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Borussia Mönchengladbach und die europäischen Hoffnungen

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Nach Abstiegskampf im letzten Jahr kämpft Borussia Mönchengladbach aktuell um Europa. Ein Trio und Vertrauen in den Trainer machen dies möglich.

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Noch in der letzten Saison war Borussia Mönchengladbach ein Schatten seiner selbst, der Klassenerhalt wurde zur Zitterpartie. Trainer Gerardo Seoane war umstritten am Niederrhein. Doch die Verantwortlichen um Sport-Geschäftsführer Roland Virkus vertrauten dem Coach - und dieser hat das Team in der Saison 2024/25 neu erfunden. Mit 37 Punkten hatten die Fohlen die Punktausbeute der vergangenen Saison bereits nach 24 Spieltagen übertroffen. Drei Auswärtssiege in Serie, eine gnadenlose Effizienz und eine neue defensive Stabilität ließen das Umfeld wieder von Europa träumen. Die ließen auch nach dem Dämpfer Anfang März daheim gegen Mainz (1:3) nicht nach. Die Seoane-Elf holte sieben Zähler aus drei Partien - zuletzt einen schmeichelhaften Punkt in Hamburg bei St. Pauli. Am Wochenende gastiert der SC Freiburg (Platz sieben) in Gladbach (Rang sechs). Der Sieger festigt die europäischen Ambitionen.

Das letzte europäische Abenteuer der Fohlen liegt gar nicht so weit zurück: In der Saison 2020/21 spielte Gladbach zuletzt international und erreichte das Achtelfinale der Champions League, wo gegen das Starensemble von Manchester City im Endstation war. Jetzt, vier Jahre später, scheint der Club endlich wieder auf dem richtigen Kurs zu sein, um an erfolgreiche Zeiten anzuknüpfen. Bereits die Europa League oder gar die Conference League wären ein Erfolg.

"Wir wollen uns Schritt für Schritt weiterentwickeln", hatte Virkus vor der Saison betont. Offensivkraft Robin Hack (vier Treffer, sechs Assists) blickt auf das Nachbarschaftsduell in der Tabelle sowie eine Woche später auf das Match in Dortmund positiv: "Das sind geile Spiele. Darauf freue ich mich, darauf freut sich die Mannschaft. Wir haben uns bisher in diesem Jahr etwas erarbeitet, wir haben nichts zu verlieren. Solche Spiele sind dann ein Bonus. Wir können noch etwas erreichen und schauen, dass wir das Maximum aus der Saison herausholen können. Und solche Spiele, die sind dann wegweisend. Ich glaube, da freut sich jeder bei uns drauf.“

Gladbach blickt positiv in den Saisonendspurt - IMAGO/Bahho Kara

Torwarttalent überrascht alle

Verzichten muss der Europaanwärter im Endspurt und langfristig auf Nathan Ngoumou (25, fehlt nach seinem Achillessehnen-Riss ein halbes Jahr) und kurzfristig auf Philipp Sander (27, hat nach seinem Infekt weiter keine Spielerlaubnis vom Arzt). 

Punktegarant ist dagegen einer, mit dem niemand gerechnet hat. Zum vierten Mal stand der am Montag 19 Jahre alt gewordene Luxemburger Tiago Pereira Cardoso am vergangenen Wochenende im Tor für die etablierten, aber verletzten Moritz Nicolas und Jonas Omlin. Nur drei Torhüter in der Geschichte des Oberhauses hielten nach ihrem Debüt länger die Null fest, keiner war dabei allerdings so jung wie der vierfache Nationalspieler. Nach 282 Minuten erst zappelte ein Rechtsschuss von St. Paulis Oladapo Afolayan am Millerntor im Netz. Im Vordergrund stand nach einer weiteren souveränen Partie vielmehr das Lob für den jungen Torwart. "Tiago muss man einfach herausheben. Er hat jeden hohen Ball gepflückt, er war sehr souverän, was die Ruhe von hinten raus angeht. Er ist absolut gefordert worden in einem Spiel, in dem wir unter Dauerdruck standen. Da ist es auch für einen Torhüter nicht einfach, wenn er keine Anspielstationen hat – die Torverteidigung war hervorragend“, bilanzierte Virkus. 

Trainer Seoane stimmte in die anerkennenden Worte für den Youngster ein und bezeichnete diesen als "Lichtblick" im Gladbacher Team: "Das Wichtigste für ihn sind ja eigentlich seine Abi-Prüfungen. Aber er hat eine sehr gute Leistung geboten. Er hat bei den vielen Flanken gute Entscheidungen getroffen. Es war die kompletteste Leistung seiner bisherigen Spiele. Kompliment für diese reife Leistung."

Während das Talent hinten tolle Leistungen erbringt, ist im Kampf um Europa vorne Gladbachs Stürmer Tim Kleindienst, der einst drei Jahre beim Gegner SC Freiburg unter Vertrag stand, gefordert. Er absolvierte seine ersten 26 Bundesliga-Spiele für den SC und erzielte am 5. Mai 2018 sein erstes Bundesliga-Tor im Freiburger Trikot gegen Mönchengladbach. Damals spielte Kleindienst mit Julian Schuster in einer Mannschaft. Es war das letzte Spiel als Fußball-Profi für den aktuellen SC-Trainer. Knapp sieben Jahre später ist Kleindienst Nationalspieler und Garant für den Gladbacher Aufschwung (15 Tore, sechs Assists).

Weidl als Ankerpunkt

In Gladbach ist im Mittelfeld zudem Julian Weigl unersetzlich, fehlt nur gesperrt oder verletzt. Dennoch fliegt er sowohl in der Öffentlichkeit als auch im Fan-Umfeld ein wenig unter dem Radar. Weigl ist kein auffälliger Lautsprecher. Im Oktober gestand er in einem Podcast des YouTubers "Kilian Jonas" ein, noch immer in die Führungsrolle hineinzuwachsen. Denn eigentlich ist er "nur" Vizekapitän, lief wegen des Verletzungspechs von Jonas Omlin aber schon 46 Mal in der Bundesliga mit der Binde am Arm auf den Rasen ein.

Während des Spiels ist Weigl dennoch ein wichtiger Ankerpunkt für die Mannschaft. Im Aufbau nimmt er mit den Innenverteidigern Ko Itakura und Nico Elvedi eine wichtige Rolle ein, zieht das Spiel regelmäßig auf und ist eine verlässliche Anspielstation für die Mitspieler um ihn herum. Mit einer Passquote von 91,67 Prozent ist Weigl einerseits der achtbeste Bundesligaspieler und andererseits der zweitbeste Mittelfeldspieler nach Joshua Kimmich (92,79 Prozent).

Im Spiel gegen den Ball rückt Weigl einige Male unfreiwillig ins Rampenlicht. Beim 0:3 gegen den FC Augsburg im Februar ließ er Alexis Claude-Maurice vor dem ersten Gegentor davonlaufen, zog damit den Unmut einiger Fans auf sich. Und doch hat sich Weigl auch in der Rückwärtsbewegung behauptet, indem er im Vergleich mit allen Mittelfeldspielern bisher die drittmeisten Pässe abgefangen (41) und sogar die meisten Blocks (20) geliefert hat.

Mit einem Blutjungen Torwart, dem erfahrenen Mittelfeld-Ass und einem Nationalstürmer vorne drin scheint Gladbach gut gerüstet im Saisonendspurt um Europa.

Tim Kleindienst ist der Anker im offensiven Spiel - IMAGO/Bahho Kara