Tomasz Waldoch prüft den Rasen des Parkstadions, in dem er bis 2001 für den FC Schalke in der Bundesliga spielte
Tomasz Waldoch prüft den Rasen des Parkstadions, in dem er bis 2001 für den FC Schalke in der Bundesliga spielte

Bewegte Geschichte

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Gelsenkirchen - Einen Abstoß entfernt von der modernen Schalker Arena stehen die Reste der alten Heimat der "Knappen". Von 1973 bis 2001 spielte der FC Schalke 04 im Gelsenkirchener Parkstadion. Hier wurden die "Eurofighter" geboren und die "Meister der Herzen" beweint. Die Rolling Stones, Michael Jackson und Papst Johannes Paul II. waren da. Sogar Borussia Dortmund trug hier ein Heimspiel aus.

Einmalige Stimmung

Am Ende der legendären Rolltreppe, die Schalkes Spieler vom Kabinenbereich bis unten ans Spielfeld brachte, war den "Königsblauen" ein lautstarker Empfang gewiss. Bis 1998 fanden 70.600 Zuschauer im Parkstadion Platz, nach dem Umbau 1998 waren es noch 62.004.



"Die Rolltreppe war ein Markenzeichen. Es war ein großartiges Gefühl herunterzufahren, unter der steilen Haupttribüne das Spielfeld zu betreten und die einmalige Stimmung zu erleben", erinnert sich Ex-KapitänTomasz Waldoch, der von 1999 bis 2006 für Schalke spielte, beim Treffen mit bundesliga.de. Sein Blick geht in Richtung der ehemaligen Nordkurve, an deren Stelle sich heute nur noch ein Grashang befindet. Dort standen einst die besonders lautstarken Anhänger.

Von den Tribünen ist nur noch die Gegengerade übrig. Zwei der ehemals vier Flutlichtmasten ragen auf der Nordseite noch als Wahrzeichen in die Höhe. Alles andere wurde Stück für Stück abgerissen, um Platz für neue Trainingsplätze (in Planung) zu schaffen, wobei sich die Arbeiten teilweise als schwierig herausstellten, da sich das alte Gemäuer hartnäckig zur Wehr setzte.

Teil des Mythos Schalke



Es war kein reines Fußballstadion, durch die Laufbahn weitläufig und größtenteils nicht überdacht. Dennoch, die einzigartige Stimmung gepaart mit der Spielweise der Schalker Mannschaft hat es zu einer Kultstätte der Fußball-Bundesliga gemacht und zu einem Teil des "Mythos Schalke".

"Wenn ich heute hier bin, habe ich immer noch die Tribünen vor Augen", sagt Waldoch und erinnert sich: "Ich hatte vor dem Spiel immer Gänsehaut und wenn meine Eltern im Stadion waren hatten sie Freudentränen in den Augen".

Meister der Herzen



Apropos Tränen. Als Mitglied der "Meister-der-Herzen-Mannschaft" von 2001 wird er den dramatischsten und traurigsten Moment, den das Parkstadion erlebt hat, nie vergessen. Es war das letzte Bundesligaspiel vor dem Umzug in die Arena.

19. Mai 2001: Knapp fünf Minuten wähnte sich der FC Schalke nach einem 5:3-Sieg gegen Unterhaching als Deutscher Meister. Nachdem die Falschmeldung über die Niederlage der Bayern beim HSV im Parkstadion die Runde machte, gab es bei den Fans vor Freude über den ersten Titel seit 1958 kein Halten mehr. Bis auf der großen Videoleinwand der Ausgleichstreffer der Bayern durch Patrik Andersson in der Nachspielzeit gezeigt wurde, der die Münchener zum Meister machte.

Tomasz Waldoch erlebt den bitteren Moment in der Kabine, da er verletzt ausgewechselt worden war. "Ein Reporter kam rein und wollte ein Meister-Interview machen, aber ich hatte ein komisches Gefühl, weil ich nicht genau wusste, ob das Bayern-Spiel zu Ende war". Der Rest ist Geschichte. "Das war unglaublich bitter, aber immerhin haben wir eine Woche später den DFB-Pokal gewonnen".

Bei den Eurofightern stand die Null



Den Grundstein für einen anderen Pokalgewinn legte der FC Schalke in der Saison 1996/97 im eigenen Stadion. In allen sechs Heimspielen des Uefa-Pokals blieb das Team von Jahrhunderttrainer Huub Stevens ohne Gegentor. In dieser Zeit entstanden die heute geflügelten Worte "die Null muss stehen", "Eurofighter" und "steht auf, wenn ihr Schalker seid".

Über Roda (mit Trainer Huub Stevens, der danach zu Schalke wechselte), Trabzonspor, Brugge, Valencia und Teneriffa erreichte das Team um Jens Lehmann, Olaf Thon, Mike Büskens, Youri Mulder und Co. das Finale gegen Inter Mailand. Im Rückspiel im Meazza-Stadion erzielte Marc Wilmots im Elfmeterschießen den entscheidenden Treffer zum größten Triumph der Vereinsgeschichte, der danach natürlich im Parkstadion gebührend gefeiert wurde.

Heimspiel für Dortmund



Hoch her ging es auch immer bei den Derbys gegen "Lieblingsfeind" Borussia Dortmund. "Spiele gegen den BVB waren immer etwas Besonderes. Da ging es immer um mehr, als in jedem anderen Bundesligaspiel. Es ging vor allem immer richtig zur Sache", so Tomasz Waldoch. Pikant: der BVB musste 1977 ein "Heimspiel" im Parkstadion austragen (gegen den 1. FC Köln), weil im Westfalenstadion ein neuer Rasen verlegt wurde. Ein historischer Fakt, den beide Vereine wohl am liebsten aus ihrer Vereinshistorie streichen würden.

Das Parkstadion erlebte drei Abstiege aus der ersten Liga (1981, 1983,1988) sowie die Aufstiege 1982, 1984 und 1991. Eingeweiht wurde es am 4. August 1973 mit einem Freundschaftsspiel gegen Feyenoord Rotterdam. Mit dem Umzug aus der alten Glückauf-Kampfbahn, in der Schalke zwischen 1934 und 1958 alle seine sieben Meistertitel gewann, verließ der Verein die Spielstätte des legendären "Schalker Kreisels".

Rolling Stones und der Papst



Das Parkstadion, in dem auch Spiele der Weltmeisterschaft 1974 sowie der Europameisterschaft 1988 stattfanden, diente auch als Leichtathletik-Stadion und Veranstaltungsstätte. Superstars wie die Rolling Stones, Michael Jackson und Pink Floyd gaben hier große Konzerte. 1987 feierte Papst Johannes Paul II. eine Messe mit 100.000 Gläubigen und wurde vom Verein zum Ehrenmitglied ernannt.

In den 90er Jahre zeichnete sich ab, dass die noch relativ junge Spielstätte den Anforderungen an ein zeitgemäßes, modernes Fußballstadion nicht mehr genügte. 2001 zogen die "Knappen" in die neue Arena um, in der übrigens auch eine Rolltreppe runter zur Spielerkabine führt.

Wehmut beim Abschied



"Ein bisschen Wehmut war schon dabei. Am alten Stadion hingen viele Erinnerungen, aber die Arena ist auch fantastisch", sagt Waldoch, der das Glück hat, als Trainer der Schalker U-14-Mannschaft jeden Tag einen Blick auf das zu werfen, was vom Parkstadion übrig ist, um in Erinnerungen zu schwelgen.

So wie die vielen Fans, die regelmäßig an die alte Kultstätte zurückkehren, um noch einmal den Hauch der bewegten Geschichte ihrer legendären "Schüssel" zu spüren.

Markus Hoffmann


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