungen zu. Bender wird wegen einer Zerrung voraussichtlich eine Woche ausfallen, Reus muss wegen eines Muskelfaserrisses zwei Wochen pausieren. Natürlich sind das keine katastrophalen Neuigkeiten, die mit den schweren Verletzungen von Subotic oder Blaszczykowski gleichzustellen wären. Trotzdem hat der schwarz-gelbe Euphorieschub wieder einen gehörigen Dämpfer erhalten.   

Von derart negativen Gedanken war Manuel Friedrich unmittelbar nach Abpfiff natürlich weit entfernt. Der ehemalige Leverkusener war wieder neben Sokratis in die Innenverteidigung gerückt, und dabei hatte er in diesem Jahr noch nicht mal im Kader gestanden. Doch Friedrich spielte nicht nur hinten solide, er drückte nach einer Ecke auch noch den Ball zum 3:0 über die Linie. Damit war die Gegenwehr der Bremer endgültig gebrochen. "Ich bin so froh, dass ich endlich mal ein Stückchen zurückgeben konnte", sagte Friedrich, der von Klopp als Rettungsanker während der Verletzungsmisere geholt worden war: "Ich habe mich selten so gefreut über ein Tor - das war ein überwältigendes Glücksgefühl." Und auch Klopp knuddelte erst, dann lobte er: "Er hat ein super Spiel gemacht und ein tolles Tor geschossen."

Doppeltes Glück der Sorgenkinder

Jeweils gleich doppelt trafen auch noch Robert Lewandowski und Henrikh Mkhitaryan - für beide waren es kleine Befreiungsschläge. Mkhitaryan hatte zuletzt Mitte September in der Bundesliga getroffen, das war für viele Beobachter deutlich zu wenig. Doch Klopp stand immer hinter dem quirligen Armenier: "Wir wissen, was er kann. Und wir arbeiten daran, dass er seine Fähigkeiten häufiger zeigt. Die Leistung heute war brutal wichtig für ihn." Sein zweiter Treffer geriet sogar zum schönsten des Nachmittags: Nach einem Hackentrick von Marco Reus schlenzte Mkhitaryan die Kugel vorbei an Keeper Raphael Wolf ins Netz.

Aber auch Lewandowskis Tore konnten sich sehen lassen. Der Pole besorgte cool die Führung und setzte den Schlusstreffer, und das nach den turbulenten Schlagzeilen um seinen Wechsel im Sommer zum FC Bayern. "Ich habe nie an ihm gezweifelt", stellte Klopp klar, "was er leistet und wie er sich entwickelt hat, ist außergewöhnlich." Dieses Vertrauen gab Lewandowski nun zurück und bleibt mit 13 Treffern Herthas Adrian Ramos (14) in der Torjägerliste dicht auf den Fersen.

Aus Bremen berichtet Petra Philippsen