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Symbolisches Bild: der brasilianische Barca-Star Dani Alves am Boden
Symbolisches Bild: der brasilianische Barca-Star Dani Alves am Boden

Brasilien versinkt in einem Tränenmeer

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Lucio riss sich wütend die Spielführerbinde vom Arm, Kaka weinte hemmungslos, und Trainer Dunga sprach bereits von Abschied: Brasilien versinkt nach dem geplatzten Traum vom sechsten WM-Titel in einem Tränenmeer, an der Copacabana verstummten die Samba-Trommeln.

Während die "Selecao"-Stars nach dem 1:2 (1:0) im Viertelfinale von Port Elizabeth ihren verpassten Chancen nachtrauerten, standen 180 Millionen fußballverrückte Brasilianer unter Schock. Zur Mittagszeit verfolgten am Zuckerhut Millionen gelb-grüne Fans fassungslos das unnötige Aus ihrer Lieblinge. Der Gastgeber der kommenden WM kehrt als verbitterter Verlierer Südafrika den Rücken und in die Heimat zurück.

"Keiner hat dieses Ergebnis erwartet"

"Keiner hat dieses Ergebnis erwartet. Die Gruppe war voller Selbstvertrauen. Im Fußball passieren solche Dinge", sagte Torwart Julio Cesar: "In der Kabine haben alle geheult. Wir waren uns doch so sicher. Die Niederlande haben sich den Sieg im zweiten Durchgang verdient. Es bleibt eine große Traurigkeit zurück."

Brasilien hatte in Südafrika bis zum 3:0 im Achtelfinale gegen Chile souverän, aber unspektakulär agiert. Allein diese Tatsache löste in der Heimat deutliches Murren aus. Nun droht der "Selecao" ein Spießrutenlauf, und Dunga, der 2006 nach der WM in Deutschland als Trainernovize den begehrten Posten übernommen hatte, das Aus.

Damit rechnet der 46-Jährige auch selbst. "Ich wusste von Beginn meiner Arbeit an, dass es vier Jahre sein werden", sagte Dunga in der Pressekonferenz äußerlich völlig gefasst. Nur unmittelbar nach dem Schlusspfiff war ihm die Erschütterung anzumerken gewesen, als er sich leichenblass mit einem Kopfschütteln vom Spielfeld abwandte.

Dunga in der Kritik

Dunga hatte sich in Südafrika mehrfach mit den heimischen Journalisten angelegt - und bekam unmittelbar nach dem Abpfiff die Rechnung präsentiert. "Er ist mehr ein Feldherr, er sollte von der Nationalmannschaft wegbleiben. Das ist das Mindeste, was die Leute erwarten können", schrieb die Zeitung "O Dia" auf ihrer Internetseite.

Während der nationale Verband CBF noch nicht offiziell Stellung zum Thema genommen hat, werden in der Heimat bereits die Namen der möglichen Kandidaten gehandelt. Die besten Karten scheint Luiz Felipe Scolari als Nachfolger zu besitzen, der die "Selecao" 2002 in Südkorea und Japan zu ihrem fünften und letzten WM-Titel geführt hatte.

Am deutlichsten hatte die Kritik am Beamten-Fußball der Dunga-Elf allerdings ein Niederländer, "König" Johan Cruyff, formuliert. "Das Spiel der Brasilianer ist eine Schande für die Fans und das Turnier. Normalerweise verfügt Brasilien über eine Mannschaft, die die Menschen gerne spielen sehen wollen. Jetzt aber habe ich kein Geld übrig für eine Eintrittskarte, um Brasilien spielen zu sehen", sagte Cruyff. Ausgerechnet, nachdem die "Selecao" erstmals zumindest 45 Minuten lang geglänzt hatte, schied sie aus.

Aus trotz starker erster Hälfte

Am Freitag straften Kaka und Co. Cruyff im "vorweggenommenen Finale", wie es Stürmer Robinho nannte, zunächst Lügen. Vor allem in der ersten Halbzeit spielten sie das "Oranje"-Team förmlich an die Wand. Nach dem 1:0 durch Robinho vergaben Kapitän Lucio und sein Team zahlreiche weitere Chancen, frühzeitig für klare Verhältnisse zu sorgen. Doch in der zweiten Halbzeit machten sie sich selbst alles kaputt.

Wie aus dem Nichts kam eine bis dahin fast hilflose "Elftal" zum Ausgleich (53.). Julio Cesar unterlief eine lange Flanke von Wesley Sneijder, Felipe Melo rutschte der Ball noch über den Scheitel - 1:1. Fünf Minuten, nachdem Sneijder (68.) dann zum 2:1 getroffen hatte, sah Felipe Melo auch noch die Rote Karte wegen einer Tätlichkeit an Arjen Robben. "Ich habe meinen Anteil an der Schuld, wie jeder andere auch. Wir haben versagt", sagte Felipe Melo, der sich auf einen heißen Tanz gefasst machen kann.

"Felipe Melo sollte besser seine Ferien nicht in Brasilien verbringen", schrieb WM-Rekordtorschütze Ronaldo auf seinem Mikroblog Twitter. Für die "Selecao" bedeutete die Unbeherrschtheit des Mittelfeldspielers den Todesstoß. "Es sollte nicht sein. Felipe Melo zerstört das brasilianische Fest", schrieb "O Globo": "Es war die Chronik eines angekündigten Todes."