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Sami Hyppiä (l.) hatte gegen den Doppel-Torschützen Kevin Kuranyi einen schweren Stand
Sami Hyppiä (l.) hatte gegen den Doppel-Torschützen Kevin Kuranyi einen schweren Stand

Bayers Kampf gegen das Verlierer-Image

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Große Enttäuschung und Ratlosigkeit machen sich in der BayArena breit. Mit der deprimierenden 0:2-Heimniederlage im Spitzenspiel gegen den FC Schalke 04 hat Bayer 04 Leverkusen vermutlich den vorentscheidenden Rückschlag im Titelrennen einstecken müssen.

Bei jetzt fünf Punkten Rückstand auf den neuen Spitzenreiter aus Gelsenkirchen geht es für die "Werkself" nun vor allem darum, in den restlichen sechs Saisonspielen den 3. Platz zu verteidigen.

Heynckes schaut nach unten

"Unser primäres Ziel muss nun sein, die Distanz zu den Europa-League-Plätzen zu bewahren", fordert Bayer-Trainer Jupp Heynckes: "Oben noch einzugreifen, ist fast unmöglich."

So schnell kann es im Fußball gehen. Noch vor zwei Wochen wurden die Rheinländer nach dem beeindruckenden 4:2-Erfolg gegen den Hamburger SV gefeiert. Nach den Auftritten bei Borussia Dortmund (0:3) und gegen die "Königsblauen" (0:2) scheint man nun alles verspielt zu haben.

Wiederholt sich die Geschichte?

Im günstigsten Falle könnte Leverkusen jedoch schon in 14 Tagen wieder obenauf sein. Dann nämlich, wenn der FC Bayern München das Spitzenspiel nächste Woche auf Schalke gewinnt und danach von der Heynckes-Elf, die zuvor bei Eintracht Frankfurt drei Punkte geholt hat, in der BayArena besiegt wird. Unmöglich ist das nicht. Doch angesichts der jüngsten Darbietungen der "Werkself" eher unwahrscheinlich.

Es scheint so, als würde sich die Geschichte in Leverkusen wiederholen. Schon in der Vergangenheit hat Bayer über weite Strecken der Saison nicht nur den schönsten, sondern auch den erfolgreichsten Fußball zelebriert. Auf der Zielgeraden ging diese spielerische Leichtigkeit aber verloren, der oftmals schon zum Greifen nahe Titel wurde verspielt.

Böse Erinnerungen

Das war besonders brutal im Jahr 2000 (Stichwort Unterhaching) am letzten Spieltag der Fall, das galt 2002 als die damals von Klaus Toppmöller trainierte Elf drei Spieltage vor Schluss fünf Punkte Vorsprung auf Platz 2 hatte und doch noch von Borussia Dortmund abgefangen wurde.

Das Verlierer-Image des ewigen Zweiten hat sich zementiert. Vier Vize-Meisterschaften (1997, 1999, 2000, 2002), zwei verlorene DFB-Pokal-Endspiele (2002 und 2009) und die unglückliche Niederlage im Champions-League-Finale 2002 untermauern das. "Vizekusen" wurde Bayer in Deutschland genannt, und selbst in England bekamen die Rheinländer einen Spitznamen verpasst: "Neverkusen".

Kein Bock auf "Vizekusen"

Die Spieler nerven die ewigen Vergleiche mit dem Straucheln in der Vergangenheit. "Kommen Sie mir nicht wieder mit diesem Scheiß, dass Bayer immer scheitert", baffte Abwehrhüne Sami Hyppiä einen Journalisten an. "Ich glaube nicht an Statistiken und die Geschichte. Wir haben eine neue Saison. Wir haben viele neue Spieler. Das interessiert keinen von uns. Wir reden uns nicht ein, dass wir nichts gewinnen können."

Der finnische Abwehrchef glaubt weiterhin beinahe trotzig an Bayers Titelchancen: "Wir haben noch sechs Spiele. Es kann immer noch alles passieren. Wenn wir die maximale Punktzahl holen, ist noch viel drin." Dafür müsse man aber viel besser spielen als gegen Schalke. "Die Einstellung hat nicht gestimmt, die Grundlagen haben gefehlt", kritisierte Hyppiä.

Als Außenseiter zum Erfolg?

Vielleicht kann Bayer im Endspurt davon profitieren, dass nun niemand mehr dem Verein etwas zutraut. Der ganz große Druck ist weg und lastet auf Schalke und Bayern. Allerdings muss Leverkusen schleunigst die Kurve kriegen, sonst gerät sogar der Qualifikationsplatz zur Champions League in Gefahr.

"Wenn wir so weiter spielen, gefährden wir auch unser Minimalziel", weiß Kapitän Manuel Friedrich. "Wir müssen gucken, dass wir unsere Spiele gewinnen und Punkte sammeln. Wenn wir das nicht machen, haben wir oben nichts verloren."

Der Frust sitzt "sehr tief"

Der 30 Jahre alte Innenverteidiger bekannte nach der Schalke-Pleite, dass der "Frust sehr tief sitzt. Ich weiß nicht, ob es ein mentales Problem ist", so Friedrich ratlos: "Das muss jeder Spieler für sich entscheiden, ob es daran liegt, dass man Tabellenführer werden kann. Wir waren schon Tabellenführer, wir sind gut mit der Situation umgegangen. Das ist das Geschäft. Damit muss man umgehen können."

So bleibt Bayer die große Wundertüte. Gelingt den Heynckes-Schützlingen nochmal die Trendwende, ist dem in den ersten 24 Saisonspielen ungeschlagenen Spitzenteam alles zuzutrauen. Ansonsten wird der Club mit dem Image weiterleben müssen, für schönen, aber letztlich titellosen Fußball zu stehen.

Aus Leverkusen berichtet Tobias Gonscherowski