"Wir versuchen, Bayern und Dortmund ein bisschen lästig zu sein. Das sind wir bis jetzt", sagt Bayers Sportchef Rudi Völler. Leverkusen nimmt im Stile einer Spitzenmannschaft die Punkte aus Berlin mit (© Imago)
"Wir versuchen, Bayern und Dortmund ein bisschen lästig zu sein. Das sind wir bis jetzt", sagt Bayers Sportchef Rudi Völler. Leverkusen nimmt im Stile einer Spitzenmannschaft die Punkte aus Berlin mit (© Imago)

Bayer jetzt Bayern-Jäger Nummer 1

xwhatsappmailcopy-link

Berlin - Es war ein wenig seltsam, dieses Bayer-Gastspiel in der Hauptstadt. Leverkusen begegnete einem Aufsteiger, der spielerisch auf Augenhöhe agierte. Am Ende stand es für die Gastgeber 12:4 nach Torschüssen, nach Flanken 32:5, nach Ballbesitz 58:42 Prozent. Aber nach Toren hieß es .

"Hier gewinnt man nicht einfach mal so"

Keine Frage, Bayer war die abgezocktere, cleverere Elf gewesen. "Wir haben eine gute Defensivleistung gezeigt und ein Tor mehr gemacht", konstatierte Trainer Sami Hyypiä. Doch angesichts des knappen Ergebnisses war allen Leverkusenern auch klar: Es hätte es auch anders ausgehen können.



"In der zweiten Halbzeit haben wir uns zu sehr hinten reindrängen lassen", analysierte Torschütze Stefan Kießling und fügte hinzu: "Nach vorne haben wir ganz schlecht unsere Konter ausgespielt." So habe man "bis zur letzten Minute fighten" müssen. Gleichwohl sah der Topstürmer, der mit seinem achten Treffer weiter in der Spitzengruppe der Bundesligatorjäger mitmischt, darin ein positives Moment: "Aber das zeichnet die Mannschaft aus, dass sie das dann auch kann."

Unisono lobte zudem alle Leverkusener die Berliner: "Hertha ist ein starker Gegner", brachte es Sportdirektor Rudi Völler auf den Punkt, "hier gewinnt man nicht einfach mal so." Dennoch stellte sich die Frage: Wie viel ist dieses Muster für das Champions-League-Spiel am Mittwoch gegen Manchester United wert?

Kießling beschwor vor allem den Kampfgeist seines Teams: Gegen Hertha sei man sehr zweikampfstark gewesen und habe gut dagegen gehalten. Das gelte es in der Königsklasse zu wiederholen: "Da müssen wir 90 Minuten hellwach sein." In der Tat war die Zweikampfbilanz der einzige wichtige Wert in der Statistik, bei dem Bayer die Nase vorn hatte (mit 52 zu 48 Prozent).

Sam fehlt gegen Manchester



Sami Hyypiä, einst selbst ein Weltklasse-Innenverteidiger, sah vor allem im Abwehrzentrum seiner Elf eine Stärke, die auch für das Manchester-Spiel wichtig werden könnte: Man habe schon vor der Partie in Berlin viele Hertha-Flanken erwartet und deshalb "auf eine gute Zuordnung im Sechzehner Wert gelegt, um diese Flanken zu verteidigen". Die beiden starken Innenverteidiger Ömer Toprak und Philipp Wollscheid glänzten dabei besonders. "Das können wir für Mittwoch mitnehmen", so Hyypiä, "weil Manchester United auch viel flankt."

Im Prinzip also eine gelungen Generalprobe für die Königsklasse, auch wenn Leverkusen sich vor allem vorne steigern muss. Auf einen seiner wichtigsten Offensivspieler wird Hyypiä dann allerdings verzichten müssen. Nationalspieler Sidney Sam musste am Samstag schon in der 4. Spielminute ausgewechselt werden. "Wenn er sofort anzeigt, dass er ausgewechselt werden muss, dann ist etwas kaputt", hatte der Finne da schon geahnt. Der Verdacht bestätigte sich am Sonntag: Im MRT wurde bei Sam ein Muskelfaserriss diagnostiziert, er wird am Mittwoch definitiv fehlen.

Bayern-Jäger? Völler bremst



"Der Ausfall von Sidney ist eine sehr schlechte Nachricht", sagte Rudi Völler. Der Sportdirektor weiß um die Bedeutung der Partie: "Das ist das Spiel der Spiele für uns in der Königsklasse." Mit einem Sieg könnte Bayer den Einzug ins Achtelfinale klar machen. "Da müssen wir auch ohne Sam alle Kraft und Wucht reinlegen", so Völler.

Was bei der Vorschau auf Mittwoch fast schon ein wenig unterging: Mit dem Sieg in Berlin ist Leverkusen an Borussia Dortmund vorbeigezogen und hat in der Bundesligatabelle Platz 2 erobert. Bayer also der Bayern-Jäger Nummer eins? "Wir sehen das realistisch", bremst Völler. "Dortmund hat halt derzeit ein paar Verletzungsprobleme, aber sie standen nicht zu Unrecht im Champions-League-Finale." Die Leverkusener Rolle sieht der 53-Jährige bescheidener: "Wir versuchen, Bayern und Dortmund ein bisschen lästig zu sein. Das sind wir bis jetzt."

Aus Berlin berichtet Andre Anchuelo