In diesem Moment hatte auch KSC-Coach Edmund Becker registriert, dass sein Team aus Nordbaden soeben gegen Leverkusen in Führung gegangen ist
In diesem Moment hatte auch KSC-Coach Edmund Becker registriert, dass sein Team aus Nordbaden soeben gegen Leverkusen in Führung gegangen ist

46 Meter bis zum Tunnelende

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Der Karlsruher SC sieht wieder Licht am Ende des Tunnels. Trotz einer Serie von neun sieglosen Spielen hat KSC-Trainer Edmund Becker nie den Glauben an seine Truppe verloren.

Gebetsmühlenartig versprach er seinem Team, dass der Erfolg zurückkehre. "Irgendwann wird die Mannschaft für das belohnt, was sie investiert", prophezeite er.

Der Dank geht nach ganz oben

Nach dem kurios zustande gekommenen 1:0-Sieg beim Pokalfinalisten Bayer Leverkusen sah sich Becker bestätigt. "Jetzt haben wir einen kleinen Teilbetrag davon zurückbekommen. Es war für die Mannschaft ganz wichtig, wieder ein Erfolgserlebnis zu haben. Man zweifelt ja an seiner Leistungsfähigkeit, man lamentiert über das fehlende Glück. Wenn dann ein Spiel auch mit einem so kuriosen Tor gewonnen wird, dann weiß man: Es gibt noch einen Fußballgott."

So ist das eben manchmal im Fußball. Gute und fitte Spieler, die trickreichste Taktik, das effizienteste Spielsystem - all das nützt nichts, wenn der Ball statt ins Tor zu kullern vom Innenpfosten zurück ins Feld springt und der Gegner dann seinen einzigen Konter erfolgreich abschließt.

Befreiungsschlag zum Torerfolg

So ähnlich war es dem KSC wochenlang immer wieder gegangen. Fünfmal hintereinander verloren die Badener mit 0:1. Sie wurden hinterher mit Lob überschüttet, doch die Punkte waren weg.

Diesmal war es umgekehrt. In einer schwachen Partie gegen Bayer Leverkusen startete die gastgebende "Werkself" gerade einen Konter, als KSC-Verteidiger Sebastian Langkamp im Mittelkreis energisch dazwischen ging und den Ball in die Zuschauerränge hauen wollte.

Das Vorhaben misslang. Statt auf der Tribüne landete der aus nachgemessenenen 46 Meter Torentfernung gedroschene Ball in einer schön anzuschauenden Flugbahn im Leverkusener Kasten. Es war das goldene Tor des Tages.

Jubel-Rudel vor Beckers Bank

"Dass mein erstes Bundesliga-Tor ein so Kurioses werden würde, damit habe ich auch nicht gerechnet", schmunzelte Langkamp nach dem Spiel.

"Ich habe nur kurz hoch geschaut und die Flugbahn des Balles verfolgt. Irgendwann war er im Tor. Richtig realisiert habe ich das erst, als der Langkamp bei uns vor der Trainerbank lag und sieben oder acht Spieler auf ihm drauf", beschreibt Edmund Becker seine Sicht des spielentscheidenden Torunfalls.

"Das Tor war symptomatisch", meinte KSC-Interimskapitän Christian Eichner. "So ein Tor von der Mittellinie habe ich selten gesehen. Anscheinend haben wir so ein Tor gebraucht, um mal wieder ein Spiel zu gewinnen. Das sind die Geschichten, die der Fußball schreibt."

Becker fordert Giftspritzen

Und so ist der bereits abgeschrieben KSC plötzlich wieder mittendrin im Kampf um den Klassenerhalt. Am kommenden Wochenende steigt im heimischen Wildparkstadion das "6-Punkte-Spiel" gegen den unmittelbaren Konkurrenten Energie Cottbus.

"Da müssen wir eine Truppe auf dem Platz haben, die Gift versprüht, damit die drei Punkte in Karlsruhe bleiben", fordert Becker. Gegen Cottbus wird auch der etatmäßige KSC-Kapitän Maik Franz wieder an Bord sein, der diesmal gesperrt fehlte. Ein Mann, der genau dieses Gift versprühen kann.

Das Selbstvertrauen ist zurück

"Das wird auch wieder ein Endspiel", weiß Sebastian Langkamp. "Die Konkurrenz spürt unseren Atem und sieht, dass wir noch leben. Und das ist gut so." Spät, aber vielleicht noch nicht zu spät, kommt der KSC noch einmal ins Rollen. Vier Punkte aus den letzten beiden Spielen, die Chance gegen Cottbus vor Augen die Spieler haben den Glauben an den Klassenerhalt wiedergefunden.

"Wir kämpfen bis zur letzten Sekunde. Und wenn wir so weitermachen, steigen wir nicht ab", glaubt Christian Eichner. Und KSC-Stürmer Joshua Kennedy bringt abschließend sogar noch das Motto der Musketiere ins Spiel. "Wir kämpfen für den Trainer und den Verein. Einer für alle und alle für einen."

Tobias Gonscherowski