In der Winterpause der Saison 2004/05 übernahm Edmund Becker den KSC
In der Winterpause der Saison 2004/05 übernahm Edmund Becker den KSC

"Das wird eine Herkules-Aufgabe für uns"

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Seit acht Spieltagen steht der Karlsruher SC ununterbrochen auf dem letzten Tabellenplatz der Bundesliga. Doch das Vertrauen in die eigene Stärke und der Glaube an den Klassenerhalt sind weiter ungebrochen.

Nur vier Zähler trennen die Badener vom rettenden Ufer - das weiß auch Edmund Becker. Der Trainer des KSC gibt sich im Interview mit bundesliga.de besonnen und kämpferisch. Er analysiert das torlose Remis gegen Cottbus und freut sich auf die kommenden Aufgaben.

Becker spricht weiterhin über die anhaltenden Ladehemmungen seiner Mannschaft, gibt die Hoffnung aber nicht auf, dass der Knoten noch platzen wird. Zudem erinnert er an das Jahr 2005, als er den KSC in der Winterpause übernahm und schon einmal vorm Abstieg bewahrte.

bundesliga.de: Herr Becker, nach dem 1:0 in Leverkusen gab es im Duell gegen Cottbus keinen Sieger. Wie beurteilen Sie die Leistung Ihrer Mannschaft im Spiel gegen Energie?

Edmund Becker: Wenn man das blanke Ergebnis und die immer wiederkehrende Schwäche im Abschluss sieht, dann war es natürlich ein enttäuschendes Ergebnis. Wir hatten viele Torchancen, Standardsituationen und haben einen guten Ball gespielt. Wir waren in allen Belangen überlegen, aber im Fußball kann man nur gewinnen, wenn man Tore schießt. Und dieses Problem haben wir an diesem Tag wieder nicht in den Griff bekommen.

bundesliga.de: Es war ein direktes Duell im Abstiegskampf. Werten Sie den einen Zähler als Punktgewinn oder Punktverlust?

Becker: Absolut als Punktverlust. Wenn man den Endstand sieht und weiß, wie wir aufgetreten sind, dann haben wir zwei Punkte verloren und nicht etwa einen Punkt gewonnen.

bundesliga.de: In elf der vergangenen 14 Spiele blieb Ihre Mannschaft ohne Torerfolg. Gegen Cottbus schoss Ihr Team 20 Mal aufs Tor, aber kein Ball fand den Weg ins Netz. Wie erklären Sie sich diese Ladehemmungen?

Becker: Das hat sich nach und nach aufgebaut und ist schwer zu erklären. Natürlich sind die Offensivspieler gefordert. Aber ich nehme da auch immer wieder unsere Mittelfeldspieler und unsere Defensivspieler mit in die Pflicht. Vor allem, wenn es um Standards geht. Uns fehlen in dieser Saison einfach eine gewisse Sicherheit und vielleicht auch ein wenig Qualität im Torabschluss. Deshalb spielen wir auch solch eine bescheidene Saison.

bundesliga.de: Erstmals seit Oktober stand Maik Franz wieder in der Startelf. Wie wichtig war seine Rückkehr und wie sehr kann er der Mannschaft in den verbleibenden vier Partien noch helfen?

Becker: Es war besonders wichtig, ihn vor solch einem entscheidenden Spiel in die Mannschaft zu nehmen, um ihn und auch die Mannschaft zu pushen. Er hat darüber hinaus eine sehr gute Leistung gezeigt. Maik ist ein wahnsinnig wichtiger Spieler für den KSC und wir sind froh, dass er endlich wieder voll dabei ist.

bundesliga.de: Vier Spieltage vor Schluss liegt der KSC nur drei Punkte hinter dem Relegationsplatz und nur vier Zähler entfernt vom rettenden Ufer. Ist diese Tatsache allein Motivation genug für Ihre Mannschaft für die kommenden Aufgaben?

Becker: Diese Tatsache sollte für uns auf jeden Fall Motivation sein! Denn wie Sie schon gesagt haben, sind es nur drei, beziehungsweise vier Punkte nach oben. Natürlich ist es für die Spieler und auch für mich als Trainer schwer, immer wieder die gleichen Analysen machen zu müssen. Dennoch dürfen wir uns nicht runterziehen. Wir müssen weiter an unsere Chance glauben. Wir können den Anschluss noch herstellen und die Sache drehen. Oder es gelingt uns, über die Relegation noch den Klassenerhalt zu schaffen.

bundesliga.de: In einer Situation wie dieser sind alle im und um eine Mannschaft herum sehr angespannt. Dennoch strahlen Sie nach außen noch immer sehr viel Ruhe und Besonnenheit aus. Woher nehmen Sie die Kraft dazu?

Becker: Während der Spiele fresse ich das manchmal in mich hinein und wenn wir dann nicht gewonnen haben, hänge ich natürlich auch zunächst durch. Das ist ganz klar. Es geht ja immer wieder an die Substanz, die Mannschaft fighten zu sehen, und unterm Strich stehen wir mit leeren Händen da. Nach einer kleinen Durststrecke, die man dann auch hat, muss ich wieder aufstehen, nach vorne schauen. Wir haben immer noch die Möglichkeit, die Klasse zu halten. Das treibt mich an. Für mich als Trainer ist es auch wichtig, in einer sportlichen schweren Situation zu bestehen. Das Optimum dessen wäre der Klassenerhalt. Aber auch wenn uns das nicht gelingen sollte, muss man die Nerven behalten und in der Lage sein, geordnete Verhältnisse aufrecht zu erhalten. Es ist für mich nach wie vor eine große Herausforderung, dieser Situation gewachsen zu sein.

bundesliga.de: Abstiegskampf mit dem KSC ist nichts Neues für Sie. Im Januar 2005 übernahmen Sie das Team, um es vor dem Fall in die Drittklassigkeit zu bewahren. Damals stand der KSC nach 30 Spieltagen auch auf einem Abstiegsplatz. Es folgten vier Siege in Folge. Wie hilfreich sind diese Erfahrungen jetzt?

Becker: Was Hektik oder auch die gefragte Souveränität betrifft, ist es schon wichtig, wenn man schon einmal mit dem Abstiegskampf zu tun hatte. Man lernt sehr viel dabei. Wenn man solch eine Situation schon einmal durchlebt hat - und das mit einem glücklichen Ende - dann kann man das auch immer wieder anbringen. Man kann den Spielern zeigen und sagen, was machbar ist, und dass es in der Vergangenheit ja schon einmal funktioniert hat. Das ist in der Kommunikation mit der Mannschaft unheimlich hilfreich. Es kann durchaus sein, dass wir das auch diese Woche thematisieren.

bundesliga.de: Nun folgen für alle Bundesligisten drei Spiele innerhalb von einer Woche. Für den KSC geht es zuerst nach Dortmund. Wie werden Sie versuchen, die Siegesserie des BVB zu beenden?

Becker: Wir haben die Serie, die der BVB aktuell hinlegt, als Bestandteil der Bundesliga-Saison natürlich mit verfolgt. Da die Dortmunder unser nächster Gegner sind, haben wir uns damit zuletzt noch intensiver auseinandergesetzt. Das wird eine Herkules-Aufgabe für uns. Die Dortmunder sind sehr gut drauf und haben die internationalen Ränge vor Augen. Sie spielen vor 80.000 Zuschauern. Aber gerade diese Kulisse soll für uns Herausforderung und Ansporn sein, dort zu bestehen.

bundesliga.de: Anschließend folgen ein Heimspiel gegen die auswärtsschwachen Hannoveraner und ein Gastspiel in Bremen. Ist dies die Woche der Entscheidung?

Becker: Es muss nicht sein, da wir danach ja noch das Spiel gegen Berlin haben, aber diese drei Spiele innerhalb einer Woche können schon entscheidend werden. Die Weichen werden schon in eine ganz entscheidende Richtung gestellt werden. Ich denke schon, dass dies aller Voraussicht nach die Woche der Wahrheit wird.

Das Gespräch führte Sebastian Stolz