Der Lehrer: Emir Spahic (r. gegen Barcelonas Cesc Fabregas) kommt für zwei Jahre vom FC Sevilla zur "Werkself". Der 32 Jahre alte Verteidiger war zuletzt an Anzhi Makhachkala ausgeliehen und bringt internationale Erfahrung mit
Der Lehrer: Emir Spahic (r. gegen Barcelonas Cesc Fabregas) kommt für zwei Jahre vom FC Sevilla zur "Werkself". Der 32 Jahre alte Verteidiger war zuletzt an Anzhi Makhachkala ausgeliehen und bringt internationale Erfahrung mit

Bayers Schulsystem: "Schüler" Stafylidis trifft "Lehrer" Spahic

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Leverkusen - Die Rückkehr Daniel Carvajals zu Real Madrid hatte bei Bayer Leverkusen eine große Lücke hinterlassen, die Giulio Donati schließen soll. Doch der italienische U-21-Nationalspieler ist nicht der einzige Defensive, den die "Werkself" verpflichtet hat. Mit dem jungen Konstantinos Stafylidis und dem erfahrenen Emir Spahic verstärken sich die Leverkusener besonders in der Breite und richten mit dem "Schüler-Lehrer-Gespann" das Hauptaugenmerk weiter gezielt auf eine gesunde Mischung aus Perspektive und Erfahrung.

Griechische Abwehrkünste überzeugen

In Sachen Perspektivspieler haben die Bayer-Verantwortlichen in der Vergangenheit schon häufiger ein glückliches Händchen bewiesen. Nun soll der 19 Jahre alte Linksverteidiger Konstantinos Stafylidis diese gute Tradition fortsetzen. Der griechische U-20-Nationalspieler darf sich bei Leverkusen entwickeln und wird dem Team mittelfristig weiterhelfen.

Der eigentliche Transfer selbst wurde schon im Vorjahr abgewickelt. Stafylidis blieb aber noch ein weiteres Jahr beim griechischen Erstligisten PAOK Saloniki, um Spielpraxis zu sammeln. Das Defensiv-Talent kam in der Super League und in den Play-offs in 21 Spielen zum Einsatz und traf dabei ein Mal, war aber auch neunmal nur Joker.



Mit griechischen Abwehrspielern hat die Bundesliga zuletzt positive Erfahrungen gemacht. Der Neu-Dortmunder Sokratis und der Schalker Kyriakos Papadopoulos warteten mit konstant starken Leistungen auf. Letzteren bremste allerdings eine hartnäckige Knieverletzung in seiner Entwicklung. Geht es nach den Leverkusenern, soll Stafylidis auf Sicht ähnliche Eindrücke in der Bundesliga hinterlassen.

Erste internationale Erfahrung hat er bereits gesammelt. In der Saison 2011/12 kam er für PAOK Saloniki drei Mal in der Europa League zum Einsatz. Bei seinem Debüt am 30. November 2011 sah er in Tottenham allerdings gleich die Rote Karte. Bei der U-19-EM 2012 in Estland kam er mit Griechenland bis ins Finale, dort verloren die Hellenen gegen Spanien mit 0:1. Bei der U-20-WM in der Türkei lief es nicht ganz so gut. Das Aus ereilte die Griechen bereits im Achtelfinale mit 1:3 gegen Usbekistan. Für Stafylidis war es ein schwacher Trost, dass er per Elfmeter den einzigen Treffer seiner Mannschaft markierte.

Ein Routinier mit Stammspieler-Qualitäten



Ein Lehrmeister für Stafylidis könnte Neuzugang Emir Spahic sein. Der 32 Jahre alte Bosnier ist ein "fertiger" Spieler und flexibel einsetzbar. An seine bisherigen Auftritte vor deutschem Publikum dürfte er sich aber nur ungern erinnern. Denn er verursachte im Juni 2010 bei der 1:3-Niederlage seiner Landesauswahl gegen die DFB-Auswahl einen Foulelfmeter, den Bastian Schweinsteiger zum 3:1-Endstand verwandelte. Mit dem FC Sevilla unterlag Spahic in den Europa-League-Playoffs 2011/12 bei Hannover 96 mit 1:2. In Diensten von Anzhi Makhachkala durfte er bei seiner persönlichen "Revanche" bei 96 in ersten K.o.-Runde der Europa League der Vorsaison nicht mitwirken.

In der angelaufenen Saison stand Spahic, der in der Innenverteidigung zuhause ist, aber auch als Rechtsverteidiger oder im defensiven Mittelfeld spielen kann, in 22 Spielen für Sevilla und ab Februar 2013 in sieben Partien für das Starensemble von Anzhi in der Startformation. Ein Kritikpunkt an der Spielweise des Kapitäns der bosnischen Nationalmannschaft lässt sich bei all der Erfahrung dennoch ausmachen: Spahic ist ein Raubein. In 29 Ligaspielen sah er in der vergangenen Spielzeit satte 14 gelbe Karten.

Privatlehrer für junge Talente



Für Leverkusen könnte der Transfer allerdings zur richtigen Zeit kommen. Spahic erlebt seinen zweiten Frühling und steht kurz davor, den größten Erfolg seiner Karriere zu feiern. Mit Bosnien ist er momentan auf WM-Kurs, das Team führt die Gruppe G mit 16 Punkten an. Es wäre die erste Endrunden-Teilnahme bei einem großen Turnier. Spahic selbst stand in der Qualifikation für Brasilien in allen sechs Partien jeweils über 90 Minuten auf dem Platz. In der WM-Saison wird der Bosnier also aller Vorausicht nach mit einer ordentlichen Portion Extra-Motivation zu Werke gehen.

Selbst wenn Spahic bei Bayer wohl keine Startelf-Garantie haben dürfte - Ömer Toprak und Philipp Wollscheidt sind in der Innenverteidigung starke Konkurrenten - können junge Spieler wie Stafylidis stark von seiner Erfahrung profitieren. Einen ähnlichen Effekt könnte der neue Ersatztorwart Andres Palop, 39 Jahre alter Routinier mit über 300 Einsätzen in der spanischen Primera Division, auf die etatmäßige Nummer Eins Bernd Leno haben.

Ob und wie diese "Lehrer-Schüler-Gespanne" funktionieren, wird eine spannende Frage. Die Neulinge geben dem Kader jedenfalls die nötige Tiefe und Erfahrung, was bei der kommenden Dreifach-Belastung aus Champions League, Liga und Pokal von Vorteil sein dürfte.

Thomas Aigner