Im Austausch mit Trainer Tayfun Korkut: Dirk Dufner. Der 96-Manager hat das Erreichen der europäischen Plätze bereits abgehakt
Im Austausch mit Trainer Tayfun Korkut: Dirk Dufner. Der 96-Manager hat das Erreichen der europäischen Plätze bereits abgehakt

Für Europa zu wenig

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Hamburg - "Das ist Fußball!" - Mit dieser Floskel oder ähnlich versuchten die Hannoveraner nach dem Nord-Derby beim Hamburger SV das Unbegreifliche zu begreifen, das Unerklärliche zu erklären.  "Es ist zum Verrücktwerden. Wenn wir heute die Spielentwicklung sehen, werden wir uns gleich alle in der Kabine anschauen und fragen: Warum?", brachte Sportdirektor Dirk Dufner die Stimmungslage bei den 96ern auf den Punkt.

"Fußball ist nicht immer gerecht"

21:6 Torschüsse, 10:3 Eckstöße, 64 Prozent Ballbesitz, 54 Prozent der Zweikämpfe gewonnen: Alle statistischen Werte sprachen für die Gäste, das Ergebnis tat es nicht. Am Ende siegten die Gastgeber 2:1.

"Ich kann unserer Mannschaft absolut keinen Vorwurf machen. Wir haben genau so gespielt, wie wir es uns vorgenommen haben, haben sehr guten Kombinationsfußball gezeigt, viele Torchancen gehabt", analysierte Tayfun Korkut. "Alle Statistiken sprechen für uns. Aber Statistiken gewinnen keine Spiele. Man hat gesehen, das Fußball nicht immer gerecht ist."

"Im Moment sind wir auf einem sehr guten Weg und eher mit Schlagdistanz nach oben als zu den Abstiegsregionen", hatte Keeper Ron-Robert Zieler in einem Gespräch mit bundesliga.de im Trainingslager im türkischen Belek gesagt und gleichzeitig gewarnt. "Die Liga ist sehr ausgeglichen. Drei Siege in Folge, und man ist oben dran, aber bei drei Niederlagen auch unten drin. Ob es für uns zu mehr reicht, wird sich in den nächsten Spielen zeigen."

"Kein Grund, an der Spielidee zu zweifeln"

Legt man die drei Spiele zum Rückrundenauftakt zu Grunde, war der Fußball nicht nur in Hamburg "nicht immer gerecht", sondern die gesamte Englische Woche über. "Wir waren jetzt dreimal nicht die schlechtere Mannschaft und haben trotzdem nur einen Punkt geholt. Das ist für unsere Ansprüche einfach zu wenig", beschreibt der Kapitän den Fehlstart in die Rückrunde. Statt auf Schlagdistanz nach oben ist Hannover aus der oberen Tabellenhälfte auf Rang zehn zurückgefallen. Der Rückstand auf Rang sechs ist von drei auf sieben Punkte angewachsen, von Relegationsrang 16 trennen die Roten nur noch sechs Punkte.

Trotz des verpatzten Starts in die Rückrunde:  "Es gibt keinen Grund, an der Spielidee und -philosophie zu zweifeln", stellt Stindl klar. "Jetzt spielen wir am nächsten Sonntag zu Hause gegen Paderborn und sind uns bewusst, dass wir da drei Punkte holen müssen." Eine Kerbe, in die auch Marcelo schlägt. Zweimal hatte der Brasilianer Schüsse von Zoltan Stieber (27. Minute) und Marcell Jansen (51.) zum vorentscheidenen 2:0 ins eigene Tor abgefälscht. "Es ist nun mal so passiert. Damit muss ich klarkommen. So ist nun mal Fußball", ärgerte sich der 27-Jährige "in erster Linie, weil wir das Spiel heute verloren haben".

Europa kein Thema mehr

Lange nachdenken wolle er nicht über das Spiel in der Imtech Arena. "Das müssen wir ganz schnell abhaken. Für uns muss es weitergehen. Gegen Paderborn müssen drei Punkte her!", fordert Marcelo. Denn mit dem Aufsteiger haben die 96er nach dem 0:2 im Hinspiel noch eine Rechnung offen. "Wir müssen durch Erfolgserlebnisse wieder da rauskommen und für das Selbstbewusstsein vor allem im kommenden Heimspiel gegen Paderborn gewinnen", so Dufner. Und mit diesem Erfolgserlebnis noch einmal Schwung holen für den Angriff auf die obere Tabellenhälfte.

Mehr sei nach Ansicht des Sportdirektors auch nicht mehr drin. "Wenn wir Europa als Ziel ausgegeben hätten, wäre jetzt sicherlich der Moment gekommen, nicht mehr darüber zu sprechen", sagte Dufner dem Sportmagazin "kicker". Sollten die kommenden lösbaren Aufgaben gegen die abstiegsgefährdeten Klubs SC Paderborn, beim 1. FC Köln und gegen den VfB Stuttgart erfolgreich bestritten werden, dürfte andererseits schon frühzeitig zumindest der Abstieg an der Leine kein Thema mehr und die obere Tabellenhälfte ein realistisches Ziel bleiben.

Aus Hamburg berichtet Jürgen Blöhs