In der Saison 2000/01 gewann Ottmar Hitzfeld (r.) die Champions League mit den Bayern
In der Saison 2000/01 gewann Ottmar Hitzfeld (r.) die Champions League mit den Bayern

"Bayern wird dominieren, Inter wird kontern"

xwhatsappmailcopy-link

Der bislang letzte deutsche Triumph in der Champions League liegt neun Jahre zurück. In der Saison 2000/01 siegte der FC Bayern München nach einem Elfmeterkrimi gegen den FC Valencia. Trainer der Bayern war damals Ottmar Hitzfeld.

Nun schicken sich die von Louis van Gaal geführten Münchner an, diese Durststrecke zu beenden. Grund genug für Hitzfeld, den Bayern im Gespräch mit bundesliga.de sein Lob und seine Anerkennung auszusprechen.

Der Schweizer Nationaltrainer, der aufgrund des WM-Vorbereitungstrainingslagers seiner Mannschaft nicht beim Finale der "Königsklasse" in Madrid dabei sein kann, spricht über die Stärken der Bayern, sagt, worauf es für den FCB gegen Inter ankommen wird, zieht seinen Hut vor zwei Münchner Neuzugängen und adelt zwei Mittelfeldspieler des deutschen Rekordmeisters.

bundesliga.de: Herr Hitzfeld, wie haben Sie die Bundesliga-Saison 2009/10 gesehen?

Es war eine spannende Saison und mir hat vor allem die Aufholjagd der Bayern sehr imponiert.

bundesliga.de: Welche Mannschaft hat Sie positiv wie negativ überrascht?

Der Deutsche Meister und "Double"-Gewinner FC Bayern München. Ganz klar. Denn nach zwischenzeitlich acht Punkten Rückstand sind die Bayern noch souverän Meister geworden. Auch Schalke hat eine fantastische Saison gespielt. Man konnte nicht damit rechnen, dass Felix Magath ohne große Stars auf den 2. Platz kommt. Auch Leverkusen hat eine sehr gute Saison gespielt. Sie waren ja Herbstmeister und haben ja auch eine relativ junge Mannschaft. Dortmund hat mit Jürgen Klopp auch große Erfolge gefeiert. Die Bude war immer voll und die Zuschauer waren sehr zufrieden in Dortmund. Die große Enttäuschung ist natürlich Hertha BSC Berlin. Das war nicht zu erwarten. Ein Jahr zuvor war man noch fast Deutscher Meister geworden.

bundesliga.de: Noch ein Spiel steht im europäischen Clubfußball aus: das Champions-League-Finale. Fiebern Sie diesem trotz WM-Vorbereitung entgegen?

Ja, das ist natürlich für jeden Fußballfan ein absolutes Highlight. Dadurch, dass eine deutsche Mannschaft im Finale steht, ist der Reiz noch größer. Ich wäre normalerweise wahrscheinlich dort live vor Ort gewesen. Aber ich muss am Sonntag mit meiner Mannschaft ins Trainingslager reisen. Daher kann ich leider nicht live im Stadion dabei sein. Aber ich hoffe natürlich, dass Bayern München diese Chance nutzt und die Champions League gewinnt.

bundesliga.de: Im Meisterschaftsendspurt und auch im DFB-Pokalfinale war der FC Bayern unheimlich souverän. Überrascht Sie bei allem Druck diese Lockerheit?

Man kann ja nicht davon ausgehen, dass Bayern immer so attraktiv und locker spielt. Die Mannschaft ist in der Form ihres Lebens. Man weiß nicht, ob man sich jemals wieder in solch eine Form hineinspielen kann. Der ganze Erfolg und die vielen Siege sind ja nicht auf Glück aufgebaut, sondern mit sehr viel Attraktivität und technischem Können. Auch die Passqualität ist erstklassig. Es passt einfach alles bei den Bayern. Die Torgefährlichkeit ist da. Und man hat nicht nur einen Torjäger sondern viele Spieler, die Tore machen können. Und die Abwehr hat sich ja auch stabilisiert.

bundesliga.de: Wie schwer wiegt die Sperre von Franck Ribéry?

Franck Ribéry kann man nicht einfach so ersetzen, denn seine Klasse ist einmalig. Aber die Bayern haben trotzdem in dieser Saison schon unter Beweis gestellt, dass sie auch ohne ihn gut und erfolgreich spielen können. Ich erinnere mich da zum Beispiel an das Hinspiel gegen Lyon, in dem Hamit Altintop ein super Spiel gemacht hat.

bundesliga.de: Wer ist Ihrer Meinung nach der bessere Neuzugang bei den Bayern: der teure Einkauf Arjen Robben oder das "Schnäppchen" Ivica Olic?

Ich glaube, man muss beide in einem Atemzug nennen. Der eine hat viel Geld gekostet und hat die Erwartungen absolut erfüllt. Und derjenige, der kein Geld gekostet hat, hat die Erwartungen total übertroffen. Olic war ja derjenige, der auch am Anfang der Saison, als es noch nicht so gut lief bei den Bayern, die entscheidenden Tore geschossen hat. Robben hat natürlich ganz wichtige Tore geschossen. Aber es wäre ungerecht, jetzt nur diese zwei Spieler zu nennen. So sind Bastian Schweinsteiger und Mark van Bommel zurzeit vielleicht die besten Mittelfeldspieler in Europa. Sie spielen so souverän und sind in Hochform. Auch Holger Badstuber und Thomas Müller muss man nennen. Die hatte niemand auf der Rechnung. Die bringen plötzlich sehr konstante Leistungen.

bundesliga.de: Die Bayern stehen trotz einiger Ausrutscher im Finale. Was zeichnet die Elf von Louis van Gaal aus?

Sie spielen einen technisch sehr guten Fußball. Sie kombinieren sehr gut. Sie haben ein gutes Kurzpassspiel, aber auch gute Spielverlagerungen in ihrem Spiel. Sie haben viele verschiedene Torschützen und sie haben sich im Saisonverlauf vor allem defensiv erheblich gesteigert. Das ist auch mit ein Grund, warum man jetzt auch im Finale steht.

bundesliga.de: Worauf wird es im Finale besonders ankommen?

Für die Bayern wird wichtig sein, nicht in die Konter von Inter zu laufen. Darauf ist die Mannschaft von Jose Mourinho ja spezialisiert. Inter macht ja nicht so viel fürs Spiel. Ich gehe davon aus, dass die Bayern mehr Spielanteile haben werden. Das Umschalten wird sehr wichtig sein. Bayern wird dominieren und Inter wird kontern. Da muss man sehr klug angreifen.

Das Gespräch führte Sebastian Stolz