16 Jahre BVB: Ein großer Abschied für Roman Weidenfeller

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Dortmund - Am Ende stand er ganz oben, mitten auf der Südtribüne. Auf dem Podest der Vorsänger gab Roman Weidenfeller zum Abschied nach 16 Jahren in Schwarz-Gelb den Ton an in dem Stadion, das er selbst als sein Wohnzimmer bezeichnet. Und Zehntausende sangen mit ihrer Torwartlegende inbrünstig mit: "Dortmunder Jungs, Dortmunder Jungs, wir sind alle Dortmunder Jungs!"

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Es war der emotionale Abschied von Borussia Dortmunds langjähriger Nummer eins im Tor von seinen Fans und seinem Stadion. "Es waren tolle Momente, die ich mein Leben nicht vergessen werde und von denen jeder Fußballer träumt", gewährte der Keeper einen Einblick in sein Seelenleben. Nach dem letzten Spieltag wird Roman Weidenfeller seine Karriere beenden und die Torwarthandschuhe endgültig an den Nagel hängen.

"Es waren tolle Momente, die ich mein Leben nicht vergessen werde und von denen jeder Fußballer träumt" Roman Weidenfeller (Borussia Dortmund)

Bad in der Menge: Nach dem Spiel wird Roman Weidenfeller auf die Südtribüne gerufen, feiert zusammen mit den BVB-Fans - © imago / Bielefeld

Und es war der Abschied der Anhänger von ihrem Idol, den sie hier in Dortmund für seine Paraden und seine Art lieben – und vor allem auch für seine Treue, Loyalität und Verbundenheit, auch in den schwierigen Zeiten. So erklärt sich diese Szene nach dem Abpfiff, als Weidenfeller erst den Zaun vor der Südtribüne erklommen und sich dann in das Epi-Zentrum der Fans vorgekämpft hatte. "Es war auch für mich einmalig, dort oben auf dem Podest zu stehen. Sonst war ich ja schon mal auf dem Zaun, da war ich auch relativ sicher. Aber selbst wenn ich gestürzt wäre, hätten die Fans mich aufgefangen", erzählte der 37-Jährige hinterher mit einem glücklichen Schmunzeln.

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Zu Spielbeginn hat die Südtribüne eine kleine Choreografie vorbereitet - © imago / Team 2

Dort oben hatte vor ihm noch keiner gestanden, allein das ist eine Ehre der besonderen Art für Weidenfeller. Und dass er, der Junge aus dem Westerwald, das Lied von den Dortmunder Jungs anstimmte, zeigte eindrucksvoll: Hier geht einer, der längst durch und durch Borusse ist und sich Kultstatus erworben hat. Er hat den Verein in seinen 16 Jahren durch alle Höhen und auch Tiefen begleitet. In 452 Pflichtspielen hat er das schwarz-gelbe Trikot getragen – öfter war nur Michael Zorc für die Borussia im Einsatz. 2011 war er Kopf und in Vertretung des lange verletzten Sebastian Kehl auch Kapitän der Meistermannschaft und prägte den Kultsatz: "We have a grandios Saison gespielt!" 2012 holte er mit der Mannschaft das erste Double  der Vereinsgeschichte, führte den BVB ein Jahr später nach Wembley ins Champions-League-Finale. Kein Borusse stand öfter in einem Endspiel – insgesamt sieben Mal. 2014 durfte er, der Spätberufene, dann den Weltmeistertitel in Brasilien feiern. "Ein großer Glücksmoment", wie er selbst sagt. Zwar stand er nicht selbst auf dem Platz, leistete aber als loyaler Vertreter im Hintergrund wertvolle Dienste.

Auch die aktuelle Mannschaft zollt dem BVB-Urgestein nochmal ihren Respekt - © imago / Team 2

"Ich habe vollstes Verständnis für Peter Stöger, dass er noch einmal Offensive eingewechselt hat" Roman Weidenfeller (Borussia Dortmund)

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Auch in Dortmund bewies er in den letzten beiden Jahren Größe, als er sich in den Dienst der Mannschaft stellte und hinter Roman Bürki einordnete. Als dieser verletzt ausfiel, stand Weidenfeller in dieser Saison beim "Jahrhundert-Derby", dem 4:4-Remis gegen Schalke in der Hinrunde, noch einmal zwischen den Pfosten. Das hätte er auch gerne zum Abschied aus seinem "Wohnzimmer" jetzt gegen Mainz noch einmal getan. Der Trainer hatte ihn zum Ende hin einwechseln wollen, so war es besprochen. Doch die Mannschaft ließ ihn im Stich, machte der Torwart-Ikone mit ihrer Leistung einen Strich durch die Rechnung. "Klar hätte ich mich gefreut, noch einmal einen Einsatz vor der Südtribüne zu haben. Es war ja auch alles vorbereitet, selbst von der Seitenwahl hat alles gepasst. Aber ich habe vollstes Verständnis für Peter Stöger, dass er noch einmal Offensive eingewechselt hat", erklärte Weidenfeller nach der 1:2-Heimpleite gegen die Mainzer.

So war es am Ende auch nur er, der von den Zahntausenden im Stadion und den Treuesten der Treuen auf der Südtribüne enthusiastisch gefeiert wurde. Als sich die anderen Spieler der Tribüne nährten, gab es ein lautes Pfeifkonzert. "Es war schon komisch. Auf der einen Seite wurde ich gefeiert von unseren Fans, auf der anderen Seite stand unsere Mannschaft ein stückweit im Regen und wurde ausgepfiffen", meinte Roman Weidenfeller. "Aber man kann den Unmut der Fans verstehen, Das Spiel war wieder ein Spiegelbild der kompletten Saison. Es fehlt die Konstanz. Die Qualität ist da, wird aber viel zu selten abgerufen."

"Wer mich oben auf dem Zaun gesehen hat, der spürt, dass das Herz eigentlich vorhanden sein sollte vor dieser Kulisse" Roman Weidenfeller (Borussia Dortmund)

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Die Mannschaft habe gegen Mainz mit zu wenig Herz gespielt, klagte André Schürrle nach der Heimpleite. Ein Vorwurf, den man dem "Weidenfels" in seiner langen Karriere nie machen konnte. Und ein Punkt, den einer wie er, der stets 100 Prozent gegeben hat, auch nicht wirklich nachvollziehen kann: "Wer mich oben auf dem Zaun gesehen hat, der spürt, dass das Herz eigentlich vorhanden sein sollte vor dieser Kulisse. Es gibt nichts Schöneres, als den Fußballberuf auszuüben und dann vor so einem Publikum – einfach toll."

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Eine letzte Ehrenrunde drehte Roman Weidenfeller noch mit Söhnchen Leonard auf dem Arm, sog noch einmal diese großen Emotionen auf, bevor er in den Stadionkatakomben verschwand. Dem BVB wird er als Markenbotschafter erhalten bleiben – und vielleicht zum endgültigen Abschied von der Bundesliga beim Saisonfinale in Hoffenheim doch noch ein paar Minuten spielen? Die Antwort ist typisch Weidenfeller: „Jeder weiß, dass ich super gerne spiele. Wenn ich die Möglichkeit habe, nehme ich das gerne an. Aber ich bin keiner, der das fordert.“

Aus Dortmund berichtet Dietmar Nolte