Bundestrainer Joachim Löw bei der Pressekonferenz vor dem Spiel gegen die Färöer Inseln
Bundestrainer Joachim Löw bei der Pressekonferenz vor dem Spiel gegen die Färöer Inseln

Bloß keine böse Überraschung

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Torshavn - Der Wind trieb die Wolken über die steilen Klippen, der Blick auf den Atlantik war atemberaubend, als die deutsche Nationalmannschaft mit ihrem Atlantic-Airways-Flieger am Montagmittag in den engen Talkessel von Vagar einflog. Nur speziell ausgebildete Piloten dürfen den Flughafen ansteuern - und die sorgten dafür, dass Bundestrainer Joachim Löw und sein Team einen weitgehend ruhigen Flug auf die Färöer erlebten.

Reus bleibt zuhause

Auf der kleinen Inselgruppe weit im Norden Europas wartete auf die DFB-Auswahl nach der Landung um 12.20 Uhr Ortszeit (13.20 Uhr MESZ) ein ganz besonderes Abenteuer. Die Schafsinseln gelten als äußerst stürmisch, gespielt wird im momentan nur 4000 Zuschauer fassenden Torsvollur-Stadion auf Kunstrasen und erstmals wohnen Philipp Lahm und Co. sogar mit dem Gegner in einem Hotel.



Aber trotz der ungewöhnlichen Umstände des Trips von München auf die rund 2000 Kilometer entfernten Färöer, die nur 48.000 Einwohner, dafür über 70.000 Schafe haben, gibt es für das DFB-Team nur ein Ziel, um nicht zur Lachnummer der Fußball-Welt zu werden. "Es ist wichtig, dass wir die Bedingungen annehmen: den Platz, das Klima, vielleicht auch den Wind. Die Insel macht einen rauhen Eindruck, ist aber fantastisch schön. Aber das Einzige, was mich interessiert, ist, dass wir drei Punkte holen - und das werden wir auch tun", stellte Löw, der auf den erkrankten Marco Reus verzichten muss, vor dem WM-Qualifikationsspiel am Dienstag gegen einen der letzten Fußball-Zwerge Europas (ab 20:30 Uhr im Live-Ticker) klar. Er wolle keinen Spieler hören, "der über die Umstände jammert".

Wie schwer so ein Spiel allerdings werden kann, erlebte der dreimalige Welt- und Europameister vor zehn Jahren, als er in Torshavn eine Blamage durch späte Tore von Miroslav Klose (89.) und Fredi Bobic (90.+1) gerade noch verhindern konnte. Rekordtorschütze Klose erinnert sich: "Da sind die Bälle in den Wolken verschwunden und wieder aufgetaucht." Zwölf Grad und nur mäßiger Wind sind für Dienstagabend vorausgesagt, wenn Deutschland den möglicherweise schon entscheidenden Schritt in Richtung WM 2014 in Brasilien machen kann. "Wir sind froh, dass wir einigermaßen früh im Jahr dort spielen und nicht im Oktober. Jetzt sind die Bedingungen noch einigermaßen okay", sagte Teammanager Oliver Bierhoff.

WM-Ticket schon am Dienstag gebucht?



Auch Abwehrspieler Per Mertesacker hofft "auf gutes Wetter, da tun wir uns viel leichter". Sollte aber trotzdem der Wind eine Rolle spielen, "dann müssen wir eben wieder auf die letzten Minuten hoffen". Sein Kollege Jerome Boateng sieht bei heftigem Wind selbst für die eigenwilligen Frisuren mancher Nationalspieler keine Gefahr: "Frisurentechnisch sind wir gut aufgestellt", sagte der Münchner mit breitem Grinsen. Sportlich sei man aber "auf jeden Fall gewarnt", fügte Mertesacker an, "aber wenn wir fokussiert sind, sind wir so selbstbewusst zu sagen, wir wollen den nächsten Schritt zur WM machen". Fünf Punkte Vorsprung hat das DFB-Team auf Schweden. Bei einem eigenen Sieg und einem Ausrutscher der Skandinavier in Kasachstan wäre das Ticket für Brasilien schon am Dienstag gelöst.

Spannender sind für die weitgereisten DFB-Profis da schon eher die Bedingungen der Dienstreise, der "sehr moderne Kunstrasen" (Löw) ist da noch am wenigsten exotisch. Auf der Speisekarte des Faroyar-Hotels steht etwa Grindwal. Doch DFB-Sternekoch Holger Stromberg werde natürlich nur Essen kredenzen, "das ethisch und moralisch vertretbar ist. Walfleisch gehört sicher nicht dazu", betonte Nationalmannschaftssprecher Jens Grittner. "Der Lachs schmeckt mir hervorragend. Aber Walfleisch werde ich nicht essen", betonte auch Löw.

Hummels wohl wieder auf der Bank



Genauso einzigartig ist für den DFB-Tross die Tatsache, mit den Färingern angesichts mangelnder Hotel-Alternativen unter einem Dach zu wohnen. Normalerweise schotten sich die Deutschen zur Vorbereitung komplett ab, diesmal ist etwa der Frühstücksraum nur durch eine Stellwand getrennt. "Das ist ja fast wie im Olymischen Dorf", witzelte Bierhoff. Er denke nicht, "dass der Gegner uns im Hotel in die Quere kommt", meinte Löw und Mertesacker fügte an: "Das habe ich zwar noch nicht erlebt. Aber das ist nur eine Nacht Tür an Tür mit den Färingern, das werden wir schon verkraften." Viel wichtiger sei für ihn ohnehin, "dass wir uns dem Kunstrasenplatz wieder nähern und unser Passspiel aufziehen".

Die Zuversicht ist groß, keine böse Überraschung zu erleben, auch "wenn ich hinter einem Tor Glas gesehen habe und hinter dem anderen eine Betonwand", so Löw schmunzelnd: "Ich hoffe, dass wir trotzdem das Tor treffen." Dies soll wieder Klose übernehmen, der vom Bundestrainer eine Einsatzgarantie erhielt.

Als Alternativen für den erkrankten Reus auf der linken offensiven Mittelfeldseite nannte Löw Andre Schürrle und Julian Draxler. Ansonsten hat der Bundestrainer eigentlich wenig Grund, etwas zu verändern. Für Mats Hummels bliebe wieder nur die Bank.


Voraussichtliche Mannschaftsaufstellungen:

Färöer: Nielsen - J. Davidsen, Baldvinsson, Gregersen, V. Davidsen - Hansson, Benjaminsen, S. Olsen, Justinussen - Holst - Edmundsson

Deutschland: Neuer - Lahm, Mertesacker, Boateng, Schmelzer - Khedira, Kroos - Müller, Özil, Draxler - Klose

Schiedsrichter: Gediminas Mazeika (Litauen)