Karl-Heinz Riedle traf in 86 Bundesliga-Spielen für Bremen 38 Mal
Karl-Heinz Riedle traf in 86 Bundesliga-Spielen für Bremen 38 Mal

"Den kann man auch nicht verpflanzen"

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Die letzten Entscheidungen im Club-Bereich stehen an in Deutschland: Relegation und DFB-Pokal. Einer, der auf beiden Hochzeiten die Daumen drückt, ist Karl-Heinz Riedle. Der ehemalige Stürmerstar spielte einst in Augsburg und schaffte später bei Werder Bremen den großen Durchbruch.

Im Gespräch mit bundesliga.de äußert sich der Weltmeister von 1990 zur Saison 2009/10. Er zieht seinen Hut vor der Entwicklung der Augsburger und glaubt weiter an die Aufstiegschance des FCA. Riedle wirft auch einen Blick aufs Pokalfinale und sagt, was seinen ehemaligen Mitspieler Thomas Schaaf auszeichnet.

bundesliga.de: Herr Riedle, wie fällt Ihr Fazit der Bundesliga-Saison 2009/10 aus?

Karl-Heinz Riedle: Ich denke, es war eine super-interessante und spannende Saison. Sie war so spannend wie selten zuvor. Oben wie unten ging es eng zur Sache. Im Endeffekt gab es einen Sieger, den man von vornherein auf der Karte gehabt hatte: den FC Bayern München.

bundesliga.de: Welche Mannschaft hat Sie am meisten überrascht?

Riedle: Positiv hat mich unter anderem überrascht, dass sich Werder Bremen in der zweiten Saisonhälfte nach der längeren Durststrecke doch noch einmal gefangen hat. Platz 3 ist ein toller Erfolg und sie haben ja noch die Chance, den DFB-Pokal zu gewinnen.

bundesliga.de: Und negativ?

Riedle: Hertha BSC. Das war natürlich alles andere als absehbar. Das ist total schade für den Verein. Ich hoffe, dass die Berliner relativ schnell wieder die Kurve kriegen und wieder hoch in die Bundesliga kommen. Der Abstieg war sicherlich nicht eingeplant.

bundesliga.de: Am Donnerstag fand das Hinspiel der Relegation statt. Sie selbst haben in Augsburg gespielt. Was sagen Sie zur Entwicklung, die der Verein in jüngerer Vergangenheit genommen hat?

Riedle: Die Entwicklung in Augsburg ist super. Ich habe das schon einige Male erwähnt gehabt. Es ist wirklich großartig, was in Augsburg über die vergangenen Jahre aufgebaut wurde. Andreas Rettig (Geschäftsführer; Amn.d.Red.) und Walther Seinsch (Vorstandsvorsitzender; Amn.d.Red.) haben viel dazu beigetragen, dass das überhaupt möglich war. Als ich dort in der - in Anführungszeichen - "Provinz" gespielt habe, hat keiner einen Pfifferling. Und wo sie heute stehen. Das ist kein vergleich. Chapeau, was dort aufgebaut wurde.

bundesliga.de: Nun hat der FCA in Nürnberg verloren. Kann die Mannschaft dennoch den Aufstieg schaffen?

Riedle: Im Fußball ist ja alles möglich. Warum soll das also nicht gehen. Klar, ein 1:0 ist kein schlechtes Ergebnis für die Nürnberger. Die Franken sind sicher in der Lage, auch auswärts mal ein Tor zu schießen. Augsburg muss einen guten Tag erwischen, um eine Chance zu haben.

bundesliga.de: Am Samstag steigt das Pokalfinale. Sie selbst haben im Endspiel zwei Mal mit Bremen verloren. Einer Ihrer damaligen Mitspieler war Thomas Schaaf. Was zeichnete ihn als Spieler aus?

Riedle: Er war als Spieler ein sehr zurückhaltender und sympathischer Mensch. Ich glaube, dass ist er auch als Trainer. Er kann auch störrisch sein (lacht). Das war er auch als Spieler schon manchmal. Er ist scheint immer sehr unterkühlt nach außen hin. Aber innerlich ist er ein ganz warmherziger Mensch. Er hat eigentlich den gleichen Weg genommen wie einst Otto Rehhagel. Er macht wirklich einen sensationellen Job mit Werder Bremen.

bundesliga.de: Schaaf gehört zu einer "aussterbenden Spezies", den Trainern, die lange Zeit bei einem Club im Amt bleiben. Er trainiert Bremen seit Mai 1999. Wie hoch rechnen Sie diese Tatsache ihm und dem Verein an?

Riedle: Wie schon gesagt, Thomas ist ein bodenständiger Typ. Er ist ein Urgestein von Werder Bremen. Das ist seine Berufung. Daher gesehen, denke ich, dass er da einfach hingehört. Den kann man auch nicht verpflanzen. Von der Vereinsseite her muss ich sagen, dass man dort weiß, was man an Thomas Schaaf hat. Es gab ja auch Zeiten, in denen es einige Probleme gab. Da lief nicht alles rund. Und trotzdem standen sie immer hinter ihm und bleiben ruhig. Man lässt sich dort nicht von den Medien oder dem Umfeld verrückt machen. Die halten zu ihrem Trainer. Das finde ich auch gut.

bundesliga.de: Denken Sie, dass Schaaf den "Pott" zum vierten Mal gewinnen wird? Oder machen die Bayern Teil 2 des "Triple-Traums" wahr?

Riedle: Auf der einen Seite hat Bremen einen tollen Lauf in der Rückrunde gehabt. Die Bayern aber auch. Da ist alles unheimlich euphorisch. Die Meisterschaft haben sie ja schon gewonnen. Ich denke, die Chancen stehen 50:50. Es entscheidet wahrscheinlich die Tagesform.

Das Gespräch führte Sebastian Stolz