Die Werder-Raute im Griff: Robin Dutt (l.) mit Geschäftsführer Sport Thomas Eichin
Die Werder-Raute im Griff: Robin Dutt (l.) mit Geschäftsführer Sport Thomas Eichin

Aufbruch in eine neue Ära

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Hamburg - Seine engsten Freunde und Bekannte dürften es vielleicht schon geahnt haben. Robin Dutt ohne Trainerjob? Das konnte nicht lange gut gehen. Dutt, der heute in Bremen als neuer Werder-Coach vorgestellt wurde, war zuletzt von Juli 2012 an als Sportdirektor beim Deutschen Fußball-Bund (DFB) tätig. Mit seinem Fußball-Sachverstand sicherlich der richtige Mann für diesen Posten, doch für den 48-Jährigen war dieses Amt wohl dann doch zu weit von der Seitenlinie entfernt.

Schweres Erbe

"Ich freue mich sehr, dass mein Platz nun wieder auf der Trainerbank sein wird", erklärte Dutt. "Ich habe den DFB in keine schöne Situation gebracht, aber ich habe einfach gespürt, dass mein Herz auf dem Trainingsplatz gehört."



Dutt tritt das Erbe von Thomas Schaaf an, der zuvor in 14 Jahren eine Ära bei den "Grün-Weißen" geprägt hat. "Ich werde dafür Fingerspitzengefühl brauchen", weiß Dutt: "Meine Vorstellung dabei ist eine Mischung aus Professionalität und Menschlichkeit. Viele langjährige Mitarbeiter sind verständlicherweise jetzt erst einmal ein bisschen verunsichert." Mit großen Fußstapfen kennt sich Dutt aber bestens aus. Denn nach vier Spielzeiten bei den Stuttgarter Kickers in der Regionalliga Süd wechselte er 2007 in den Breisgau zum SC Freiburg.

Sein Vorgänger dort war niemand geringerer als Volker Finke, der dem Sportclub von 1991 bis 2007 seinen Stempel aufdrückte. So war es nicht verwunderlich, dass die Fans dem "Neuen" mit Argwohn begegneten.

Doch mit seiner ruhigen, sachlichen Art und seiner analytischen, akribischen Arbeit überzeugte er schnell alle Kritiker. Als sich dann auch noch der Erfolg in Form des Bundesliga-Aufstiegs einstellte, war Dutt in der Liga der deutschen Top-Trainer angekommen.

Dutt: "Habe schon früh wie ein Trainer gedacht"



Bis dahin war es aber ein langer Weg. Denn als Spieler hatte es Dutt nicht weit gebracht und damals waren die Trainerplätze im Profigeschäft fast ausnahmslos mit ehemaligen Bundesliga-Akteuren oder internationalen Altstars besetzt.

Dutt kickte maximal in der Verbandsliga und seine Vereine hießen SpVgg Hirschlanden, TSV Korntal, TSV Münchingen, FV Zuffenhausen und SKV Rutesheim. Namen, die nicht zwingend wie Schokolade auf der Zunge zergehen.

"Ich hatte keine schlechte Technik und habe als Offensivspieler auch einige Tore geschossen, aber ich war einfach zu langsam. Aber ich habe als Spieler schon wie ein Trainer gedacht und überlegt: Warum und wozu machen wir jetzt dies oder jenes?", erklärte Dutt dem Magazin 11 Freunde.

Jahrgangsbester bei der Trainerausbildung



Für den Sohn indischer Einwanderer war deshalb schon früh klar, dass er seine Leidenschaft zum Beruf machen wollte. Seine erste Chance dazu bekam er 1995 als Spielertrainer der TSG Leonberg.

Über den TSF Ditzingen landete Dutt 2002 bei den Stuttgarter Kickers. Zuerst für eine Saison bei der Reserve, dann beim Regionalliga-Team. 2006 tauchte sein Name dann in den Notizbüchern der Vereinsbosse auf, als die Kickers den Hamburger SV in der 1. Runde mit 4:3 nach Verlängerung aus dem DFB-Pokal warfen.

Ein Jahr zuvor hatte Dutt in Köln seine Ausbildung zum Profitrainer an der Hennes-Weisweiler-Akademie mit dem Notenschnitt von 1,4 als Jahrgangsbester abgeschlossen. Er war also gerüstet für höhere Aufgaben.

Über Leverkusen zum DFB



Und die bekam er beim SC Freiburg gestellt. Nach dem Klassenerhalt im ersten Bundesliga-Jahr zeigte die Erfolgskurve der Breisgauer steil nach oben. Bayer Leverkusen, die überraschend den Abgang von Jupp Heynckes zu verdauen hatten, klopften 2011 an. Und Dutt sagte zu.

Es war die nächste Stufe auf der Karriereleiter, denn Leverkusen war für die Champions League qualifiziert. Und ausgerechnet da geriet die Karriere erstmals ins Stocken. Denn nach einer Pleitenserie von fünf Pflichtspielen in Folge, mit dem historischen 1:7 Debakel in der Champions League beim FC Barcelona, zogen die Verantwortlichen der Werkself im März 2012 die Reißleine.

Was folgte war das Engagement beim DFB. Das plötzliche Ende nach noch nicht einmal einem Jahr im Amt bedeutet für die einen neues Leid, für die anderen, die Bremer, Freude. "Mit Robin Dutt haben wir unseren Wunschkandidaten für den Trainerposten verpflichtet und sind davon überzeugt, dass wir mit ihm den Neustart erfolgreich gestalten werden", sagte Werders Geschäftsführer Thomas Eichin.

Viel zu erledigen



Drei Jahre bis Juni 2016 hat Dutt nun erst einmal offiziell Zeit, um die stolzen Norddeutschen wieder an Erfolge vergangener Tage heranzuführen. Die erste Aufgabe wird darin bestehen, eine schlagkräftige Mannschaft auf die Beine zu stellen. Doch Dutt wäre nicht Dutt, wenn er dieses Vorhaben nicht selbstbewusst angehen würde.

So meinte er schon zu Freiburger Zeiten: "Der Beruf hat viele Facetten: Psychologie, Pädagogik, Trainingslehre, Öffentlichkeitsarbeit und vieles mehr. Ich denke, dass ich das recht gut beherrsche." Ab 1. Juli kann er an der Weser den Worten auch Taten folgen lassen.

Michael Reis