Huub Stevens war nach der deutlichen Pleite im Derby angefressen und kritisierte seine Spieler
Huub Stevens war nach der deutlichen Pleite im Derby angefressen und kritisierte seine Spieler

Deftige Worte nach Schlafwagen-Fußball

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Dortmund - Als die Punkte verloren waren, da setzte der eigene Trainer der Derby-Schmach der Schalker das I-Tüpfelchen auf. Ausgerechnet den BVB führte ein deutlich angefressener Huub Stevens seinem verbal zur "Schülermannschaft" degradierten Team als Vorbild vor Augen: "Die Dortmunder sind uns in der Entwicklung einiges voraus, das müssen wir ganz klar sehen."

Keine Frage: Der Stachel der Enttäuschung sitzt dieser Tage tief beim FC Schalke 04. Statt eines Derbyerfolgs gegen den Erzrivalen kassierte die Mannschaft bei der 0:2-Niederlage in Dortmund eine echte Lehrstunde.

Und statt des Sprunges ganz nach oben in der Bundesliga droht der Club nach der dritten Auswärtsniederlage - der ersten unter Stevens - in der Tabelle den Kontakt zur Spitzengruppe zu verlieren.

"Alles vorhanden, was schlecht ist"

Es hat also schon bessere Voraussetzungen gegeben vor einem Europapokalspiel. Am Donnerstag will Schalke gegen Steaua Bukarest in der Europa League den Einzug in die Zwischenrunde perfekt machen. Grund genug auch für einen verärgerten Manager Horst Heldt, seinen Spielern ebenso wie Stevens nach der Derbypleite deutliche Worte ins Stammbuch zu schreiben: "Es war alles vorhanden, was schlecht ist im Fußball. Wir hatten zu wenige Spieler, die an ihr Leistungsniveau herangekommen sind."

Und Heldt machte ganz klar, dass er künftig weniger hören und mehr sehen möchte: "Ich hätte mir bei einem so wichtigen Spiel ein anderes Auftreten gewünscht. Vor allem, nachdem einige sich im Vorfeld öffentlich so positioniert hatten. Es ist immer schlecht, wenn dann am Samstag um halb vier nichts mehr kommt."

Einzig Unnerstall überzeugt

"Nichts" stand in diesem Fall als Synonym für Stellungsfehler, Zweikampfschwäche und Fehlpässe, die Dortmund immer wieder zu Chancen kommen ließen und die Schalker Defensive häufiger schlecht aussehen ließen. Zugleich offenbarte die Mannschaft diesmal deutliche Probleme in der Vorwärtsbewegung. "Wir haben es nicht geschafft, Druck aufzubauen", stellte Christian Fuchs frustriert fest.

Erst in der 53. Minute verbuchten die "Knappen" den ersten ernsthaften Torschuss, ganze drei waren es in der gesamten Spielzeit. Keine Chancen, kein Tempo, keine Ideen, keine Kreativität - "das war teilweise Fußball zum Einschlafen", schimpfte Horst Heldt.

Als Lehrbeispiel könnten Manager und Trainer auch hier das Spiel der Gastgeber heranziehen: Räume zustellen, schnell umschalten, ballsicher kombinieren - all dies ließ Schalke vermissen. Anstelle von Mut und Leidenschaft regierten Verunsicherung und Hilflosigkeit. "Einige haben einfach nicht verstanden, was in diesem Spiel nötig gewesen wäre", wählte Heldt deutliche Worte.

Einzig der Torhüter durfte sich von der Rundum-Kritik ausgenommen fühlen. Der junge Lars Unnerstall war in seinem erst sechsten Bundesligaspiel der Lichtblick im allzu grauen "Königsblau" - und am Ende trotzdem mehr als ernüchtert. "Wir hatten es einfach nicht verdient zu gewinnen." Dass Unnerstall nach 90 Minuten mehr Ballkontakte verbuchte als die Stürmer Klaas-Jan Huntelaar und Raul zusammen, passte ins Bild.

Schnell "aufrappeln" für Bukarest und Augsburg

Bleibt die Frage nach den Gründen für den Schalker Einbruch. Die Spieler rätseln, und selbst Huub Steens konnte nur Vermutungen anstellen: "Vielleicht war es Angst, vielleicht Respekt." Beides jedenfalls soll die Mannschaft schon am Donnerstag gegen Bukarest wieder in der Kabine lassen, drei Tage später auch in der Bundesliga gegen den Tabellenletzten aus Augsburg. "Wir müssen uns jetzt schnell wieder aufrappeln", fordert Fuchs.

Auch Huub Stevens hat den Blick wieder in die Zukunft gerichtet und zeigte sich am Ende sogar versöhnlich-optimistisch: "Es ist klar, dass diese Mannschaft Höhen und Tiefen hat. Im Derby hatte sie viele Tiefen. Aber ich hoffe, dass sie aus diesem Spiel viel gelernt hat."

Dietmar Nolte