Patrick Herrmann war gegen Werder an zehn der 16 Gladbacher Torschüsse beteiligt
Patrick Herrmann war gegen Werder an zehn der 16 Gladbacher Torschüsse beteiligt

"Das Potenzial zu einem Spitzenteam haben wir"

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München - Als die Gladbacher "Fohlen" das letzte Mal so viel Beachtung für ihr Offensivspiel einheimsten, druckte die Bravo regelmäßig Geschichten über Günter Netzer, Willy Brandt lenkte die Geschicke als Bundeskanzler und von den heutigen Borussia-Profis war noch keiner geboren.

Das geradlinige Direktspiel der Elf von Trainer Lucien Favre erinnert an die goldene Gladbacher Generation, die in den 70er-Jahren die Bundesliga aufmischte. Neben Offensivwirbler Marco Reus spielte sich zuletzt Patrick Herrmann in den Vordergrund. Durch die Verletzung von Igor de Camargo rückte Reus in die Spitze, Herrmann rutschte auf den rechten Flügel. Und dort überzeugte der 20-Jährige mit starken Leistungen. Fünf Mal lief er seit dem 9. Spieltag von Beginn an auf, verbuchte drei Assists und zwei Tore.

Im Interview mit bundesliga.de spricht der Flügelspieler über Gladbachs Höhenflug, Jubeltänze bei Youtube und das Derby gegen Köln am 14. Spieltag.

bundesliga.de: Herr Herrmann, letztes Jahr noch Abstiegskampf, jetzt mitten im Titelrennen - ist Gladbach bereits ein Spitzenteam?

Patrick Herrmann: Wir freuen uns alle, dass wir letzte Saison hinter uns haben. Im Moment sind wir oben gut dabei, aber das waren schon einige Mannschaften, die auch keine Spitzenteams waren. Wenn wir am Ende der Saison dort stehen, können wir das behaupten.

bundesliga.de: Könnte Gladbach am Ende aus Ihrer Sicht denn so weit oben landen?

Herrmann: Das Potenzial zu einem Spitzenteam haben wir, aber die Saison ist lang, der Weg noch sehr weit.

bundesliga.de: Auch für Sie persönlich lief es zuletzt sehr gut. Woran machen Sie Ihre guten Leistungen fest?

Herrmann: Durch mehr Spielpraxis habe ich besser in die Mannschaft gefunden und mich eingefügt. Wer wenig spielt, hat wenig Selbstvertrauen. Entsprechend besser läuft es, wenn ich spiele.

bundesliga.de: Treten Sie denn persönlich selbstbewusster auf als noch im vergangenen Jahr?

Herrmann: Ja, klar. Wenn man unten drin steht, ist man weniger selbstbewusst, als wenn man oben befreit aufspielen kann. Das ist bei mir auch so.

bundesliga.de: Welche Rolle spielt Lucien Favre für Ihre Entwicklung?

Herrmann: Er hat großen Anteil daran, er hat mir viel beigebracht. Der Trainer versucht, uns in jedem Training zu verbessern. Diese Ratschläge nehme ich gerne an. Und im Moment fruchtet es.

bundesliga.de: In welcher Hinsicht?

Herrmann: Im taktischen Bereich hat er klare Vorgaben. Bei jedem einzelnen Spieler sieht er, was es noch zu verbessern gibt, beispielsweise bei der Technik oder im Torabschluss.

bundesliga.de: Igor de Camargo ist ins Mannschaftstraining zurückgekehrt. Dadurch könnte Marco Reus bald wieder auf die Außenbahn rücken. Befürchten Sie, dass es mit dem Stammplatz schnell wieder vorbei sein könnte?

Herrmann: Alle wissen, dass Igor ein super Spieler ist, der uns weiterhilft. Der Trainer stellt das Team auf und die Hauptsache ist, wir holen drei Punkte.

bundesliga.de: Betrachtet man die Leistungsdaten, dann gab es an Ihren Auftritten wenig zu mäkeln. Seit dieser Saison wird ja auch in der Bundesliga jeder Sprint, jeder Fehlpass und die Laufstrecke jedes Spielers über Trackingsysteme erfasst. Was halten Sie von dieser Entwicklung?

Herrmann: Wir bekommen nach dem Spiel auch immer eine Auswertung. Ich sehe das zwiespältig. Einerseits ist es eine Frage der Definition, was nun genau ein Zweikampf oder ein Ballverlust war, andererseits ist es auch sehr hilfreich, wenn ich sehe, wie viel ich gelaufen bin und wie viel Sprintstrecke dabei war. Anhand dieser Daten arbeiten wir dann konkret im Training.

bundesliga.de: Ist es Thema in der Kabine, wenn jetzt beispielsweise Mike Hanke, der sieben Jahre älter ist als Sie, zwei Kilometer mehr gelaufen ist?

Herrmann: Klar sehen wir uns die Ergebnisse an, aber im Vordergrund steht, wie viel die Mannschaft gelaufen ist, daran orientieren wir uns.

bundesliga.de: Kommen wir zu einem ganz heiklen Thema. Sie und Ihr Team haben beim 5:0 gegen Bremen fast jedes Tor mit einem Tanz zelebriert, der stark an die Tanzeinlagen des Brasilianers Neymar erinnert. Haben Sie eine gute Ausrede?

Herrmann:(lacht) Nein, eigentlich nicht. Wir hören das Lied im Moment einfach gerne, den Tanz haben wir bei Youtube gesehen und dann spontan aufgeführt.

bundesliga.de: Am Freitagabend könnten Sie mit einem Sieg gegen Köln vorübergehend an die Tabellenspitze klettern. Glauben Sie, dass Sie am Freitagabend wieder tanzen dürfen?

Herrmann: Derbys sind immer brisant und das Spiel wird sicher sehr schwer. Aber um zu gewinnen müssen wir ja ein Tor machen, deshalb wäre das nicht schlecht.

Das Gespräch führte Andreas Messmer