Klaus Toppmöller führt die Frankfurter Eintracht in der Spielzeit 1993/94 auf den 5. Platz
Klaus Toppmöller führt die Frankfurter Eintracht in der Spielzeit 1993/94 auf den 5. Platz

"Dank Veh: Klassefußball statt langen Bällen"

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München - Eintracht-Granden wie Uli Stein, Anthony Yeboah und Uwe Bein kickten noch mit, als Frankfurt zuletzt so furios aufgespielt hat wie in der laufenden Saison. Fast zwei Jahrzente ist das her: An den ersten acht Spieltagen der Spielzeit 1993/94 holte die Eintracht 20 Punkte - einen Zähler mehr als der Aufsteiger jetzt auf dem Konto hat. Trainer Klaus Toppmöller führte die "Adler" damals zum Höhenflug.

Lange Zeit forderte Toppmöllers Truppe die Bayern, wurde sogar Herbstmeister. Der Trainer selbst erlangte durch seine forsche Kampfansage "Bye, Bye Bayern" in Richtung Säbener Straße Berühmtheit. Am Ende landete die Eintracht auf Rang 5, Topmöller musste kurz vor Saisonende seinen Platz räumen. Im Interview mit bundesliga.de analysiert "Toppi" die Entwicklung bei seinem Ex-Club.

bundesliga.de: Herr Toppmöller, der letzte Eintracht-Trainer, der mit den Hessen so stark in eine Saison startete, waren Sie in der Saison 1993/1994. Sehen Sie Parallelen zwischen damals und heute?

Klaus Toppmöller: Die aktuelle Mannschaft ist neu zusammengestellt, deshalb sehe ich sie noch nicht auf einem Niveau mit meiner damaligen Mannschaft. Um dieses Level zu erreichen, müssten die Frankfurter noch ein paar Talente rausbringen und gute Spieler von außen dazukaufen.

bundesliga.de: 1993/1994 wurden Sie mit der Mannschaft Fünfter. Was ist in dieser Spielzeit für die Eintracht möglich?

Toppmöller: Sie werden sicherlich nicht unter den Top 3 landen und sich für die Champions League qualifizieren, denn es gibt noch genügend Mannschaften, die im Saisonverlauf oben angreifen werden und mehr Potenzial haben als Frankfurt. Einen Platz zwischen 4 und 10 halte ich für realistisch.

bundesliga.de: Wo liegen die Hauptgründe für den aktuellen Erfolg der Frankfurter?

Toppmöller: Maßgeblich dafür ist die gute Arbeit von Armin Veh, der eine klare Vorstellung davon hat, wie die Mannschaft spielen soll. Unter ihm hat sich vor allem die spielerische Klasse deutlich erhöht. Die war vorher nie so da. Der Fußball, der da in den letzten Jahren teilweise gespielt wurde, war nicht anzuschauen: Nur treten, kloppen und lange Bälle. Im Moment hat man das Gefühl, dass die Spieler Fußballspielen wollen, sie lösen sogar Drucksituationen spielerisch.

bundesliga.de: Bei den Verstärkungen lag der Fokus vor der Saison vorwiegend auf Spielern, die zuvor in der 2. Bundesliga gespielt haben. Sie hatten damals Routiniers wie Uli Stein oder Uwe Bein im Kader. Wie beurteilen sie die aktuelle Transferpolitik?

Toppmöller: Nehmen wir das Beispiel Takashi Inui. Der war in Bochum ganz klar verschenkt. Er ist ein Spieler, der in jeder Bundesliga-Mannschaft spielen könnte. Auch die anderen Neuen wurden nach den Vorstellungen des Trainers geholt, es herrscht eine gute Mischung im Kader.

bundesliga.de: Besonders die Jungen wie Sebastian Jung, Sebastian Rode oder Bastian Oczipka haben sich bei der Eintracht ins Rampenlicht gespielt, werden sogar schon mit der Nationalmannschaft in Verbindung gebracht.

Toppmöller: Alle drei sind ohne Frage Riesentalente. Besonders bei Rode kann ich mir vorstellen, dass er relativ schnell zum Aufgebot von Joachim Löw gehören könnte, wenn er so weiterspielt. Oczipka kann den Sprung ins DFB-Team ebenfalls schaffen. Wichtig ist jetzt, dass er konstant Leistung bringt, denn nur mit fünf, sechs guten Spielen kommt man nicht in die Nationalmannschaft.

bundesliga.de: Ein großen Anteil am Erfolg der Eintracht haben neben den Jungen mit Pirmin Schwegler und Alexander Meier zwei Routiniers. Letztgenannten hatten Sie einst beim HSV unter Ihren Fittichen. Wie sehen Sie seine Entwicklung?

Toppmöller: Er war schon damals unheimlich wissbegierig und lernwillig. Trotz seiner Größe ist er ein technisch guter Spieler. Interessanterweise hatte er seine Schwächen eher im Kopfballspiel, obwohl er dafür eigentlich prädestiniert war. Doch das hat er verbessert. Mittlerweile hat Meier auch einige Kopfballtore erzielt - und das auf intelligente Weise. Seine Leistungen sind sicherlich ein Hauptgrund für den Topstart der Eintracht. Bei Schwegler war vor schon vor Jahren absehbar, dass er ein Riesenspieler wird. In Leverkusen hatte er einfach zu starke Konkurrenz, er selbst war noch sehr jung und bekam dadurch keine Spielpraxis.

bundesliga.de: Vor zwei Jahren spielten die Frankfurter eine sehr ordentliche Hinrunde. Michael Skibbe wurde nach dem 27. Spieltag, an dem der einzige Sieg in der Rückrunde gelang, von Christoph Daum ersetzt. Am Ende stieg Frankfurt sogar noch ab. Wie groß ist die Gefahr, dass die Eintracht erneut einen solchen Einbruch erleidet?

Toppmöller: Im Moment spielt die Mannschaft über ihrem Niveau, sie wird mit Sicherheit noch die ein oder andere Krise überstehen müssen. Einen Einbruch wie vor zwei Jahren schließe ich aber kategorisch aus. Selbst wenn die Eintracht zwei, drei Spiele in Serie verliert, ist sie stabil genug, dass es eine Saison ohne Abstiegskampf bleiben wird. Wichtig ist, dass die Spieler weiter hart an sich arbeiten und mit beiden Beinen am Boden bleiben. Dann wird das einmal eine richtig gute Mannschaft - mit einem Trainer, der die Dinge richtig einordnen kann.

Das Gespräch führte Christoph Gailer