Joris Mathijsen (l.) beglückwünscht seinen Kapitän David Jarolim zu seinem zweiten Saisontreffer
Joris Mathijsen (l.) beglückwünscht seinen Kapitän David Jarolim zu seinem zweiten Saisontreffer

Achterbahn-Fahrt mit Happy-End

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Es dauerte bis in die Nachspielzeit des letzten Spieltags, ehe sich die Verantwortlichen und Anhänger des Hamburger SV glücklich in die Arme fallen durften. Der 3:2-Siegtreffer von Piotr Trochowski gegen Eintracht Frankfurt bescherte den Norddeutschen in buchstäblich letzter Sekunde den fast schon verloren geglaubten Europapokal-Platz.

Dabei hätte es der HSV so viel leichter haben können. Gegen die Hessen führte die Norddeutschen bereits mit 2:0 und hatte aufgrund des zwischenzeitlichen Rückstandes von Konkurrent Borussia Dortmund im Spiel gegen Bielefeld den Startplatz in der neu gegründeten UEFA Europa League schon so gut wie sicher.

Doch wie so häufig in dieser Spielzeit, ließen es die Hamburger nach der komfortablen Führung etwas lockerer angehen und wurden prompt bestraft. Innerhalb von drei Minuten gelang Frankfurt der Ausgleich und der HSV sah den Traum von Europa in weite Ferne rücken. Wie Hamburgs Sportdirektor Dietmar Beiersdorfer später aber richtigerweise bemerken sollte, "hatten wir das letzte Wort". Happy-End für den HSV.

Nicht mehr als ein Trostpflaster

Nach den Nackenschlägen der vergangenen Wochen mit Aus im UEFA- und DFB-Pokal-Halbfinale gegen Bremen war es "unglaublich schwer, wieder aufzustehen" (Beiersdorfer). Dies gelang dem HSV auf der Zielgerade zwar, ist aber nur eine dürftige Entschädigung gemessen an den Möglichkeiten, die sich in dieser Spielzeit den Hamburgern boten.

"Das ist ein Trostpflaster, nicht die Rettung der Saison", gab Siegtorschütze Trochowski zu bedenken und fügte hinzu: "Wenn man dreimal etwas erreichen kann und dreimal scheitert, ist das enttäuschend. Das dürfen wir nicht schönreden." Immerhin belegte der HSV in der abgelaufenen Saison stolze 14 Mal einen der ersten drei Plätze. Meisterschaft und Champions League waren in greifbarer Nähe.

Freude über glückliches Ende

Etwas versöhnlichere Töne schlug dagegen Beiersdorfer an. "Ich denke, alle sind froh, dass eine Saison mit ganz großen Emotionen ein glückliches Ende gefunden hat. Wir haben nicht den Schritt machen können, den sich alle erhofft und erträumt hatten. Aber wir sind noch ins Ziel eingelaufen. Es bestimmt ein Stück weit die Zukunft des Vereins, was Image und Reputation angeht", machte er die Bedeutung des späten Erfolges klar.

Wie eng Erfolg und Niederlage manchmal zusammen liegen können, verdeutlicht auch ein Blick auf die Resultate der Hamburger. 14 Mal besiegte man den Gegner mit nur einem Tor Unterschied. In der Bundesliga-Historie hat noch kein Team in einer Saison mehr knappe Siege erzielt.

Finale im Wohnzimmer

Während es für die Mannschaft nach dem nervenaufreibenden Saisonfinale nun erstmal einige Tage nach Sylt geht, um zu erholen und etwas Abstand von der emotionalen Spielzeit zu gewinnen, wartet auf Beiersdorfer und Co. noch einiges an Arbeit. "Klar ist, dass wir jeden Stein umdrehen werden, um den nächsten Schritt machen zu können, der in dieser Saison möglich gewesen wäre", versichert Vorstandschef Bernd Hoffmann.

Klar ist seit Dienstag aber auch, dass der HSV in Zukunft keinen Schritt mehr mit Martin Jol machen wird. Der HSV-Trainer kehrt etwas überraschend sofort in seine niederländische Heimat zurück, um bei Ajax Amsterdam den Platz auf der Trainerbank einzunehmen und in Personalunion auch das Amt des Sportdirektors zu übernehmen. "Ajax bietet mir eine sehr gute Chance und überträgt mir viel Verantwortung. Es ist ein fantastischer Club und ich freue mich auf die neue Aufgabe", sagte Jol.

Positives bleibt bei der Saisonanalyse verständlicherweise auch hängen. "Jetzt sind wir zum sechsten Mal in Folge in Europa dabei. Das Finale findet in unserem Wohnzimmer statt, das ist doch ein schöner Ansporn", formuliert Hoffmann die neuen Ziele. Dass es in der kommenden Spielzeit noch keine Champions League in Hamburg gibt, muss nicht unbedingt negativ sein. Der HSV hat in diesem Jahr gezeigt, dass auch er noch Zeit zur Stabilisierung braucht.

Aus Frankfurt berichtet Florian Bruchhäuser