Die Zeit von Louis van Gaal (l.) beim FC Bayern München ist abgelaufen. Der Club trennte sich nach dem 29. Spieltag vom Coach (l.) - Andries Jonker übernimmt
Die Zeit von Louis van Gaal (l.) beim FC Bayern München ist abgelaufen. Der Club trennte sich nach dem 29. Spieltag vom Coach (l.) - Andries Jonker übernimmt

21 Monate in der Karriere des "Feierbiests"

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München - Es hat ein bisschen was von Déjà-Vu: Der FC Bayern München hat aus dem mageren 1:1-Unentschieden im Derby beim 1. FC Nürnberg sowie dem Verlust des 3. Tabellenplatzes seine Konsequenzen gezogen und Trainer Louis van Gaal doch schon vorzeitig entlassen.

Vor zwei Jahren war es Jürgen Klinsmann, der ebenfalls im April und nach dem 29. Spieltag seinen Abschied beim Rekordmeister nehmen musste. Damals gelang dem FCB unter Nachfolger Jupp Heynckes zumindest noch der Sprung auf Platz 2, was die direkte Champions-League-Teilnahme brachte.

Jonker hat ein Ziel vor Augen

Auch diesmal ist Heynckes als Nachfolger vorgesehen, allerdings wird der Trainer erst im Sommer von Bayer Leverkusen zurück an die Isar kommen. Stattdessen übernimmt der ehemalige Co-Trainer Andries Jonker, der den Rekordmeister zurück auf Champions-League-Kurs führen soll, die Mannschaft.

Der Niederländer hat auch ein deutliches Ziel vor Augen: "Das, was wir in den letzten 21 Monaten sehr gut gemacht haben, weiterzumachen." bundesliga.de wirft einen Blick in die Datenbank und vergleicht eben diese 21 Monate unter van Gaal mit den Amtszeiten seiner Vorgänger.

Ganz nah dran am Triple

In der ersten Saison unter van Gaal waren die Münchner Fans extrem erfolgsverwöhnt. Das "Feierbiest", wie van Gaal sich selbst nannte, war nicht nur der erste Niederländer, der als Trainer Deutscher Meister wurde, er war auch erst der fünfte Bayern-Trainer, dem der Titelgewinn in seiner ersten Saison beim FCB gelang.

Aber nicht nur in der Meisterschaft holten die Bayern nach einem holprigen Start noch den Titel. Die Münchner gewannen zudem den DFB-Pokal und standen im Finale der Champions League - nie zuvor war der FCB so nahe im Triple, auch wenn das Finale in der "Königsklasse" gegen Inter Mailand verloren ging.

Van Gaals Punktschnitt deutlich verschlechtert

20 Siege feierte van Gaal in seiner ersten Bundesligasaison, neben zehn Unentschieden gab es nur vier Niederlagen, das macht einen Punkteschnitt von 2,06 pro Partie. Mit diesem Durchschnitt wäre der Niederländer ganz dicht dran an Ottmar Hitzfeld (2,08) oder Felix Magath (2,14). Doch in der aktuellen Spielzeit ist die Ausbeute erheblich geringer.

Nach 29 Spieltagen stehen bereits sieben Niederlagen bei 15 Siegen und sieben Remis auf dem Tableau. Der Punkteschnitt liegt nur bei 1,79 Zählern pro Partie. Damit verschlechtert sich van Gaals Gesamtbilanz auf 1,94 und der Niederländer rangiert nur noch im Mittelfeld unter den Bayern-Trainern.

Parallelen sind doch erkennbar

Erklärungsversuche für die zwei so unterschiedlichen Spielzeiten gibt es unter den Kritikern jede Menge. Die Wechsel von Mark van Bommel und Martin Demichelis in der Winterpause, die langen Verletzungspausen von Arjen Robben und Ivica Olic oder der Tausch auf der Torwartposition von Jörg Butt zu Thomas Kraft.

Darunter sind aber einige Veränderungen, die van Gaal in ähnlicher Weise in seiner erfolgreichen ersten Saison vorgenommen hat. Auch in der Saison 2009/2010 fand ein Torwartwechsel statt, Butt löste damals Michael Rensing nach drei Spieltagen ab. Mit Lucio verließ noch vor Saisonbeginn ein Innenverteidiger den FCB, Luca Toni verlor seinen Stammplatz im Sturm und wechselte in der Winterpause.

Abwehr wird mächtig durcheinander gewirbelt

Was im ersten Jahr trotzdem zum Erfolg führte, wollte in der aktuellen Spielzeit aber nur bedingt klappen. Zwar platzte bei Stürmer Mario Gomez der "Torknoten", aber insbesondere im Defensivverbund passte es nicht mehr. Fünf Spieltage vor Schluss hat der FCB bereits vier Gegentore mehr auf dem Konto als im gesamten Vorjahr.

Bereits 16 unterschiedliche Abwehrreihen ließ van Gaal auflaufen, wenn man bedenkt, dass Rechtsverteidiger Philipp Lahm jedes Pflichtspiel über die gesamten 90 Minuten bestritt, dann fallen die Umstellungen auf den anderen drei Positionen umso mehr ins Gewicht.

Mit Holger Badstuber etablierte van Gaal auf der Linksverteidigerposition im Vorjahr einen Nachwuchsspieler, der es wie Thomas Müller innerhalb einer Saison in den deutschen WM-Kader schaffte. In diesem Jahr sollte Badstuber nur noch auf seiner eigentlichen Position in der Innenverteidigung spielen, und die Position hinter Franck Ribery wurde zum Problemfall. Diego Contento, Edson Braafheid, Danijel Pranjic und Luiz Gustavo durften sich mehrfach dort probieren, keiner konnte sich auf lange Sicht festspielen.

Drei Niederlagen in Folge

Das ist allerdings nur ein Randaspekt für die durchwachsene Saison 2010/2011. Zum ersten Mal seit mehr als zehn Jahren kassierten die Münchner drei Pflichtspielniederlagen in Folge gegen Dortmund und Hannover in der Liga sowie Schalke im DFB-Pokal. Dieses "Missgeschick" unterlief zuletzt Trainer Ottmar Hitzfeld im Herbst 2000, der damals jeweils 0:1 gegen Paris, Rostock und Cottbus verlor.

Trotzdem verabschiedet sich van Gaal nicht ganz ohne Titel aus München. Im vergangenen Sommer gewannen die Bayern den Supercup gegen den FC Schalke 04. Es wäre wahrlich nur ein spärlicher Trost, sollte der FCB nicht doch noch die Champions-League-Qualifikation packen. Denn die Teilnahme an der "Königsklasse" ist im kommenden Jahr besonders wichtig - das Finale 2012 findet schließlich in der Münchner Allianz Arena statt.

Jessica Pulter