Für Neven Subotic (r.), hier im Gespräch mit BVB-Coach Jürgen Klopp, geht es wieder aufwärts (© imago)
Für Neven Subotic (r.), hier im Gespräch mit BVB-Coach Jürgen Klopp, geht es wieder aufwärts (© imago)

Mit aller Macht zurück

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Der etwas andere Profi

Dortmund - Der 8. November 2013: Es ist der 12. Spieltag der vergangenen Bundesliga-Saison und Borussia Dortmund verliert beim VfL Wolfsburg mit 1:2. Der BVB hat an diesem Tag aber nicht nur das Spiel verloren. Er muss eine echte Hiobsbotschaft verkraften.

In der 44. Minute springt Innenverteidiger Neven Subotic in ein Kopfballduell mit Wolfsburgs Ivica Olic. Genau so, wie es jedes Wochenende hunderte Male in der Liga vorkommt. Doch für Subotic endet es fatal. Ohne gegnerische Einwirkung verdreht er sich bei der Landung das rechte Knie, bleibt mit schmerzverzerrtem Gesicht auf dem Rasen liegen. Subotic weiß sofort, dass es nicht mehr weitergeht. Minuten später wird er vom Platz getragen, winkt dabei kurz in Richtung Tribüne und bedankt sich bei einigen Fans, die ihm aufmunternde Worte zurufen.

Noch am selben Abend wird der 25-Jährige im Dortmunder Knappschaftskrankenhaus untersucht. Diagnose: Riss des hinteren Kreuzbandes sowie des Innenbandes im rechten Knie. Ausfallzeit: Mindestens sechs Monate. Für einen Profifußballer eine der schlimmsten Nachrichten, die ihn ereilen kann. Viele versinken nach dieser Diagnose in Selbstmitleid, brauchen Monate, um nicht nur die körperlichen Schäden zu verkraften, sondern auch die psychischen.  

Neven Subotic ist anders. Er denkt positiv. Direkt richtet er sich an die Öffentlichkeit: "Keine Sorge! Ich komme stärker zurück!“, lässt er mitteilen. Eine Nachricht, die viel über den Charakter des Serben aussagt, der in seiner Kindheit die unglaublichen Leiden des Krieges miterleben musste. Der als Kleinkind erst seine Heimat Serbien in Richtung Deutschland und später, mit gerade elf Jahren, die neue Heimat - um der Abschiebung zu entgehen - in Richtung USA verlassen musste. Schon Stunden nach seiner schweren Verletzung denkt er positiv. Glaubt an seine schnelle Genesung. Glaubt daran, noch stärker zurückzukommen.

Comeback im Training nach acht Monaten

Vor wenigen Tagen war es soweit: „Nach acht Monaten durfte ich heute endlich wieder am Training teilnehmen“, schrieb Subotic euphorisch bei Facebook an seine Fans. Kurz darauf dann die nächste Message: „Heute stand Kopfballtraining auf dem Programm. Alles noch irgendwie neu, aber langsam kommt das Gefühl zurück.“ Subotic kämpft sich zurück, mit aller Macht.

Wichtiger Baustein

Das freut neben dem Rekonvaleszenten selbst vor allem seinen Trainer. „Ich hätte keinen Spieler aus meiner Mannschaft gekannt, der das so gut wie er aufgenommen hat. Vom ersten Moment an war diese Verletzung für Neven mehr eine Herausforderung. Eine Prüfung, die er bestehen musste“, sagt Jürgen Klopp. „Er hat alles, was ihm die Ärzte und Physiotherapeuten mit auf den Weg gaben 1:1 umgesetzt und darüber hinaus viel Eigeninitiative gezeigt.“

Jeden Tag arbeitete Neven Subotic mit unglaublicher Härte und Disziplin an seiner Rückkehr. Schon zum Saisonauftakt könnte er sein Comeback geben. Für seine Mannschaft und seinen Trainer wäre er ein immens wichtiger Baustein, um die hohen Saisonziele in die Tat umzusetzen. „Wir wollen in der Defensive stabiler stehen und wieder weniger Gegentore kassieren, als in den vergangenen zwei Jahren“, sagte Sven Bender, ein weiterer Wiedergenesener aus der BVB-Truppe, jüngst auf einer Pressekonferenz im Trainingslager in Österreich.

Dies ist nur mit einer funktionierenden und vor allem fitten Innenverteidigung möglich. Neben Subotic spielen auf dieser Position in Dortmund Mats Hummels und der Grieche Sokratis. Beide werden aufgrund ihres WM-Einsatzes erst kurz vor Saisonbeginn in die Vorbereitung einsteigen und einen Rückstand aufzuholen haben. Besonders der deutsche WM-Held (Bundesliga-11 der WM), der das Turnier im Gegensatz zum Griechen zu Ende spielte. Umso mehr wird ihr 1,92 Meter großer serbischer Kollege gefordert sein.

Es kommt auf den Serben an

Denn vor dem Vizemeister liegen schwere Monate mit der Dreifachbelastung aus Bundesliga, DFB-Pokal und Champions League. Mit drei Innenverteidigern, die alle nicht im Vollbesitz ihrer Kräfte sind, eine sehr ambitionierte Aufgabe. Dies sieht auch Sportdirektor Michael Zorc so, und hat mit der Verpflichtung von Matthias Ginter aus Freiburg den Konkurrenzkampf in der Dortmunder Innenverteidigung weiter angeheizt.

"Wir haben im Hinterkopf, dass Neven Subotic nach einem Kreuzbandriss gerade erst wieder so richtig anfängt, Mats Hummels wurde während der WM stark belastet, Sokratis ebenfalls", erläuterte Zorc den Transfers des Freiburger Weltmeisters zu den Borussen und ergänzte: "Der BVB spielt in drei Wettbewerben, ist sehr ambitioniert und hat sich ganz bewusst dazu entschieden, mit vier starken Innenverteidigern in die Saison zu gehen.“

Aufgrund des langen WM-Urlaubs von Sokratis, Hummels und Ginter wird es zum Saisonstart aber dennoch umso mehr auf Neven Subotic ankommen, der die komplette Vorbereitung absolvieren kann. Jürgen Klopp ist von seinem Zögling, den er 2008 aus Mainz mit an die Strobelallee brachte, jedenfalls zu 100 Prozent überzeugt. "Er hat acht Monate akribisch gearbeitet. Bei ihm sieht es super aus", bilanziert der BVB-Coach. Gute Nachrichten also für Borussia Dortmund - und vor allem für Neven Subotic.

Dennis-Julian Gottschlich

So verletzte sich Subotic am 9. November 2013 im Spiel gegen Wolfsburg: