Eine Einwechslung mit großer Wirkung: Gerade zehn Minuten auf dem Feld, legt Claudio Pizarro (r.) für Anthony Ujah (l.) auf. Die Entscheidung! - © © gettyimages / Ronald Wittek
Eine Einwechslung mit großer Wirkung: Gerade zehn Minuten auf dem Feld, legt Claudio Pizarro (r.) für Anthony Ujah (l.) auf. Die Entscheidung! - © © gettyimages / Ronald Wittek

Jubel bei Werder – Im Pizza-Express nach oben

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Sinsheim - Thomas Eichin sagte nach diesem 3:1-(1:0)-Sieg von Werder Bremen bei der TSG 1899 Hoffenheim: "Hätte ich mir eine Geschichte zum Spiel ausdenken sollen, wäre sie genau so gewesen." Und die Geschichte, die dem Manager des SV Werder so gut gefallen hat und auf die er so gehofft hat, geht so: Werder verpflichtet seine alte Legende Claudio Pizarro, löst dabei Euphorie bei den Fans aus - und dieser Pizarro braucht bei seinem ersten Einsatz dann nur zehn Minuten, um dieser Euphorie neue Nahrung zu geben. So ist es gekommen, und Eichin sagt: "Manchmal ist der Fußball einfach verrückt."

Erste Koproduktion von Idol und Fan

Als der 36 Jahre alte Claudio Pizarro in der 81. Minute eingewechselt wurde, feierten ihn die Fans wie einen Messias mit Sprechchören. Es stand 1:1 und Pizarro tat das, was sich alle in Bremen von ihm nach seiner Verpflichtung versprochen haben: Nach einem Konter in der zweiten Minute der Nachspielzeit setzte er sich gegen Kim und Süle durch und passte im Stolpern mit dem Außenriss zu Anthony Ujah, der zum entscheidenden 2:1 einschieben konnte. "Das war wie Pizza und Toni früher", scherzte Pizarro hinterher in Anlehnung an vergangene Bremer Zeiten, als er mit dem Brasilianer Ailton, genannt Toni, ein großartiges Sturmduo an der Weser bildete.

Noch sei Pizarro nicht topfit, konstatierte Trainer Viktor Skripnik hinterher, aber "der berühmte Mann" sei einfach ein außergewöhnlicher Spieler. Die Euphorie, die nach Pizarros Wechsel vor zwei Wochen in Bremen entstanden ist, wurde durch den zweiten Sieg in Serie und durch das gelungene Debüt des Hoffnungsträgers weiter gefüttert. Mit Ujah, Aron Johannsson und Pizarro verfügen die Bremer nun über drei Stürmer, die "sehr interessant sind", sagt Manager Thomas Eichin.

Anthony Ujah war schon immer ein großer Fan von Pizarro. Als er noch in Nigeria lebte, verfolgte er Pizarro bei seiner Lieblingsmannschaft, dem FC Chelsea, bei der der Peruaner damals unter Vertrag stand. Und als Pizarro nun zum dritten Mal in seiner langen Karriere zum SV Werder wechselte, twitterte Ujah eine Fotomontage, die ihn und Pizarro als Pizzaboten zeigt. Auf der Bildunterschrift steht: "Und lass uns jetzt Pizza liefern." Der Pizza-Express hat am Sonntag zum ersten Mal geliefert.

In Hoffenheim habe man gesehen, welche Rolle Pizarro spielen könne, analysierte Manager Eichin: "Auch bei den anderen Mannschaften entsteht das Gefühl, wenn Claudio auf den Platz kommt, es kann etwas im Strafraum passieren." Die Anwesenheit des alten Stars stimuliert die eigenen Spieler und löst Respekt beim Gegner aus - in Hoffenheim hat sich diese Hoffnung der Bremer erfüllt. Innenverteidiger  Jannik Vestergaard sagte: "Wir haben bei der Einwechslung mitbekommen, wie die Fans reagiert haben. Uns hat der Wechsel Schwung gegeben, die letzten paar Prozent. Wir haben wieder daran geglaubt, gewinnen zu können." Und Mittelfeldspieler Zlatko Junuzovic, der zum 1:0 (45.) und 3:1 (90.+3) getroffen hatte, sagte: "Wir sind froh, dass wir eine Ikone da vorne drinhaben, das macht Eindruck auf den Gegner."

Pizarros Anwesenheit stimuliert

Pizarro, nach vielen Jahren in München und aus ersten Bremer Zeiten erfolgsverwöhnt, erklärte nach dem Sieg mit dem Lächeln eines richtigen Stürmer-Schlawiners: „Vielleicht können wir ja wichtige Sachen mit Werder in erreichen - vielleicht die Europa-League.“ Nach vier Spielen mit sieben Punkten stehen die Bremer nun auf Rang 6. Doch der Tabellenrang ist Manager Eichin derzeit noch egal. „Für uns war wichtig, Punkte zu holen, damit wir stabil weiterarbeiten können.“ Mit den drei Stürmern sind die Bremer nun sehr variabel und in Zlatko Junuzovic haben sie einen guten Fußballer im Mittelfeld, der die Angreifer auch einsetzen kann und nicht nur durch Freistöße gefährlich ist.

Insgesamt wirkte Werder auch defensiv kompakt und sehr aggressiv in den Zweikämpfen. Und als der Gegner gerade am Drücker war, kam mit Pizarro der spielentscheidende Mann. Wenn die Bremer weiter konstant punkten und von Verletzungen verschont bleiben, könnte die durch Pizarros Wechsel entfachte Euphorie die Mannschaft  tragen. Wie weit nach oben, muss man aber abwarten. Manager Eichin sagt: „Wir müssen jetzt erstmal die nächsten beiden schweren Spiele gegen die Aufsteiger konzentriert angehen.“ Am kommenden Samstag empfangen die Bremer Ingolstadt, am Dienstag darauf reist Werder nach Darmstadt. Ob der Pizza-Express auch da liefern kann?

Aus Sinsheim berichtet Tobias Schächter