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Beim VfL Bochum war Marcel Koller von 2005 bis 2009 als Chef-Trainer im Amt
Beim VfL Bochum war Marcel Koller von 2005 bis 2009 als Chef-Trainer im Amt

"Auf einmal weiß es jeder besser"

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Köln/Schweiz - Der 27. Spieltag der Bundesliga (alle Spiele im Live-Ticker/Liga-Radio) steht voll und ganz im Zeichen des Abstiegskampfs: Werder Bremen, VfB Stuttgart, 1. FC Kaiserslautern, Eintracht Frankfurt, FC St. Pauli, VfL Wolfsburg und Borussia Mönchengladbach - alle diese Clubs kämpfen derzeit um den Klassenerhalt. Von diesen sieben Vereinen treffen dieses Wochenende sechs aufeinander und können somit gegen einen direkten Konkurrenten punkten.

Vor dem "Abstiegswochenende" hat bundesliga.de mit Marcel Koller, dem ehemaligen Trainer des 1. FC Köln und des VfL Bochum, über die Chancen der sieben Clubs gesprochen.

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Der Schweizer, der mit dem Revier-Club in drei aufeinander folgenden Jahren den Verbleib in der Bundesliga gesichert hatte, weiß, worauf es ankommt, wenn man im Tabellenkeller steckt. Exklusiv für bundesliga.de analysiert der 50-Jährige die Situation der einzelnen Clubs und verrät, wie man erfolgreich die Klasse hält.

bundesliga.de: Herr Koller, sieben Clubs, also fast die Hälfte der gesamten Bundesliga-Vereine, steckt im Abstiegskampf. Was denken Sie darüber?

Marcel Koller: Das alleine ist eigentlich nichts Außergewöhnliches. Das Besondere ist, dass mit Werder Bremen, dem VfB Stuttgart sowie dem VfL Wolfsburg drei Vereine da unten drin stecken, die man so dort nicht erwartet hätte. Wenn man die vergangene Saison als Grundlage nimmt, hätte man auch Mönchengladbach nicht unbedingt da unten erwartet. Allerdings steht die Borussia ja nun schon fast die gesamte Saison über im Abstiegskampf.

bundesliga.de: Woran hapert es Ihrer Meinung nach bei den drei großen Vereinen, Bremen, Stuttgart und Wolfsburg?

Koller: Bei Bremen hängt vor allem viel mit der Verletzung von Naldo zusammen, der in den vergangenen Jahren ja immer überragend gespielt hat. Ein anderer Grund, bei allen drei, ist der, dass sich die Mannschaft auch noch nicht gefunden hat. Teilweise sind recht viele neue Spieler dazu gekommen und da ein Mannschaftsgefüge recht sensibel ist, was Hierarchien angeht, ist das nicht so einfach. Wenn man die erwarteten Punkte nicht holt, fehlt auch das damit einhergehende Selbstvertrauen.

bundesliga.de: Was bewirkt das bei den Spielern?

Koller: Der Druck von außen, der im Abstiegskampf natürlich negativer Natur ist, nimmt stetig zu. Auf einmal weiß es jeder besser, jeder kritisiert dich und sagt, dies und das muss geändert werden. Das ist für die meisten Spieler der Bremer, Stuttgarter und Wolfsburger etwas Neues. Bis sie sich daran gewöhnen, dauert es natürlich seine Zeit. Das geht nicht von heute auf morgen.

bundesliga.de: Denken Sie denn, dass diese drei Vereine den Abstiegskampf mittlerweile voll angenommen haben?

Koller: Das ist von außen schwer zu beurteilen, aber wenn das noch nicht geschehen sein sollte, wird es höchste Zeit. Bei allen dreien ist es ja so, dass sie durchaus die Qualität haben, sich aus dem Abstiegskampf zu befreien, aber alleine darauf darf man sich nicht verlassen. Außer dem fehlenden Selbstvertrauen ist es auch so, dass zum Teil neue Erfahrungen auf einen zukommen, zum Beispiel, dass auch die eigenen Fans mal gegen einen sind. Damit muss man erst umzugehen lernen.

bundesliga.de: Beim VfB Stuttgart ist es so, dass er durch zuletzt drei Siege in Folge die Abstiegsränge verlassen hat. Was machen die Schwaben mittlerweile anders als noch vor wenigen Wochen?

Koller: Sie gewinnen Spiele, das ist ganz einfach. Vorher war es so, dass sie die Spiele einfach verloren haben, vielleicht auch ab und zu noch unglücklich. So ein Spiel wie in Gladbach, wo sie nach 0:2-Rückstand zur Pause noch 3:2 gewonnen haben, pusht natürlich. Das kann die Mannschaft dann mitnehmen und neues Selbstvertrauen schöpfen. So ähnlich der Sieg beim FC St. Pauli vom vergangenen Wochenende. Der bringt auch wieder etwas mehr Lockerheit, was beim nächsten Spiel wiederum der Mannschaft hilft. Wenn man einen Lauf hat, denkt man im Spiel nicht nach, sondern man macht es einfach. Das ist anders, wenn es nicht läuft und die Spieler vielleicht sogar Angst haben. Dann denken sie zu viel nach und sind daher immer zu spät dran.

bundesliga.de: Heißt das dann im Umkehrschluss, dass den anderen Vereinen genau solche Positiv-Erlebnisse fehlen?

Koller: Das ist mit Sicherheit so, wobei man beim VfB auch nicht sagen darf, dass er schon gerettet ist. Die Stuttgarter haben zwar mal die letzten drei Plätze verlassen können, doch sie sind noch lange nicht durch. Das ist alles noch sehr eng da unten.

bundesliga.de: Wem rechnen Sie im Endspurt denn die besten Chancen zu im Kampf um den Klassenerhalt?

Koller: Stuttgart hat im Moment ganz gute Aussichten, da der VfB eine Serie hingelegt hat. Natürlich kann es in den verbleibenden acht Partien immer wieder zu Rückschlägen kommen, doch durch die Siegesserie haben die Spieler erst einmal wieder Selbstvertrauen gewonnen. Auch das Umfeld sieht jetzt, dass wieder etwas möglich ist. Das ist auch wichtig.

bundesliga.de: Denken Sie, dass der Trainerwechsel in Wolfsburg und in Mönchengladbach ähnliche Hoffnungen geweckt hat?

Koller: Die Gladbacher haben schon ein paar Punkte unter Lucien Favre geholt und sind näher an die Konkurrenz herangerückt. Das entfacht neue Freude und auch Euphorie, was bewirken kann, dass auch das letzte Quäntchen Einsatz und Kampf heraus gekitzelt wird. Dadurch sieht man wieder eine Chance, es wirklich noch schaffen zu können. Dennoch: Siege sind unumgänglich. Wenn man da unten drin steckt nutzt es nichts, gut zu spielen, aber keine Punkte einzufahren.

bundesliga.de: Eine Mannschaft, bei der es in der Rückrunde alles andere als gut läuft, ist Eintracht Frankfurt. Was glauben Sie, wie die Hessen den Weg aus dem Keller schaffen können?

Koller: Das geht letztendlich nur zusammen. In der Vorrunde haben sie ja eine gute Leistung gezeigt, dann aber in der Rückrunde lange kein Tor geschossen. Das ist ja mittlerweile mit diesem irren Weitschuss-Tor von Georgios Tzavellas Geschichte. Dadurch ist auch ein großer Teil des Drucks, der von den Medien kam, weggefallen. Das macht es auch wieder einfacher, sich auf die wesentlichen Dinge zu konzentrieren und den Abstiegskampf voll anzunehmen.

bundesliga.de: Etwas anders lief es beim FC St. Pauli, der nach einem sehr guten Start in die Rückrunde zuletzt vier Niederlagen in Folge einstecken musste. Inwieweit beeinflusst eine solche Negativ-Serie eine Mannschaft?

Koller: Vorab denke ich mal, dass rund um den Club wohl keine allzu große Unruhe herrschen wird, da man wohl nicht davon ausgegangen sein wird, bereits acht Spieltage vor Schluss nichts mehr mit dem Abstiegskampf zu tun zu haben. Nach diesen vier Niederlagen müssen da auch einfach wieder nur Punkte her. Da muss einem dann vielleicht auch mal ein Punkt genügen. Man darf jetzt nicht mehr schön spielen, sondern man muss dagegen halten. Dazu hat St. Pauli sicherlich das richtige Personal.

bundesliga.de: Wagen Sie es denn, jetzt schon eine Prognose zu stellen, wer drin bleibt und wer wahrscheinlich absteigen muss?

Koller: Nein, das kann ich nicht. Dafür ist es da unten viel zu eng. Da muss ja nur mal ein entscheidendes Tor in den letzten Minuten fallen und schon sieht wieder alles ganz anders aus. Ich bin mir sicher, dass der Abstiegskampf bis zum allerletzten Spieltag ungeheuer spannend sein wird.

Das Gespräch führte Gregor Nentwig


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