Eigentlich herrscht gute Stimmung in Leverkusen und bei Bayer-Trainer Sami Hyypiä, eigentlich, denn...
Eigentlich herrscht gute Stimmung in Leverkusen und bei Bayer-Trainer Sami Hyypiä, eigentlich, denn...

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Leverkusen - Wie schon im Vorjahr beendet Bayer 04 Leverkusen die Hinrunde auf einem herausragenden 2. Platz. Die Rheinländer spielten dabei etwas weniger spektakulär als in den letzten Jahren, dafür punkteten sie konstanter als zuvor. Eine "Ergebnismaschine" nannte der Dortmunder Trainer Jürgen Klopp den Konkurrenten um die Champions-League-Plätze ehrfurchtsvoll. Erst zum Ende der Hinrunde geriet diese Maschine etwas ins Stocken.

Tanz auf drei Hochzeiten - auch nach dem Winter

Während fast alle Fachleute immer vom großen Zweikampf zwischen Bayern und Borussia Dortmund schwadronierten und "spanische Verhältnisse" mit einem auf Jahre hinaus eher langweiligen Zweikampf der beiden vermeintlich besten Teams befürchteten, mischt Bayer Leverkusen wieder einmal die Bundesliga auf.

Im letzten Halbjahr glänzte die Werkself nicht nur gegen den Rest der Liga sondern auch vor allem in den direkten Duellen mit den Topteams. Bayer 04 gewann verdient in Dortmund und Berlin (jeweils mit 1:0) und schlug im eigenen Stadion auch Mönchengladbach (4:2) und Wolfsburg (3:1). Außerdem gelang es nur Leverkusen - wenn auch sehr schmeichelhaft - und dem SC Freiburg dem übermächtigen FC Bayern beim 1:1-Unentschieden in der BayArena einen Punkt abzuluchsen. Macht 13 von 15 möglichen Punkten gegen die Vereine der Top 6.

Darüber hinaus überwintert der Tabellen-Zweite zum ersten Mal seit elf Jahren auch in der Champions League und im DFB-Pokal. In der Königsklasse erwischten die Rheinländer mit Paris St. Germain das vermeintlich leichteste noch mögliche Los, auch wenn der Gegner immer noch als sehr stark einzuschätzen ist. Und im DFB-Pokal tritt Bayer 04 im Februar daheim gegen den letzten verbliebenen Zweitligisten (1. FC Kaiserslautern) an.

Lob für ruhiges Umfeld

Viel besser konnte die Bilanz der letzten sechs Monate nicht ausfallen. Kein Wunder also, dass Rudi Völler von einer "tollen Hinrunde" sprach. Auch der frühere Bayer-Kapitän Jens Nowotny lobte die Truppe im Interview mit bundesliga.de: "Die Mannschaft ist gefestigt. Sie bringt gute Leistungen auf einem hohen Niveau." Als Erfolgsgaranten machte Nowotny vor allem Trainer Sami Hyypiä aus.

"Er bringt seine Philosophie ein, er führt die Mannschaft wirklich als Menschenkenner. Es passt einfach", meint Nowotny, für den auch die Ruhe im Verein zu den großen Pluspunkten von Bayer Leverkusen zählt. So blieb es im Club auch nach der heftigen 0:5-Packung in der Champions League gegen Manchester United ruhig.

"Es gab in den folgenden drei, vier Tagen kein Theater mehr. Es wurde einmal angesprochen, danach war Ruhe. Die Mannschaft konnte sich auf die tägliche Arbeit konzentrieren." Das macht sie sehr gut. In den 26 Pflichtspielen der Hinrunde gab es nur sechs Niederlagen. Und nach den ersten fünf Niederlagen antwortete Bayer 04 stets mit einem Sieg im nächsten Spiel.

Blick nach hinten, nicht nach vorne

Nur in der letzten Partie des Jahres klappte das nicht mehr, in Bremen riss diese Serie. So geht Leverkusen mit dem kleinen Makel von zwei Niederlagen in Folge in die Winterpause. Da sich aber auch Borussia Dortmund nicht viel geschickter anstellte, blieb der Vorsprung auf den BVB von fünf Punkten bestehen. Mönchengladbach liegt vier Zähler hinter Hyypiäs Team.

Bayer Leverkusen wird die Rückrunde von Platz 2 aus mit einem Auswärtsspiel in Freiburg beginnen. Vor den Werkskickern rangiert nur der FC Bayern. Als Verfolger des Rekordmeisters sehen sie sich allerdings nicht. Selbst mit Borussia Dortmund sehen sich viele im Verein nicht auf gleicher Höhe.

Vielmehr gilt in Leverkusen traditionell der Blick den Teams, die hinter der Werkself angesiedelt sind. Wolfsburg, Schalke und Mönchengladbach werden als die Hauptkonkurrenten ernst genommen. Leverkusens Anspruch ist der internationale Wettbewerb, am besten die Champions League. Unter dieser Prämisse wurde die Mannschaft vor der Saison verstärkt.

Son und Sam trumpfen auf

Bei diesen Sommertransfers hat die sportliche Leitung wieder einmal ein glückliches Händchen bewiesen. Der Abgang von Andre Schürrle konnte problemlos kompensiert werden. Heung Min Son schlug mit bislang sieben Toren sehr gut ein. Gleiches gilt für Supertalent Emre Can, der von Bayern München fürs Mittelfeld geholt wurde. Auch Rechtsverteidiger Giulio Donati und Routinier Emir Spahic konnten überzeugen.

Besonders erfreulich war zudem die Entwicklung von Sidney Sam, der bis zu seiner Verletzung am 13. Spieltag in Berlin in der Form seines Lebens auftrumpfte und mit sieben Tore und fünf Assists großen Anteil am Höhenflug hatte. Auch Kapitän Simon Rolfes, der in den ersten Wochen häufiger als ihm lieb war, auf der Ersatzbank Platz nehmen musste, hat sich wieder zurückgemeldet und sich unangefochten seinen Stammplatz zurückerobert.

Rolfes spielt eine auffälligere Hinrunde als Lars Bender, der in der letzten Saison zum heimlichen Leader aufgestiegen war, und derzeit in seinen Leistungen - allerdings auf einem nach wie vor bemerkenswert hohem Niveau - etwas stagniert. Das gilt auch für Torjäger Stefan Kießling, der erneut zuverlässig traf (neun Tore und vier Assists in der Bundesliga), zuletzt aber wie die ganze Mannschaft etwas überspielt wirkte. In der Winterpause gilt es nun, die Akkus wieder aufzuladen. Dann ist mit Bayer 04 auch im Jahr 2014 wieder zu rechnen.

 Tobias Gonscherowski

TOPS

    Die erfolgreichsten Angreifer der Liga: Die Stürmer von Leverkusen erzielten die meisten Tore ligaweit (25).

    Die Defensive steht: Nur die Bayern kassierten weniger Gegentore (acht) als Leverkusen (16).

    Die erfolgreichste Kontermannschaft der Liga: Leverkusen erzielte die meisten Kontertore (elf).

    Vor der Pause bärenstark: Leverkusen traf von allen Teams am häufigsten in der ersten Spielhälfte (18 Mal).

    Zweikampfstark: Bayer gewann starke 52,5 Prozent der Zweikämpfe - nur Bayern und Wolfsburg haben bessere Quoten.

FLOPS

    Extrem harmlose Mittelfeldspieler: Keine andere Mittelfeldreihe traf so selten wie die von Leverkusen (sechs Tore).

    Von der Bank kam nichts: Für kein Team trafen die Einwechselspieler seltener als für Leverkusen - nämlich gar nicht.

    Viele Ecken zugelassen: Gegen Bayer gab es 98 Ecken – nur gegen drei Teams mehr.

    Sehr viele Flanken zugelassen: Leverkusen ist das Team, das die Gegner am häufigsten zum Flanken kommen ließ (325 Mal).

    Am Ende ging die Luft aus: Bayer verlor die letzten beiden Spiele (0:1 gegen Frankfurt und 0:1 in Bremen) – hier gab es genau so viele Niederlagen wie an den ersten 15 Spieltagen (0:2 in Schalke und 0:1 in Braunschweig).