Markus Miller absolvierte bisher 61 Bundesligaspiele, alle für den Karlsruher SC
Markus Miller absolvierte bisher 61 Bundesligaspiele, alle für den Karlsruher SC

Bekenntnis von 96-Keeper Miller: Mentale Erschöpfung

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Hannover - Mit einem bemerkenswerten Bekenntnis wendet sich Torhüter Markus Miller von Hannover 96 an die Öffentlichkeit: "Ich habe mich dazu entschlossen, meinen Club, unsere Fans und die Medien über meine Erkrankung zu informieren. Wegen meiner mentalen Erschöpfung werde ich mich ab sofort stationär behandeln lassen", sagte der 29-jährige Familienvater, der seit Sommer 2010 bei Hannover 96 unter Vertrag steht.

In höchst beachtlicher Offenheit gibt der langjährige Fußballprofi, der vom Karlsruher SC zu 96 wechselte, seine Erfahrungen preis und berichtet, wie es ihm ergangen ist und warum er sich nun stationär behandeln lässt: "Seit meiner Profizeit als Torhüter arbeite ich mit Hochdruck daran, engagiert und immer mit vollem Einsatz, meine Leistungen auszubauen, zu optimieren und auf höchstem Niveau zu halten, um sie in den Dienst der Mannschaft und des Clubs zu stellen. Seit einiger Zeit habe ich immer seltener das Gefühl, dass ich der Mannschaft wirklich helfe oder etwas Wesentliches bewirke. Dabei erlebte ich zunehmenden, großen inneren Druck und Anspannungen, die mich begannen zu blockieren."

Aktiv um Hilfe bemüht

Miller hat sich in einer für ihn höchst schwierigen und unbekannten Situation aktiv um Hilfe bemüht. Unterstützung erhält der Torhüter von Martin Braun, der in Gelsenkirchen als ambulanter Psychologe, Arzt und Psychotherapeut praktiziert sowie als Coach und Mentaltrainer im Spitzensport tätig ist.

"Ich arbeite gemeinsam mit Martin Braun bereits erfolgreich an Lösungen. Um blockierende Ursachen und Symptome noch nachhaltiger bearbeiten zu können, als das ambulant möglich ist, habe ich mich in enger Absprache mit meinem Therapeuten dazu entschlossen, stationär an mir zu arbeiten", sagt Miller.

"Jeder Mensch kann Gefahr laufen"

Braun kann auf eine langjährige Praxis-Erfahrung zurückgreifen. Er erklärt, wie mentale Erschöpfung bei einem Hochleistungssportler auftreten können: "Jeder Mensch, der sich tagtäglich mit höchstem Ehrgeiz, starker Motivation verbunden mit hohem inneren Druck, großem Pflichtbewusstsein seinem Team gegenüber voll und uneingeschränkt für gute Arbeitsresultate einsetzt, so wie Markus Miller, also oberflächlich betrachtet sich eigentlich vorbildlich als Fußballprofi verhält, kann Gefahr laufen, Symptome eines beginnenden Burnouts sowie mentaler und körperlicher Erschöpfung und weitere Reaktionen zu entwickeln.

Sehr häufig reicht ein spezielles Sportcoaching mit Elementen aus dem Mentaltraining aus, Blockaden zu lösen. Sind individuell spezifische Blockadeursachen und -symptome stärker einschränkend wirkend, ist eine psychotherapeutische Behandlung der effektiv richtige Weg für positive Lösungen."

Positive Behandlungsprognose bei Miller

Therapeut und Patient haben gemeinsam in vielen Gesprächen den Lösungsansatz entwickelt, um Miller zu helfen und seine mentale Erschöpfung bzw. den beginnenden Burnout dauerhaft zu heilen.

"Zunächst die ambulante und nun die stationäre psychotherapeutische Behandlung helfen Markus Miller effektiv dabei, gesündere und positivere Umgehensweisen mit sich selber zu erarbeiten, um damit symptomfrei und blockadefrei immer noch ein vorbildlicher Fußballprofi mit derselben, vielleicht mit noch größerer Stärke zu sein.

Bei solch einer psychotherapeutischen Behandlung der Ursachen und Symptome steht eine ganz individuelle Veränderungsarbeit im Vordergrund", erklärt Braun. "Es geht unter anderem darum, eigene Stärken, Kompetenzen, Ressourcen im psychischen Umgehen mit zum Beispiel Anforderungen oder einschränkenden gefühlten Anforderungen intensiv positiv modifiziert und dadurch gesund auszurichten. Bei Markus Miller ist von einer deutlich positiven Behandlungsprognose auszugehen."

Stationärer Privatklinikaufenthalt

Miller wurde bereits in einer Privatklinik stationär aufgenommen und wird dort von ausgewiesenen, erfahrenen Experten auf dem Gebiet der Psychologie und Psychotherapie umfassend behandelt. Er wird Hannover 96 auf ungewisse Zeit nicht zur Verfügung stehen, seine stationäre Behandlung ist zunächst für mehrere Wochen vorgesehen.

"Dieser Schritt ist ein großes Zeichen von Mut. Er hat in einem Club, der ein furchtbares Erlebnis mit einem persönlichen Schicksal durchgemacht hat, bewusst den Gang an die Öffentlichkeit gewählt und klare Fakten geschaffen. Sein Entschluss verdient allerhöchsten Respekt", erklärt 96-Geschäftsführer Martin Kind.

Volle Unterstützung des Clubs

Nicht zuletzt aufgrund der Erfahrungen, die Hannover 96 vor knapp zwei Jahren im Zuge der Tragödie um Robert Enke gemacht hat, erhält Markus Miller die volle Unterstützung des gesamten Clubs, also von den Verantwortlichen sowie Mannschaft und Trainer.

"Wir stärken und schützen ihn, weil er sich mit aller Offenheit seinen psychischen Schwierigkeiten stellt, die unverändert in unserer Gesellschaft als Tabu-Thema behandelt werden. Oberste Priorität hat für uns alle, dass Markus Miller von seinen Ärzten erfolgreich behandelt werden kann", sagt Jörg Schmadtke, 96-Geschäftsführer Sport. "Er hat uns als Verantwortliche frühzeitig informiert. Ich empfinde das als Zeichen von Stärke, und natürlich bekommt Markus von uns jede Unterstützung, die möglich ist."

Slomka frühzeitig informiert

96-Trainer Mirko Slomka arbeitet nahezu täglich und sehr intensiv mit den Spielern seines Kaders - also auch mit Markus Miller. "Markus hat mich frühzeitig ins Vertrauen gezogen und umfassend informiert", sagt Slomka.

"Wie er seine Situation angenommen hat, sich aktiv um Hilfe bemüht hat und für sich selbst die Entscheidung getroffen hat, die Öffentlichkeit in Kenntnis zu setzen, ist imponierend", erklärt Slomka weiter. "Ich traue Markus absolut zu, diese Behandlung für sich zu nutzen und gestärkt sowie mit neuer Zielsetzung seine Karriere als Fußballprofi erfolgreich fortzusetzen."