PSG-Kapitän Claude Makele (r.) gewann 2002 mit Real Madrid den Champions-League-Titel
PSG-Kapitän Claude Makele (r.) gewann 2002 mit Real Madrid den Champions-League-Titel

"Das wird eine ganz heiße Kiste"

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Knapp 200 Spiele absolvierte Valerien Ismael in der Ligue 1 für Racing Straßburg und RC Lens. Der Profi in Diensten von Hannover 96 kennt sich nach wie vor bestens im französischen Fußball aus.

Vor dem UEFA-Pokal-Auftritt des VfL Wolfsburg (Mi., ab 20:30 Uhr im Live-Ticker) bei Paris St. Germain stellt Ismael im Gespräch mit bundesliga.de den Club aus der Hauptstadt vor.

Er beschreibt die Stärken und Schwächen des zweimaligen französischen Meisters (1986 und 1994) und sagt, welches die Schlüsselspieler sind. Außerdem verrät er einiges über die Atmosphäre im Parc des Princes und vergleicht PSG-Coach Paul Le Guen mit einem deutschen Trainer.

bundesliga.de: Herr Ismael, der VfL Wolfsburg trifft im UEFA-Pokal auf Paris St. Germain. Wie schätzen Sie die Mannschaft generell ein?

Valerien Ismael: PSG ist ein Verein, der in den letzten Jahren sehr viele Probleme hatte. Es gab viel Unruhe. Doch in dieser Saison haben sie es endlich geschafft, Konstanz und Stabilität in ihr Spiel zu bekommen. Es ist eine starke Mannschaft, sehr gut organisiert. Das wird keine leichte Aufgabe für Wolfsburg.

bundesliga.de: Sie sprechen es an, die großen Zeiten sind lange her. Warum genau war PSG in den letzten Jahren nicht sonderlich erfolgreich?

Ismael: Normalerweise gehört PSG vom Anspruch her zu den Top Fünf der Liga. In den vergangenen Jahren war aber vieles sehr kompliziert, es gab Probleme auf allen Ebenen: im Präsidium, bei der Sportdirektion, viele Wechsel auf dem Trainerposten. Aber es scheint, als hätten sie mit Paul Le Guen jetzt zu Stabilität gefunden. Letzte Saison musste Paris bis zum letzten Spieltag um den Klassenerhalt bangen. Aber jetzt sieht es so aus, als würde die Mischung aus erfahrenen Spielern wie Claude Makelele und Ludovic Giuly auf der einen Seite und vielen jungen, hungrigen Spielern auf der anderen funktionieren. Sie haben endlich die Kurve gekriegt und verfügen über großen positiven Schwung.

bundesliga.de: Zuletzt gewann PSG in der Ligue 1 vier Spiele in Folge und steht derzeit auf Platz 2. Sind die Hauptstädter in Topform?

Ismael: Kann man schon so sagen, ja. Die Mannschaft hat ihren Rhythmus gefunden, das Gefüge passt. Wenn sie weiter so konstant bleiben, haben sie sogar die Chance, um die Meisterschaft mitzuspielen. Das Ziel muss für einen Club wie Paris St. Germain mindestens die Teilnahme an der Champions League sein. Eine Stadt wie Paris braucht einfach einen Verein in der "Königsklasse". Es gibt dort ein Riesenpotenzial, normalerweise müsste PSG jedes Jahr in der Champions League spielen.

bundesliga.de: Wenn Sie die einzelnen Mannschaftsteile mal durchgehen, auf welche Spieler muss Wolfsburg besonders achten?

Ismael: Zwischen den Pfosten steht mit Mickael Landreau ein sehr erfahrener Mann, der auch schon in der Nationalmannschaft das Tor gehütet hat. Im Zentrum der Viererkette agiert mit Zoumana Camara ein sehr starker Innenverteidiger, der schon bei vielen Vereinen gespielt hat, zum Beispiel bei Inter Mailand, bei Olympique Marseille, RC Lens, St. Etienne oder Leeds United. In Paris scheint er nun angekommen zu sein und ist ein wichtiger Stabilitätsfaktor in der Abwehr.

bundesliga.de: Im Mittelfeld spielt ein Mann, der bereits die Champions League gewonnen hat und mit Frankreich Welt- und Europameister wurde...

Ismael: Ja, Claude Makelele ist der wichtigste Spieler und der Kopf dieser Mannschaft. Er gibt den Takt vor. Daneben spielt Ludovic Giuly, der zwar mittlerweile auch schon 32 Jahre alt ist, aber mit seiner Beweglichkeit nach wie vor für sehr viel Gefahr sorgt. Und vorne im Sturm wirbelt der hoch talentierte Guillaume Hoarau. Er hat eine große Zukunft vor sich. Das sind die Hauptwaffen dieser Mannschaft.

bundesliga.de: Wo liegen die Schwächen?

Ismael: Wenn man PSG konstant unter Druck setzt, bekommen sie Schwierigkeiten, ihr Spiel zu machen. Das wird der Knackpunkt werden, inwieweit es Wolfsburg gelingt, so schnell wie möglich den Gegner unter Druck zu setzen und Paris Probleme in der Rückwärtsbewegung zu bereiten.

bundesliga.de: Mit Paul Le Guen, Meistercoach mit Lyon, sitzt ein Trainerfuchs auf der Bank. Mit welchem Trainer aus der Bundesliga wäre er vergleichbar?

Ismael: Er ist ein sehr introvertierter Trainer ohne Allüren. Er ist kein Dampfmacher, der große Töne spuckt, sondern ein sehr ruhiger Vertreter seiner Zunft. Dennoch ist er ein sehr erfolgreicher Trainer, der immer versucht, Ruhe zu bewahren und keine hektischen Entscheidungen zu treffen. Ich denke, man könnte ihn mit Armin Veh, dem Meistertrainer des VfB Stuttgart, vergleichen.

bundesliga.de: Sie kennen auch "Wölfe"-Coach Magath ganz gut aus Ihrer Zeit beim FC Bayern. Wie wird er die Mannschaft einstellen?

Ismael: Ich vermute, er wird diese Begeisterung einfordern, mit der sie in den Gruppenspielen gegen Braga oder gegen Portsmouth aufgetreten sind. Das ist die Stärke von Wolfsburg. Sie können schönen Fußball spielen und haben tolle Stürmer, die sehr torgefährlich sind, vor allem, wenn sie die Steilpässe aus dem Mittelfeld bekommen. Diese Möglichkeiten müssen sie auch gegen PSG ergreifen.

bundesliga.de: Wie schätzen Sie die Atmosphäre im Pariser Stadion Parc des Princes ein?

Ismael: Das wird eine ganz heiße Kiste, denn der Parc des Princes ist ein schönes altes Stadion, in dem die Stimmung immer sehr emotional ist. Wenn PSG wie im Moment Erfolg hat, dann kann es für die Gastmannschaft sehr unangenehm werden. Aber Wolfsburg hat den Riesenvorteil, zuerst auswärts antreten zu können. Mit einer kompakten Mannschaftsleistung können sie sich eine gute Position für das Rückspiel erarbeiten.

bundesliga.de: Wer kommt in diesem Duell weiter?

Ismael: Ich tippe auf Wolfsburg.

Das Gespräch führte Denis Huber