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Steffen Freund ist Co-Trainer bei Tottenham Hotspur und kennt die englische Premier League bestens (© Imago)
Steffen Freund ist Co-Trainer bei Tottenham Hotspur und kennt die englische Premier League bestens (© Imago)

"Bei Chelsea bleibt einem die Luft weg"

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München - Er kennt sowohl den BVB als auch Schalke und besonders die englische Liga wie kaum ein Zweiter: Steffen Freund. Mit Dortmund holte er die Champions League und zwei Meistertitel, als Schalker begann einst seine Bundesliga-Karriere. Fünf Saisons lang spielte er danach beim Premier-League-Club Tottenham Hotspur, wo er seit 2012 Co-Trainer von Andre Villas-Boas ist.

Für bundesliga.de blickt Freund auf die kommenden deutsch-englischen Duelle voraus: Der BVB muss zu Tottenhams Stadtrivalen und Tabellenführer Arsenal London, während Schalke mit dem FC Chelsea einen weiteren Londoner Club empfängt (Dienstag, ab 20:30 Uhr im Live-Ticker). Freund, der 1996 mit Deutschland in Wembley Europameister wurde, spricht über die Stärken der englischen Top-Clubs und nennt seine Favoriten in den beiden Partien.

bundesliga.de: Herr Freund, beim Duell zwischen Dortmund und Arsenal treffen zwei formstarke Teams aufeinander. Arsenal führt die Tabelle in England an, der BVB ist Zweiter hinter den Bayern. Wem würden sie die Favoritenrolle eher zuschieben?

Steffen Freund: Das ist wirklich schwer zu beantworten. Beide Mannschaften hatten einen sehr guten Start in die Saison. Bei Arsenal wurde nach der Niederlage im ersten Spiel gegen Aston Villa viel kritisiert: "Warum gab es keine Neuverpflichtungen?" "Arsenal ist seit Jahren auf der Stelle getreten." Danach hat die Mannschaft gezeigt, dass sie nach wie vor zu den Top-Vereinen der Premier League gehört und international hat sie ohnehin immer eine gute Rolle gespielt.

bundesliga.de: Welchen Einfluss hat der Transfer von Mesut Özil auf Arsenals Selbstverständnis?

Freund: Arsenal hat natürlich mit der späten Verpflichtung von Özil, dem besten Asisstgeber Europas, nochmal einen draufgesetzt. Das ist eine entscheidende Verstärkung, auch für die Zukunft. Spieler wie Özil machen eben den Unterschied aus. Man will endlich wieder Titel gewinnen beim FC Arsenal und jetzt empfängt man Dortmund, den Finalisten der Champions League. Das ist eine große Chance, ein internationales Zeichen zu setzen.

bundesliga.de: Mit Özil, Mertesacker, Podolski und auch Gnabry sind gleich vier Deutsche im Team der Gunners. Wie sehen Sie die Blockbildung bei Arsenal?

Freund: Sie haben ja mit Zelalem noch ein weiteres deutsches Talent in ihren Reihen. Deutsche Spieler tun der Premier League allgemein gut. Das Spiel ist körperbetonter, schneller, aber es wird grundsätzlich auch sehr viel Fußball gespielt. Dem deutschen Fußball jedenfalls tut es gut.

bundesliga.de: Wo liegen die großen Stärken von Arsenal? Wo muss Dortmund besonders aufpassen?

Freund: Wir haben gegen Arsenal gespielt und haben unglücklich 1:0 verloren. Ganz klar ist das zentrale Mittelfeld hervorzuheben, obwohl da Özil noch nicht mal dabei war. Mit Wilshere, Cazorla, Arteta, und Ramsey, der einen unglaublichen Schritt nach vorne gemacht hat und als defensiver Mittelfeldspieler unglaublich torgefährlich ist, haben sie Spieler, die eine Partie jederzeit auch über das Zentrum entscheiden können. Dortmund muss unbedingt im zentralen defensiven Mittelfeld sehr kompakt und stark stehen.

bundesliga.de: Denken Sie, dass Arsenal zuhause das Spiel macht und Dortmund eher abwartend agiert?

Freund: Das glaube ich nicht, da die Borussia für hohes Pressing steht. Es ist nicht Dortmunds Philosophie, sich zurückzuziehen. Mit unheimlich viel Laufbereitschaft stört der BVB den Gegner früh und versucht, den Ball auch schnell zu gewinnen. Der Platz bei Arsenal ist allerdings sehr groß. Es ist sehr kräfteaufreibend, dort über neunzig Minuten zu pressen. Es wird ein Spiel auf höchstem technischen und taktischen Niveau. Arsenal hat 60.000 Zuschauern im Rücken, aber Dortmund ist auch eine Mannschaft, die gefestigt ist, die auch auswärts überzeugen kann. Man hat in Neapel das erste Spiel verloren, aber dem BVB traue ich trotzdem zu, in London etwas zu reißen.

bundesliga.de: Es findet ja noch ein weiteres Duell zwischen einem deutschen und einem Londoner Club statt. Schalke empfängt Chelsea. Die Schalker haben in der Champions League bereits zweimal gewonnen. Chelsea hat erst drei Punkte auf dem Konto. Wen schätzen Sie stärker ein?

Freund: Auch das ist schwierig vorauszusagen. Ich habe das Spiel des FC Chelsea gegen Basel gesehen. Dort haben die Blues nicht unverdient verloren, aber sie haben sofort mit dem hohen Sieg bei Steaua Bukarest zurückgeschlagen. Chelsea ist auf dem aufstrebenden Ast, genau wie Schalke. Schalke hat sich jetzt in der Liga gefangen, ist schon Fünfter und hat Anschluss an die Champions-League-Plätze. Chelsea ist der Favorit in diesem Spiel, weil es unglaublich viel internationale Klasse hat. Die Londoner haben die Europa League gewonnen, man hat auch im Europäischen Supercup gesehen, wie nah Chelsea an Bayern München dran ist. Wenn man den Kader durchgeht und sieht, wen sie noch alles auf der Bank haben, dann denke ich, dass Mourinho auch rotieren wird, weil es da keine großen Unterschiede gibt. Was die Qualität und die internationale Erfahrung angeht, sind sie Schalke schon noch einen großen Schritt voraus.

bundesliga.de: Ist es gut für Schalke, dass Chelsea durch die Niederlage gegen Basel unter Druck steht?

Freund: Wenn eine Mannschaft mit diesem Druck umgehen kann, dann ist das doch Chelsea. Nach dem Weggang von Mourinho war viel Bewegung im Club und man hat mehrere verschiedene Trainer dort gehabt. Jetzt ist Mourinho zurück und man ist schon wieder Zweiter in der Liga.

bundesliga.de: Wie wird Mourinhos Arbeit in England bewertet?

Freund: Grundsätzlich gut, weil er auch klug reagiert hat nach den Niederlagen gegen Basel und gegen Everton, die auch noch sehr unglücklich zustande kamen. Man hat in Manchester und bei Tottenham unentschieden gespielt. Das sind wichtige Auswärtspunkte, die helfen und man hat dann auch in der Champions League sofort gegen Steaua zurückgeschlagen. Ich glaube, dass die Entwicklung für Chelsea schon sehr positiv in den letzten Wochen war.

bundesliga.de: Wo sehen Sie die Stärken von Chelsea?

Freund: Vor allem die individuelle Klasse. Wenn ich im Mittelfeld nur einmal Schürrle, Oscar, Hazard und Mata nenne, dann bleibt einem ja fast schon die Luft weg und dann spielen im Sturm noch Torres, Ba und Eto'o. Das sind so viele Spieler, die ein Spiel entscheiden können. Ganz zu schweigen von Lampard oder Ramires, die durch ihre Agressivität und ihre körperliche Präsenz einem Spiel den Stempel aufdrücken können. Chelsea ist so stark besetzt, dass sie jede Konstellation im Spiel meistern können. Da muss auch Schalke aufpassen. Schalke wird möglicherweise im Spiel drin sein und auch mithalten können, wird auch Chancen kreieren können und dann ist es wichtig, dass man diese auch nutzt. Chelsea wird nicht viele Chancen brauchen, um zum Torerfolg zu kommen. Besonders stark ist Chelsea außerdem im Umschalten nach Ballgewinn!

bundesliga.de: Schürrle war zuletzt in der Nationalelf der überragende Mann. Wie ist sein Standing auf der Insel?

Freund: Sehr positiv. Wenn man aus einer anderen Liga in die Premier League wechselt, dann hat man normalerweise immer Anpassungsprobleme, weil es einfach eine Liga ist, die auf höchstem Niveau spielt und in Sachen Fitness jedem Spieler alles abverlangt. Schürrle hat schon gute Spiele für Chelsea gemacht, aber wenn man zu Chelsea wechselt, dann muss man täglich um seinen Platz kämpfen. Sein Können reicht aber definitiv aus, um sich dort durchzusetzen.

Das Gespräch führte Christoph Gschoßmann