Amtsantritt in der Allianz Arena: Der FC Bayern München hat Pep Guardiola am Montagmittag vor knapp 250 Pressevertretern als neuen Trainer vorgestellt
Amtsantritt in der Allianz Arena: Der FC Bayern München hat Pep Guardiola am Montagmittag vor knapp 250 Pressevertretern als neuen Trainer vorgestellt

Bescheidener Guardiola: "Bayern ist ein Geschenk"

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München - Beim FC Bayern München ist man eigentlich daran gewöhnt, dass das Medieninteresse gelegentlich etwas größer ausfällt als anderswo. Dennoch dürfte die Präsentation von Pep Guardiola am Montagmittag auch hier neue Maßstäbe gesetzt haben. Nicht umsonst sprach Mediendirektor Markus Hörwick im Vorfeld schon von der "größten Pressekonferenz der Vereinsgeschichte": An die 250 Journalisten aus elf Nationen und etwa zwei Dutzend Kamerateams hatten sich in den Katakomben der Allianz Arena versammelt, um den neuen Trainer des Triple-Siegers zu empfangen.

Guardiola bleibt bescheiden

Um exakt 12:05 Uhr war es dann endlich soweit. Flankiert von FCB-Präsident Uli Hoeneß, Sport-Vorstand Matthias Sammer und Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge bestieg der Spanier das Podium und begrüßte das Publikum in überraschend klarem Deutsch. "Guten Tag, Grüß Gott, meine Damen und Herren", sagte Guardiola und schob schmunzelnd nach: "Verzeihen Sie mir mein Deutsch. Ich habe es ein Jahr in New York gelernt - und das ist nicht der optimale Ort, um Deutsch zu lernen. Ich hoffe, dass ich hier in der nächsten Zeit meine Deutschkenntnisse verbessere." (zum Guardiola-Ticker)



Das machte Eindruck - das Eis war schnell gebrochen. Knapp eine Stunde widmete sich der Familienvater, der im dezenten grauen Anzug mit dunkelroter Krawatte erschienen war, mit großer Aufmerksamkeit den Fragen der Reporterschar und schaltete dabei immer wieder spielend zwischen Deutsch, Spanisch und Italienisch um. "Man hat heute wieder mal gesehen, was für ein fleißiger Mensch er ist. Er war ein Jahr in New York, aber er ist dort nicht nur mit seinen Kindern durch den Central Park spaziert oder ins Museum gegangen. Er hat Deutsch gelernt und sich die Bundesliga angeschaut. Sein Deutsch war schon sehr beeindruckend. Entscheidend wird dennoch die Qualität des Fußballs sein. Er tritt ein schweres Erbe an, aber ich glaube, er wird sich hier sehr gut schlagen", zeigte sich Henry Winter von der englischen Tageszeitung "Daily Telegraph" danach gegenüber bundesliga.de sichtlich beeindruckt.

Gerade weil Guardiola, für den nach vier Jahren als Chefcoach des FC Barcelona sage und schreibe 14 Titel zu Buche standen, nicht nur vor Charisma sprühte, sondern sich als Gentleman von Welt auch in Bescheidenheit übte: "Das ist ein Geschenk, ein Glück, hier zu sein. Auch, dass Bayern München überhaupt an mich gedacht hat", gab der Olympiasieger von 1992 im gleißenden Scheinwerferlicht zu Protokoll und geriet dabei geradezu ins Schwärmen: "Es gibt wenige, wenige Vereine in der Welt, die so speziell sind. Bayern ist einer dieser Vereine. Wenn Bayern Dich ruft, ist das eine Riesenehre für mich. Deshalb bin ich hier."

"Das System ist egal"



Wenngleich sich seine neuen Vorgesetzten mit sportlichen Vorgaben noch durchweg zurückhielten und eher den Wohlfühlfaktor betonten, weiß der 42-Jährige natürlich, dass er beim Rekordmeister vor einer echten Herkulesaufgabe steht - und zollte seinem Vorgänger Jupp Heynckes entsprechenden Respekt: "Er hatte eine außergewöhnliche Trainerkarriere. Es ist eine große Ehre, sein Nachfolger zu sein. Ich hoffe, dass ich dieses Niveau halten kann."

Viel verändern will er dabei erst einmal nicht. "Es wäre arrogant zu sagen, wir werden jetzt eine neue Ära einleiten", stellte Guardiola sogleich klar. Die Mannschaft habe in der vergangenen Saison "außergewöhnlich gespielt", deshalb gehe es nun nicht darum "einfach Dinge zu ändern, nur um etwas zu verändern". Der einstige Mittelfeldstratege will sein neues Team stattdessen erst ganz genau kennenlernen, um dann kontinuierlich am Feintuning zu arbeiten - und keine Taktikdogmen aufstellen: "Das System ist egal. Ich muss mich an unsere Spieler anpassen. Fußball gehorcht den Spielern, nicht dem Trainer."

Schweres Erbe und hohe Erwartungen



Der Sohn eines Maurers aus dem katalanischen Dorf Santpedor kennt sein Handwerk und weiß, worauf es ankommt. Trotzdem ist das schier allgegenwärtige Triple längst die Marke, an der sich Guardiola ab sofort messen lassen muss. Die Erwartungshaltungen sind beachtlich, auch bei den internationalen Experten. "Ich glaube, dass Guardiola vor einer schweren Aufgabe steht. Der FC Bayern hat in der vergangenen Saison eine tolle Leistung gezeigt, deshalb steht er unter großem Druck", meinte Faisal Saleh, Korrespondent der Tageszeitung "Alsharq" aus Katar.

Der enorme Druck ist allerdings ein Berufsrisiko, das Guardiola schon aus Barcelona zur Genüge kennt und mit dem er nach eigenem Bekunden durchaus umgehen kann. "Ich muss damit leben. Als Trainer hast du immer großen Druck, ich bin mir dessen bewusst. Ich nehme diese Riesenherausforderung ohne Probleme an. Deshalb bin ich Trainer." Sein Vertrauen gilt dabei einem kleinen, aber erfahrenen Stab - bloß vier neue Mitarbeiter bringt er mit an die Säbener Straße, das genügt ihm. "Die Struktur beim FC Bayern ist schon sehr stark. Sie haben sehr viele Profis an den richtigen Stellen."

Schritt für Schritt zum Erfolg



In der Tat könnten die alltäglichen Rahmenbedingungen an der Isar kaum besser sein, vom Trainingsgelände über das Nachwuchszentrum bis zum Mannschaftsbus. In seiner Heimat ist man sich daher sicher, dass die Geschichte des von Haus aus akribisch arbeitenden Katalanen Guardiola in Deutschland um einige erfolgreiche Kapitel länger wird.

"Wir waren sehr überrascht, wie gut Pep Guardiola schon Deutsch spricht. Wir hätten nicht gedacht, dass er sich schon so gut ausdrücken kann. Wenn er es schafft, den Spielern seine Philosophie näherzubringen, wird er hier sehr erfolgreich sein und viele Titel gewinnen. Und auch die Bundesliga wird daran wachsen", war Jordi Borda von "Radio Catalunya" überzeugt.

Guardiola, der einen Drei-Jahres-Vertrag unterschrieben hat, will die Sache mit viel Geduld angehen, auch die kleinen Dinge beobachten und das neue Team Schritt für Schritt besser machen - dafür braucht es bei einem Verein mit einer derartigen Trophäensammlung keine Palastrevolution, dafür aber eine klare Philosophie: "Ich liebe es anzugreifen, das ist meine Idee vom Fußball."

Aus München berichtet Stefan Missy