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VfB-Profi Cacau engagiert sich für Kinder und Jugendliche in seinem Geburtsland Brasilien
VfB-Profi Cacau engagiert sich für Kinder und Jugendliche in seinem Geburtsland Brasilien

Cacau: "Möchte etwas zurückgeben"

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Stuttgart - Cacau gehört zu den außergewöhnlichen Persönlichkeiten der Bundesliga. Der gebürtige Brasilianer kam 1999 nach Deutschland, wo er zunächst in der Landesliga kickte. Über die Amateurmannschaft des 1. FC Nürnberg führte sein Weg zum VfB Stuttgart, mit dem er 2007 die Deutsche Meisterschaft gewann.

Im Februar 2009 erhielt Cacau schließlich die deutsche Staatsbürgerschaft, so dass ihn Bundestrainer Joachim Löw 2010 in den Kader für die WM in Südafrika berufen konnte. Aktuell wirbt der gläubige Christ für das Hilfsprojekt "Sports for Life", bei dem er in seiner Heimatregion Mogi das Cruzes gemeinsam mit dem internationalen christlichen Kinderhilfswerk World Vision Kinder und Jugendliche unterstützt.

bundesliga.de: Sie treiben in Ihrer Heimatregion Mogi das Cruzes ein humanitäres Projekt voran, das Kinder und Jugendliche unterstützen soll. Wie ist es dazu gekommen?

Cacau: Dort, wo ich selbst auch aufgewachsen bin, leben viele Kinder und Jugendliche in Armut. Mir wurde damals geholfen und deshalb möchte ich heute etwas zurückgeben. Die Idee dieses zunächst auf drei Jahre angelegten Projekts mit dem Namen "Sports for Life", das ich gemeinsam mit dem internationalen christlichen Kinderhilfswerk World Vision organisiere, ist es, den Kindern über den Sport neue Perspektiven zu eröffnen und so auch Hoffnung für ihr weiteres Leben zu geben. Über den Fußball oder auch über andere Sportarten sollen diesen Kindern viel Freude und ein Gemeinschaftsgefühl sowie Werte wie Respekt und Nächstenliebe vermittelt werden, damit ihr Selbstvertrauen gestärkt wird und sie dadurch ihren Alltag besser gestalten können.

bundesliga.de: Was genau planen Sie?

Cacau: Es ist geplant, einen Mehrzweck-Sportplatz anzulegen, der die Möglichkeit bietet, Fußball, Volleyball oder Basketball zu spielen. Zwar existiert dort bereits ein Fußballplatz. Der aber wird in aller Regel von älteren Jugendlichen oder auch von Erwachsenen belegt, die den Jüngeren kaum eine Chance zum Mitspielen einräumen.

bundesliga.de: Sie werden in den Weihnachtsferien wieder vor Ort sein und waren zuletzt im Sommer dort, um das in diesem Jahr initiierte Projekt vorzustellen. Wie haben die Kinder reagiert?

Cacau: Ich muss gestehen, dass viele Kinder zunächst sehr skeptisch waren. Bis zum letzten Augenblick haben sie nicht daran geglaubt, dass ich wirklich kommen würde. Dafür muss man aber großes Verständnis aufbringen. Denn viel zu oft hat man große Versprechungen gemacht, die nicht eingehalten wurden. Umso größer war aber die Freude, als man gesehen hat, dass wir zu unserem Wort stehen und es ernst meinen mit diesem Projekt.

bundesliga.de: Ist es für diese Kinder ein Thema, dass ihr Landsmann kein brasilianischer, sondern ein deutscher Nationalspieler ist?

Cacau: Überhaupt nicht. Oder besser: Es ist kein Thema, das sie negativ beeinflussen würde. Im Gegenteil: Die Kinder sind sehr neugierig und wollen wissen, ob ich überhaupt die deutsche Sprache beherrsche, wie es mir in Deutschland geht und wie ich dort lebe. Und sie haben großen Spaß daran, wenn ich ihnen ein paar Worte Deutsch beibringe, und sie versuchen können, mir auf Deutsch zu antworten.

bundesliga.de: Sie haben bereits erwähnt, dass Sie während Ihrer Kindheit selbst Hilfe brauchten. Welche Gefühle empfinden Sie, wenn Sie an den Ort Ihrer Kindheit zurückkehren?

Cacau: Das sind sehr schöne, sehr warme Gefühle. Zum einen, weil ich mich darüber freue, dass ich helfen kann. Zum anderen, weil ich mich trotz schwieriger Umstände gerne an meine eigene Kindheit erinnere und daran denke, dass mir auch geholfen wurde. Jorginho, den man in Deutschland noch gut aus seiner Zeit bei Bayer Leverkusen und beim FC Bayern München kennt, hat mir sehr nahe gebracht, dass man niemals vergessen darf, woher man kommt. Daran muss ich oft denken, und diese Aussage ist für mich zu einem Lebensmotto geworden.

bundesliga.de: "Sports for Life" ist nicht das einzige soziale Projekt, das mit Ihrem Namen verbunden ist. Sie unterstützen auch die Stiftung Deutsche KinderSuchthilfe. Wie ist es dazu gekommen?

Cacau: Auch bei diesem Engagement spielt meine eigene Vergangenheit eine große Rolle. Ich musste als Kind die Alkoholsucht meines Vaters miterleben, habe das aber gut verarbeitet, weil ich selbst Hilfe hatte. Kinder, die ein ähnliches Schicksal erleiden müssen, möchte ich nun unterstützen und ihnen einen Weg zeigen, wie sie diesem drohenden Kreislauf entrinnen können.

bundesliga.de: Ihren Projekten kommt die große Aufmerksamkeit zugute, die Brasilien durch die bevorstehende Weltmeisterschaft erfährt. Welches Gefühlschaos löst diese WM bei einem gebürtigen Brasilianer aus, der längst die deutsche Staatsbürgerschaft besitzt und deutscher Nationalspieler ist?

Cacau: Ich bin selbst sehr gespannt, was ich empfinden werde, wenn es erst einmal richtig losgeht. Wie Sie sagen: Brasilien ist mein Geburtsland, aber Deutschland ist heute mein Zuhause. Und immerhin habe ich für Deutschland eine WM gespielt. Ich werde also auf jeden Fall in Brasilien im Sommer bei der WM vor Ort sein, um dieses großartige Ereignis unmittelbar miterleben zu können.

bundesliga.de: Werden Sie in offizieller Funktion, etwa für einen TV-Sender, dort sein?

Cacau: Das weiß ich jetzt noch nicht. Ich bin aber offen für etwaige Angebote und denke, dass sich Anfang des Jahres entscheiden wird, ob ich eine konkrete Aufgabe übernehmen kann.

bundesliga.de: Obwohl die Brasilianer fußballverrückt sind, ist diese WM nicht unumstritten, wie auch die Proteste während des Confed Cups gezeigt haben ...

Cacau: Ich war während des Confed Cups in Brasilien und habe diese Proteste live miterlebt. Und ich muss sagen, dass ich für den Unmut der Bevölkerung großes Verständnis habe. Wie bei den Kindern in meinem Heimatort im Kleinen, ist auch der brasilianischen Bevölkerung im Großen im Zusammenhang mit dieser WM viel versprochen, aber leider längst nicht alles eingehalten worden. Keine Frage, die Stadien sind wunderschön geworden. Was aber die weitere Infrastruktur betrifft, etwa die Verkehrswege, wurden viele Versprechen gebrochen. Noch mehr betrifft das den Bau neuer Krankenhäuser oder Schulen, den die Regierung ebenfalls in Aussicht gestellt hatte. Diesbezüglich ist so gut wie nichts geschehen. Das wollen die Menschen nicht hinnehmen, und für diesen Unmut habe ich - sofern er friedlich zum Ausdruck gebracht wird - großes Verständnis.

bundesliga.de: Sprechen wir nun über den Fußball, was trauen Sie der Elf von Bundestrainer Joachim Löw zu?

Cacau: Ein Endspiel Brasilien gegen Deutschland wäre für mich das absolute Traumfinale. Wenn Sie mich aber fragen, welchem Team in diesem Fall meine größeren Sympathien gelten würden, wäre das für mich nicht leicht zu beantworten. Fakt ist, dass Deutschland seit drei, vier Jahren über eine Nationalmannschaft verfügt, die topp ist. Dieses Team hat sogar in Brasilien sehr viele Fans gewonnen, weil es nicht wie viele frühere deutsche Mannschaften nur auf Kampf und Disziplin setzt, sondern auch schönen Fußball spielt. Keine Frage, Deutschland ist einer der Favoriten auf den Titel.

bundesliga.de: Und Brasilien?

Cacau: Noch vor einem Jahr war ich eher skeptisch. Seit dem Confed Cup aber traue ich der brasilianischen Nationalmannschaft einiges zu. Denn dieses Turnier hat gezeigt, dass Brasilien nicht nur sehr gute Einzelspieler hat, sondern endlich wieder über ein sehr gutes Team verfügt. Die Selecao ist ebenfalls ein Top-Favorit auf den Titel, noch dazu mit diesen fantastischen Fans im Rücken.

bundesliga.de: Schmerzt es Sie, dass Sie - wohl auch wegen Ihrer schweren Verletzung vor einem Jahr - selbst nicht mehr als Aktiver an diesem Spektakel teilnehmen können?

Cacau: Selbstverständlich wäre es wunderschön gewesen, bei diesem Turnier in meinem Geburtsland auf dem Rasen stehen zu können. Aber ich weiß, dass man die Zeit nicht zurückdrehen kann und habe gelernt, das zu akzeptieren. Und bis jetzt komme ich damit sehr gut klar.

bundesliga.de: Im Sommer läuft Ihr Vertrag beim VfB Stuttgart aus, denken Sie bereits über ein Karriereende nach?

Cacau: Nein. Ein Karriereende im Sommer - das wird definitiv nicht passieren! Ich weiß zwar noch nicht, wie und wo es weiter geht. Aber ich werde meine Karriere auf jeden Fall fortsetzen. Im Moment setze ich erst einmal alles daran, wieder völlig fit zu werden. Dann bin ich für alles offen und auch bereit für eine Veränderung. Egal, ob mich die nun ins Ausland führen sollte, oder ob ich vielleicht in Deutschland bleibe oder in Stuttgart nochmals verlängere.

bundesliga.de: Wenn Sie Ihre Karriere einmal Revue passieren lassen, was war bisher der schönste Moment, was der traurigste Moment?

Cacau: Der schönste Moment war für mich die Teilnahme an der WM 2010 in Südafrika! Davon, bei einer WM dabei zu sein, habe ich als Kind immer geträumt! Aber auch der Gewinn der Deutschen Meisterschaft 2007 mit dem VfB Stuttgart war ein ganz tolles Erlebnis, das ich niemals vergessen werde. Besonders traurig dagegen macht mich noch heute das verlorene DFB-Pokalfinale gegen den 1. FC Nürnberg, das ich mit meinem Platzverweis sehr beeinflusst habe. In diesem Fall würde ich die Zeit wirklich sehr gerne noch einmal zurückdrehen.

Das Gespräch führte Andreas Kötter