Der neue Mann auf der Bochumer Bank: Frank Heinemann
Der neue Mann auf der Bochumer Bank: Frank Heinemann

Bleibt alles anders

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Vieles hat Frank Heinemann bei seinem Debüt als Cheftrainer geändert - verloren hat der VfL Bochum trotzdem. Aber rund um die Castroper Straße herrscht neue Zuversicht, die der VfL schon am Freitag in Nürnberg (ab 20 Uhr im Live-Ticker / Liga-Radio) in Punkte ummünzen will.

Herbert Grönemeyer ist ein echter Bochumer Junge. Regelmäßig spielen sie beim VfL vor dem Heimspiel seine "Bochum"-Hymne. Zurzeit allerdings passt eher ein anderes Lied des Edelfans zum Club. "Bleibt alles anders" hat Grönemeyer schon vor Jahren getextet - als hätte er in die Zukunft schauen können.

Nähe zu den Fans

Alles anders - nach der Trennung des VfL von Cheftrainer Marcel Koller ticken in Bochum einige Uhren anders. Was hat Frank Heinemann nicht alles versucht vor dem Pokalspiel gegen Schalke. 33 Jahre ist der "Ur-Bochumer" beim VfL, stand 13 Jahre als Co-Trainer treu in der zweiten Reihe. Jetzt trägt er als Interimslösung auf der Bank die Verantwortung - und die Bank hat Heinemann gleich einmal im wahrsten Sinne des Wortes gewechselt.

Auf die andere Seite ist er samt Betreuerstab und Ergänzungsspielern hinüber gewandert, näher an die eigenen Fans heran. Ein Versuch, den Schulterschluss mit den zuletzt so aufgebrachten Anhängern auch optisch neu zu vollziehen.

"Über mangelnden Einsatz kann sich niemand beschweren"

Den Liebesentzug der Fans vergessen lassen, das können aber nur die Spieler auf dem Platz. Das weiß auch Heinemann - und darum hatte er seinen Profis für das Derby vor allem Leidenschaft verordnet.

Mit Erfolg, meint Andreas Luthe: "Der kämpferische Einsatz und der Willen waren zu 110 Prozent da. Über mangelnden Einsatz kann sich niemand beschweren." Auch Heinemann war trotz der klaren 0:3-Niederlage nicht unzufrieden: "Wir haben Moral und Charakter, Laufbereitschaft und Aggressivität bewiesen!"

Letzteres nach dem Geschmack der Gäste aus Gelsenkirchen ein bisschen zu sehr. "Das war hart am Limit", befand Heiko Westermann über die rustikale Gangart der Bochumer. Fünf Mal zeigte Schiedsrichter Florian Meyer die Gelbe Karte. Heinemann aber relativiert: "Natürlich waren wir sehr giftig, aber niemals unfair. Von uns wird man nicht sehen, dass einer von hinten in die Beine grätscht."

Schulterschluss mit den Fans

Giftig, aggressiv - das kommt an beim Anhang. Trotz der Niederlage musste sich die Mannschaft diesmal kaum Pfiffe von den Rängen gefallen lassen. Rechtzeitig vor der nächsten Bewährungsprobe in der Bundesliga beim 1. FC Nürnberg glaubt Heinemann, "dass wir den Schulterschluss mit den Fans hinbekommen haben".

Und doch gilt: Alles bleibt! Denn trotz neuer Leidenschaft änderte sich am Ergebnis nichts - der VfL verlor nicht nur 0:3, sondern ließ auch spielerisch wenig Inspirierendes entdecken. Das meint auch Heinemann: "Wir waren zu hektisch und haben zu viele lange Bälle gespielt."

Lob an die Nummer 1

Dabei hatte der Trainer auch an der Personalschraube gedreht. Freier und Grote waren auf den Außenbahnen im Mittelfeld neu ins Team gerückt. Der spektakulärste Wechsel allerdings hat sich im Tor vollzogen: "Funny" Heinemann hatte gegen Schalke die bisherige Nummer 4, Andreas Luthe, als Vertreter des weiter verletzten Philipp Heerwagen zur neuen Nummer 1 befördert.

Der 22-Jährige dankte es mit einer guten Partie und wird - da hat sich sein Trainer bereits festgelegt - auch am Samstag in Nürnberg zwischen den Pfosten stehen. "Er hat Ruhe ausgestrahlt, von hinten die Abwehr gut gecoacht und ist ganz nebenbei noch ein sehr guter Torwart", lobt Heinemann seinen Newcomer, der seit acht Jahren beim VfL ist und sich nach dem Debüt symphatisch-selbstbewusst präsentierte: "Für mich ist ein Traum in Erfüllung gegangen. Und ich denke, ich habe das Vertrauen gerechtfertigt."

"Wenn wir den Einsatz mitnehmen, werden wir auch punkten"

Vieles anders, manches bleibt. Das Verletzungspech begleitet den VfL auch unter dem neuen Trainer als alte Konstante. Neben Heerwagen fielen Sestak, Ono, Bönig und Azaouagh gegen Schalke aus. Während der quirlige Offensivspieler gegen Nürnberg ins Team zurückkehren soll, plagen sich seit dem Derby jetzt zusätzlich Maltritz und Klimowicz mit Blessuren.

Wer auch immer am Freitag auflaufen kann - Heinemann will bei einem "Gegner auf Augenhöhe" einen Ertrag erzielen. Und auch die Mannschaft will sich diesmal belohnen. "Schalke war ein Anfang", meint Luthe, "wenn wir den Einsatz mitnehmen, werden wir auch punkten." Auch Antar Yahia macht seinen Mitspielern Mut: "Mit einer guten Einstellung und viel Laufbereitschaft können wir das Glück wieder auf unsere Seite zwingen!"

Oder um es noch einmal mit einer Textzeile aus Herbert Grönemeyers "Bleibt alles anders" zu sagen: "Es gibt viel zu verlieren, Du kannst nur gewinnen."

Aus Bochum berichtet Dietmar Nolte