Paul Stalteri (r.) klatscht die beiden Torschützen Karim Matmour (M.) und Michael Bradley (l.) ab. Mönchengladbach feiert den sechsten Saisonsieg
Paul Stalteri (r.) klatscht die beiden Torschützen Karim Matmour (M.) und Michael Bradley (l.) ab. Mönchengladbach feiert den sechsten Saisonsieg

Balsam für die Borussen-Seele

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Ein Sieg in der Bundesliga tut gut, keine Frage. Einer, wie ihn Borussia Mönchengladbach am 24. Spieltag beim großen Erzrivalen 1. FC Köln errang, ist aber definitiv noch ein bisschen wohltuender.

"Die Atmosphäre im Stadion war fantastisch. Es war ein besonderes Erlebnis für jeden Spieler von uns", sagte Michael Bradley. Mit zwei Treffern war der US-Amerikaner maßgeblich am 4:2-Erfolg der Borussia im prestigeträchtigen rheinischen Derby beteiligt. Mit dem 20. Auswärtssieg in der Domstadt bestätigten die "Fohlen" eindrucksvoll ihren Ruf als Angstgegner der "Geißböcke". Auch Marko Marin war nach dieser besonderen Partie begeistert: "So ein Spiel möchte eigentlich jeder Spieler mal erleben."

"Wir sind wieder im Rennen"

Neben diesem emotionalen Erlebnis hatte der "Dreier" in Köln aber auch noch einen ganz anderen Effekt. Erstmals seit dem 14. Spieltag kletterte Mönchengladbach von den beiden Abstiegsrängen empor und steht nun auf Relegationsplatz 16.

"Dieser Sieg ist gut für die Seele, für die Psyche. Das hat nichts mit dem Derby zu tun, sondern ausschließlich mit unserer Situation", betonte Trainer Hans Meyer mehr den sportlichen Wert des Spiels: "Wir sind wieder im Rennen. Der Wind kommt jetzt erst einmal nicht von vorne oder von der Seite." Elf Punkte aus den vergangenen sieben Partien sind die Ausbeute der Borussia, so viele waren es auch in der gesamten Hinrunde. In der Rückrundentabelle liegen die "Fohlen" als Fünfter sogar auf UEFA-Pokal-Kurs.

Die jungen Wilden

Ein Grund für den Aufschwung wurde wie schon in den vergangenen Begegnungen auch in Köln deutlich. Im Gegensatz zu einigen Konkurrenten in der untersten Tabellenregion befreite sich die Borussia spielerisch.

Angeführt von Marin und Alexander Baumjohann fuhr die Meyer-Elf immer wieder gefährliche und erfolgreiche Konter. Einen Tag nach seinem 20. Geburtstag bereitete Marin das 1:0 durch Bradley (25.) mit einem sehenswerten Dribbling vor. Der 22-jährige Baumjohann leitete die Treffer Nummer zwei (Karim Matmour, 44.) und drei (Rob Friend, 67.) ein. Auch dem Elfmetertor durch Bradley (87.) ging ein schneller Gegenangriff voraus. Die beiden Gegentore durch Miso Brecko (64./82.) beantworteten die Gäste jeweils eiskalt durch die eigenen Treffer.

Big Points gegen Bochum

"Wir haben ja nicht erst mit dem 4:1 gegen Hamburg angefangen, gut zu spielen. Das einzige schlechte Spiel war in Bremen und da haben wir noch einen Punkt geholt", erkannte Meyer nach der ersten Wiederholung eines "Dreiers" in der laufenden Spielzeit.

Die Mischung aus jugendlichem Offensivdrang und routinierter Defensive in Person der Wintereinkäufe Logan Bailly, Paul Stalteri und Tomas Galasek stimmt. "Wir haben in den letzten Wochen viel Selbstvertrauen gesammelt", bestätigte Marin.

Der Glaube an die eigene Leistung wird schon am kommenden Freitag auf die Probe gestellt, wenn Bochum zum Duell auf Augenhöhe an den Niederrhein reist. Denn seit der Winterpause sammelte der VfL ebenfalls schon elf Zähler und ist in der Rückrundentabelle Sechster, in der Gesamtwertung aber punktgleich (22 Zähler) vor der Borussia auf Platz 15. "Es geht zwar nur um drei Punkte, aber das sind Big Points", weiß Tobias Levels.

Mahnende Worte von Daum

Punkte brauchen auch die Kölner dringend wieder, um nicht noch einmal in akute Abstiegsgefahr zu geraten. "Wir müssen schnellstmöglich den Ernst der Lage erkennen", mahnt Trainer Christoph Daum. Nur noch sieben Punkte beträgt der Vorsprung auf den Relegationsplatz.

Neben der bitteren Derby-Pleite mussten der Verein und alle FC-Fans einen emotionalen Tiefschlag verdauen. Kapitän Ümit Özat hat den Kampf um die Fortsetzung seiner Profi-Karriere verloren.

Özat verabschidet sich von den Fans

"Ich glaube an Schicksal. Meine Karriere ist vorbei. Das ist natürlich sehr traurig, besonders in meinem jungen Alter. Aber ich danke Gott, dass ich gesund bin", verkündete der Türke unmittelbar vor Anpfiff der Partie mit Tränen in den Augen. Seine Herzmuskelentzündung ist zwar ausgeheilt, zu groß sei aber das Risiko erneuter Komplikationen. Am 29. August 2008 war der 32-Jährige in Karlsruhe auf dem Platz zusammengebrochen.

"Es war eine große Ehre für mich, für den FC spielen. Hier wollte ich meine Karriere beenden. Dass es nun so passiert, ist ein Schicksal, an dem ich nichts ändern kann", sagte Özat, der sich in 35 Einsätzen für Köln in die Herzen der Fans gespielt hat.

Manager Michael Meier, der die erste Spielhälfte mit Özat in der Fankurve verbracht hatte, sprach von einem "traurigen Tag für den FC". Der 41-malige türkische Nationalspieler bleibt dem Verein aber als Jugendtrainer erhalten. "Er ist einer von uns geworden und er soll auch einer von uns bleiben. Wir sind stolz, dass wir ihn weiter an uns binden können", sagte Meier.

Tim Tonner