Michael Frontzeck ist seit der vergangenen Saison Cheftrainer der "Fohlen"
Michael Frontzeck ist seit der vergangenen Saison Cheftrainer der "Fohlen"

"Das ist kein Zweckoptimismus"

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München - Vom Verletzungspech gebeutelt kam Borussia Mönchengladbach nach gutem Saisonstart auf keinen grünen Zweig mehr und rutschte bis zur Winterpause in einer nicht enden wollende Abwärtsspirale auf den letzten Tabellenplatz. Nach dem Ende der Hinrunde gab es nicht wenige, die die "Fohlen" im Abstiegskampf bereits abgeschrieben hatten.

Nachdem die Vereinsführung jedoch mit vier Neuzugängen frischen Wind ins Team brachte, fiel der Rückrundenstart mit zwei Siegen aus drei Spielen überraschend positiv aus - und am Borussia Park macht sich wieder Hoffnung breit. Bei bundesliga.de gibt Cheftrainer Michael Frontzeck vor dem Abstiegsduell gegen den VfB Stuttgart Einblick in die Psyche seines Teams und erläutert, warum die Borussia den Klassenerhalt am Ende packen wird.

bundesliga.de: Herr Frontzeck, am Samstagabend kommt es zum Kellerduell mit dem VfB Stuttgart. Mönchengladbach hat noch keinen Heimsieg, Stuttgart noch keinen Auswärtssieg. Was spricht dafür, dass es die Borussia sein wird, deren Serie zu Ende geht?

Michael Frontzeck: Die Serie wird sicherlich bald zu Ende gehen - wann, kann ich nicht sagen. Ich weiß nur, dass wir in den letzten fünf Heimspielen immer ordentliche bis gute Spielleistungen abgeliefert haben. Es hat immer nur eine Kleinigkeit für einen Heimsieg gefehlt. Und je länger es dauert, desto mehr drückt es natürlich - nichtsdestotrotz bin ich optimistisch, dass wir demnächst den Bock umstoßen werden. Ich hoffe natürlich schon am Samstag.

bundesliga.de: Das Hinspiel gewann der VfB mit 7:0, was Ihrem Team nachweislich einen richtigen Knacks für den weiteren Verlauf der Hinrunde verpasst hat. Gehen Sie in der Spielvorbereitung noch einmal darauf ein, oder wird das ausgeblendet?

Frontzeck: Jedem ist dieses Spiel noch präsent. Der VfB hatte einen Schokoladentag erwischt, während bei uns nichts zusammenlief. Dann kommt solch ein Ergebnis schon mal zu Stande. Nichtsdestotrotz denke ich, dass wir auf dieses Spiel nicht mehr eingehen müssen. Jeder Spieler, der dabei war und es miterlebt hat, hat es sicherlich noch im Kopf. Aber das sollte keine übergeordnete Rolle spiele, weil - bei allem Kampf, der uns am Samstag erwartet - es wichtig ist, einen kühlen Kopf zu bewahren und gute Nerven zu haben. Das ist für mich ausschlaggebend für die Mannschaften, die es am langen Ende packen werden.

bundesliga.de: Stichwort kühler Kopf: Stimmen Sie zu, wenn ich sage, dass dieses Spiel vor allem über die Psyche entschieden wird?

Frontzeck: Es gibt schon Dinge, die auf dem Platz entscheidend sind. Ich glaube, dass wir bislang in der Rückrunde - spieltechnisch gesehen - drei ordentliche bis gute Partien abgeliefert haben. Auch bei der Heimniederlage gegen Leverkusen hatten wir unsere Möglichkeiten und waren lange gut im Spiel. Gegen den VfB wird es sicherlich kampfbetont werden und auch die Nerven werden ein Stückweit entscheiden. Ich sträube mich aber davor zu sagen, dass es schon ein Endspiel ist. Danach gibt es noch 13 Spieltage. Es ist für uns wieder eine Chance, noch näher heranzukommen. Durch die beiden Auswärtssiege haben wir den Anschluss geschafft und wollen das mit einem Heimsieg untermalen. Die Mannschaft hat sich diese Chance mit ihrem Rückrundenstart erarbeitet. Wir sind endlich mal für gute Leistungen belohnt worden, haben in drei Spielen sechs Punkte geholt. Das wird dem Team Selbstvertrauen geben.

bundesliga.de: Glauben Sie, dass die Borussia - im Vergleich zu vermeintlichen Top-Teams, wie Stuttgart oder Bremen, die ebenfalls im Abstiegskampf stecken - Vorteile hat, weil sie diesen Druck bereits kennt?

Frontzeck: Ich glaube mitentscheidend ist, dass man sich nicht nach den anderen richtet. Nach der Niederlage gegen Leverkusen hieß es schon wieder von allen Seiten, dass es nicht reicht, weil andere Teams gleichzeitig gewonnen hatten. Davon muss man die Mannschaft fernhalten. Von daher war ich überglücklich, dass wir die Leistung in Frankfurt bestätigt haben. Nach der ersten Halbzeit, als uns die Eintracht überlegen war, sind wir richtig gut ins Spiel gekommen und haben am Ende nicht unverdient gewonnen. Das gibt mir wieder die Hoffnung, dass die Mannschaft auf dem richtigen Weg ist. Wir sind personell da, wo wir hin wollten. Nicht nur durch die neuen Spieler, es sind auch viele Verletzte zurückgekommen. Zugute kam uns auch, dass uns beim Rückrundenstart keiner mehr auf dem Zettel hatte. Das muss nicht unbedingt ein Nachteil sein.

bundesliga.de: Sie haben gerade die Neuzugänge angesprochen, die in den ersten Rückrundenspielen bereits bewiesen, dass sie eine große Verstärkung sind. Hatten Sie bei Martin Stranzl, Havard Nordtveit oder Mike Hanke mit so einer schnellen Eingewöhnung gerechnet?

Frontzeck: Wir haben uns im Winter längere Zeit darüber Gedanken gemacht, was wir noch tun können. Ich bin kein Freund davon, den Kader unnötig aufzustocken. Also haben wir vier Spieler abgegeben und vier Spieler dazugeholt. Wir haben das Augenmerk darauf gelegt, Spieler dazuzuholen, die diese besondere Situation im Bundesliga-Abstiegskampf kennen und keine große Anlaufzeit benötigen - obwohl das natürlich in der Kürze der Zeit nicht einfach war. Mit dem Kader - so wie er jetzt dasteht - bin ich sehr zufrieden.

bundesliga.de: Nachdem jetzt auch noch Roel Brouwers vor seinem Comeback steht, müssen Sie sich doch im Abwehrbereich wie im Schlaraffenland vorkommen. Ist für ihn überhaupt noch Platz, oder sind die Plätze in der Innenverteidigung erstmal mit Stranzl und Dante vergeben?

Frontzeck: Roel Brouwers hat am Mittwoch das erste Mal nach dreiwöchiger Pause mit der Mannschaft trainiert. Das ist dann ein sehr angenehmes Problem. In der Hinrunde ist ja die komplette Innenverteidigung mit Brouwers und Dante über Monate ausgefallen - von daher wollten wir für diesen Fall gewappnet sein. Wir haben uns also mit Martin Stranzl und Havard Nordtveit abgesichert.

bundesliga.de: Für das Mittelfeld haben Sie zudem Michael Fink geholt. Wann ist mit seinem Debüt zu rechnen?

Frontzeck: Er braucht noch ein paar Tage, um richtig reinzuwachsen. Er hat am Mittwoch 60 Minuten mit der zweiten Mannschaft gespielt und wird gegen Stuttgart auf der Bank sitzen. Es kann relativ zügig mit seinem Debüt gehen - aber ich werde ihn in nichts hineinstürzen, was er jetzt noch nicht bewältigen kann.

bundesliga.de: Spüren Sie bei Ihren Spielern, dass die Blockade aus der Vorrunde langsam abgebaut wird und sie befreiter aufspielen können?

Frontzeck: Befreiter will ich nicht unbedingt sagen. Es ist einfach so, dass sie sich der Situation bewusst sind. Die Spieler sind körperlich in einem sehr guten Zustand. Zudem kommen die Verletzten zurück, die neuen sind gleich in der Mannschaft drin und die Stimmung in der Kabine ist gut. Dennoch wissen wir, dass es am Samstag gegen eine Mannschaft geht, die eigentlich vom Potential her da unten nicht hineingehört.

bundesliga.de: Sie glauben also felsenfest an den Klassenerhalt?

Frontzeck: Wenn ich das nicht täte, wäre ich der falsche Mann. Ich kann nur sagen, dass ich sehr optimistisch bin. Das ist keine Phantasie, denn ich sehe meine Spieler tagtäglich bei der Arbeit. Nach den drei Spielen weiß ich, dass wir eine reelle Chance haben. Das ist also kein Zweckoptimismus.

Das Gespräch führte Johannes Fischer