Matias Fernandez (r.) gewann 43 Prozent seiner Zweikämpfe, 88 Prozent seiner Pässe fanden einen Mitspieler
Matias Fernandez (r.) gewann 43 Prozent seiner Zweikämpfe, 88 Prozent seiner Pässe fanden einen Mitspieler

Chile bannt den WM-Fluch

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Als Arturo Vidal und seine Kollegen den WM-Fluch nach fast 50 Jahren vertrieben hatten, feierten 10.000 Kilometer entfernt die Menschen ein ausgelassenes Fest. Trotz der bitteren Kälte tanzten Tausende von Menschen in Santiago de Chile um 9:22 Uhr Ortszeit auf den Straßen und feierten den ersten Sieg ihrer Nationalmannschaft bei einer WM seit auf den Tag genau 48 Jahren.

"Dieser Erfolg bedeutet den Menschen unglaublich viel", sagte der für Bayer Leverkusen spielende Vidal nach dem 1:0 (1:0)-Erfolg der Südamerikaner zum WM-Auftakt gegen Honduras.

Feier in der Kabine

"Ich will mir gar nicht vorstellen, was in Santiago jetzt los ist", meinte der Defensivspieler und strahlte über das ganze Gesicht: "Es ist früh morgens, tiefster Winter und die Menschen sitzen auf der Straße und grillen. Das ist einfach unglaublich."

Seit dem 1:0 gegen Jugoslawien im Spiel um Platz 3 der Heim-WM 1962 hatte Chile in 13 WM-Spielen keinen Sieg errungen. Doch was ehemalige Stars wie Marcelo Salas oder Ivan Zamorano nicht geschafft hatten, gelang nun dem jungen Team um Torschütze Jean Beausejour (34.). "Wir haben schon in der Kabine gefeiert", verriet Vidal, der nach dem Abpfiff in Nelspruit mit zum Himmel gerichteten Zeigefingern über das Feld gelaufen war.

Bielsa macht die Spaßbremse

Vor allem der eingewechselte Stürmer Mark Gonzalez konnte sein Glück kaum fassen. "Das ist ein großer Tag für Chile und ganz besonders für mich", sagte der 25-Jährige, der in Durban geboren wurde und die ersten zehn Jahre seines Lebens in Südafrika verbracht hatte: "Es ist unglaublich, dass ich diesen Sieg ausgerechnet in meiner Heimat miterleben darf."

Chiles Coach Marcelo Bielsa machte dagegen seinem Ruf als Eigenbrötler und Spaßbremse alle Ehre. Mit Kapuzenpulli erschien "El Loco" ("Der Verrückte") auf der Pressekonferenz und brummelte ohne einmal aufzuschauen vor sich hin, als analysiere er gerade die letzte Trainingseinheit.

"Wir sind hier, um weit zu kommen, nicht um irgendwelche Rekorde zu brechen oder in die Vergangenheit zu schauen", sagte er missmutig und ließ sich auch durch den wiederholten Hinweis auf die spontanen Straßenfeiern nicht aus der Reserve locken: "Ich sehe die Begeisterung der Menschen und es ist gut, dass wir ihnen etwas für ihre Unterstützung zurückzahlen können. Aber dieser Sieg war bisher nur für die Statistik. Wenn wir in der Vorrunde ausscheiden sollten, wird er nicht als Erfolg in Erinnerung bleiben." Grund für die Skepsis des Argentiniers war die mangelnde Chancenauswertung seines ansonsten durchaus überzeugenden Teams. "Wir hätten mehr Tore erzielen müssen. Ich hoffe, das rächt sich nicht", meinte Bielsa.

Honduras nur mit einer Chance

Zu Recht schlechte Laune hatte dagegen Honduras' etatmäßiger Assistenztrainer Alexis Mendoza, der seinen gesperrten Chef Reynaldo Rueda vertrat und nur eine Torchance seiner biederen Mannschaft sah. So muss auch Honduras auch bei der zweiten WM-Teilnahme nach 1982 weiter auf den ersten Sieg warten.

"Die Menschen in Honduras haben nach 28 Jahren sicher mehr von uns erwartet", sagte Mendoza, gibt die Hoffnung auf das Erreichen des Achtelfinals trotz der bevorstehenden Hürden gegen Spanien und die Schweiz aber nicht auf: "Wir werden alles versuchen, unseren Traum am Leben zu halten. Wir müssen und können uns steigern, dann können wir gegen die Spanier ein gutes Ergebnis erzielen."

Sollte dies am Montagabend gelingen, würde es in Honduras Hauptstadt Tegucigalpa wohl zu einer ähnlichen Straßenparty kommen wie am Mittwoch in Santiago.