Das "Magische Dreieck" von Stuttgart: Krassimir Balakov, Fredi Bobic und Giovane Elber (v.l.)
Das "Magische Dreieck" von Stuttgart: Krassimir Balakov, Fredi Bobic und Giovane Elber (v.l.)

"Das ist eine gefährliche Situation"

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Stuttgart/München - Die Saison verläuft weder in Stuttgart noch in München nach den Vorstellungen der Beteiligten. Während der FC Bayern in der Meisterschaft abgeschlagen ist und auf Rang 7 ebenso viele Zähler hinter dem Tabellenzweiten Mainz 05 liegt, steckt der VfB Stuttgart mitten im Abstiegskampf.

bundesliga.de hat mit Giovane Elber über die Lage bei seinen beiden ehemaligen Clubs gesprochen. Der zweitbeste ausländische Torschütze hat mit beiden Vereinen Titel geholt und weiß, worauf es in der Liga ankommt.

Im Interview mit bundesliga.de verrät er, wie sich die Schwaben aus dem Tabellenkeller befreien können und warum der FC Bayern zwar die Meisterschaft abhaken muss, die direkte Qualifikation für die Champions League jedoch schaffen wird.

bundesliga.de: Herr Elber, der VfB Stuttgart steht derzeit in der Bundesliga nur auf Rang 16 und steckt mitten im Abstiegskampf. Wie beurteilen Sie die Lage Ihres alten Clubs?

Giovane Elber: Dass der VfB derzeit da unten steht, finde ich sehr schade für den Club, aber auch für meinen guten Freund Fredi Bobic (Sportdirektor des VfB, Anm. d. Red.). Der VfB ist sehr schlecht in die Saison gestartet, hat ein Spiel gewonnen, dann ein Mal remis gespielt und dann aber schon wieder verloren. So, wie es derzeit aussieht, denke ich, dass der Mannschaft das Selbstvertrauen fehlt. Wenn die mal zwei, drei Spiele in Serie gewinnen könnten, dann würde sie auch da unten raus kommen. Dann kommt auch das Selbstvertrauen zurück. Doch die gesamte Situation jetzt ist auf den schlechten Saisonstart zurückzuführen.

bundesliga.de: Wo liegen Ihrer Meinung nach denn die Ursachen für diese negative Entwicklung beim VfB?

Elber: Bei Stuttgart hat sich vom Personal her nicht allzu viel verändert. Die Mannschaft ist fast dieselbe wie in der vergangenen Saison und es ist schwierig, so auch denselben Erfolg zu haben wie damals. Als Christian Gross nach Stuttgart gekommen ist, da hat alles gepasst. Aber in dieser Saison hat man gemerkt, dass sich die Mannschaft nicht weiterentwickelt und das ist eine gefährliche Situation. Aber ich gehe davon aus, dass der Verein die Saison im Mittelfeld der Tabelle beenden wird.

bundesliga.de: Also sind Sie der Ansicht, dass Stuttgart ein, zwei neue Spieler bräuchte, die auch wirklich einschlagen?

Elber: Ja, das ist richtig. Ich denke, man muss investieren. Ich denke, dass Fredi Bobic und die restlichen Verantwortlichen gemerkt haben, dass die Mannschaft verstärkt werden muss. Ein Neuzugang, der einschlägt, würde schon reichen. Dann würden auch die restlichen Spieler besser werden.

bundesliga.de: Wie beurteilen Sie die Situation, in der Ihr alter Freund Fredi Bobic derzeit steckt?

Elber: Als er das Amt des Sportdirektors übernommen hat, stand die Mannschaft schon. Am Kader konnte er also nichts mehr verändern. Aber ich glaube, dass er mittlerweile gemerkt hat, dass der VfB frisches Blut braucht.

bundesliga.de: In der vergangenen Saison hat der Trainerwechsel von Markus Babbel zu Christian Gross sehr gut funktioniert. In dieser Spielzeit ist ein solcher Effekt von Gross zu Jens Keller ausgeblieben. Warum?

Elber: Ich bin schon enttäuscht, dass Christian Gross nicht mehr beim VfB ist, weil er in der vergangenen Saison erstklassige Arbeit geleistet hat. Aber in dieser Saison hat man gemerkt, dass gar nichts klappt. Es ist immer schwer zu sagen, wer in solchen Fällen die Verantwortung trägt. Aber ich denke nicht, dass es am Trainer lag.

bundesliga.de: Vor der Winterpause stehen für Stuttgart noch zwei schwere Spiele an. Die Mannschaft muss beim Vierten Hannover 96 antreten und empfängt danach den FC Bayern München. Was kann der VfB Ihrer Meinung nach in diesen Partien erreichen?

Elber: Vielleicht ist es gar nicht so schlecht, dass diese Spiele jetzt anstehen. Vielleicht braucht der VfB die Herausforderung, gegen gute Gegner spielen zu müssen. Die Mannschaft muss alles geben und mit ein bisschen Glück kann sie dann diese Spiele gewinnen.

bundesliga.de: Also sind Sie überzeugt, dass Stuttgart mit der Aufgabe wachsen kann?

Elber: Ja. Ich denke, dass die Mannschaft durch gute Leistungen in diesen Spielen zusammenwachsen kann.

bundesliga.de: Und dann wären Sie auch optimistisch für die Rückrunde?

Elber: Was den VfB Stuttgart angeht, bin ich immer optimistisch. Der Verein ist gut organisiert. Im Moment sieht es zwar nicht so gut aus, aber die Situation kann nur besser werden. Ich bin zuversichtlich, dass sich das Team wieder da unten raus spielt.

bundesliga.de: Beim FC Bayern München, Ihrem zweiten Verein in der Bundesliga, läuft es derzeit auch nicht gerade rund. Woran liegt's?

Elber: Auf jeden Fall nicht am Trainer. Ich glaube, dass man innerhalb des Vereins schon damit gerechnet hat, dass man in dieser Saison vielleicht nicht ganz oben dabei sein könnte. In der vergangenen Saison ist die Mannschaft Meister geworden, hat den DFB-Pokal gewonnen und im Champions-League-Finale gestanden. Außerdem waren viele Spieler bei der WM dabei - das war eine harte Saison für die Spieler. Sie haben das Endspiel in der Champions League verloren, einige auch das WM-Finale. Dann wieder zum Club zurückzukehren und die Lust am Fußball wiederzufinden ist unglaublich schwer. Daher kann die Winterpause den Münchenern nur gut tun. Die Spieler haben dann etwas Ruhe und ich bin mir sicher, dass man zur Rückrunde den wahren FC Bayern München sehen wird.

bundesliga.de: Also denken Sie, dass es zu Saisonbeginn eher an der fehlenden Motivation lag beim FC Bayern?

Elber: Ja, ich denke, da gab es ein Motivationsproblem. Die Spieler sind weltklasse - da muss man sich nur den Kader mal angucken. Die Ergebnisse haben halt nicht gestimmt. In der Winterpause müssen die Spieler den Kopf frei bekommen und dann geht es weiter.

bundesliga.de: In letzter Zeit war es auffällig, dass die Bayern in der ersten Halbzeit überragend gespielt haben, dann aber im zweiten Durchgang eingebrochen sind und zum Teil deutliche Führungen verspielt haben. Woran liegt das?

Elber: Das sind wahrscheinlich Konzentrationsfehler. In der ersten Halbzeit läuft alles hervorragend und dann glauben die Spieler vielleicht, dass das in der zweiten Halbzeit problemlos so weiterläuft. Und eine solche Einstellung kann dann nach hinten losgehen. Dann kassiert man das Gegentor, das ruft Hektik hervor und dann wird es schwierig, konsequent weiterzuspielen.

bundesliga.de: Bayerns Sportdirektor Christian Nerlinger ist nach wie vor zuversichtlich, dass sich die Mannschaft, trotz aktuell sieben Punkte Rückstand auf Rang 2, noch direkt für die Champions League qualifizieren wird. Wie beurteilen Sie die Chance, das zu schaffen?

Elber: Ich glaube, dass die Bayern das schaffen können. Die meisten anderen großen Teams wie Schalke, Bremen und Hamburg stehen alle hinter ihnen. Von daher denke ich, dass es durchaus möglich ist, sich noch direkt für die Champions League zu qualifizieren.

bundesliga.de: Ist Ihrer Meinung nach denn auch noch die Meisterschaft für den FCB drin?

Elber: Nein, das glaube ich nicht. Das würde nur gehen, wenn die Dortmunder nicht Meister werden wollen. Aber sonst hat der FCB keine Chance mehr auf die Meisterschaft.

bundesliga.de: Also könnte sich der BVB Ihrer Meinung nach nur noch selber schlagen?

Elber: Ja, das glaube ich. Das letzte Spiel, das ich von der Borussia gesehen habe, war super. Die Spieler laufen und kämpfen für den anderen. Und wenn ein Team eine so gute Phase hat wie Dortmund derzeit, dann klappt einfach alles. Dennoch muss der BVB jetzt die Zeit nutzen und möglichst viele Punkte holen, weil es in der Rückrunde schwieriger werden wird. Die Mannschaft wird zwar weiterhin gut spielen, aber ich denke nicht, dass sie die Saison mit 80 Punkten abschließen wird. Trotzdem glaube ich, dass Borussia Dortmund in dieser Saison Deutscher Meister wird.

Das Interview führte Gregor Nentwig