Michael Kutzop (l.) tritt zum Elfmeter gegen den FC Bayern an
Michael Kutzop (l.) tritt zum Elfmeter gegen den FC Bayern an

1985/86: Verschossener Elfmeter - vergebener Titel

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Eine ganze Saison reduzierte sich auf einen Schuss: Der Elfmeter von Michael Kutzop an den rechten Außenpfosten wird wohl noch in 100 Jahren in jedem Bundesliga-Rückblick auftauchen. Was Millionen nach diesem vergebenen "Matchball", ahnten, wurde vier Tage später Realität: Bayern München verteidigte am letzten Spieltag doch noch seinen Meistertitel erfolgreich, für Herbstmeister Bremen blieb nur der enttäuschende 2. Platz.

All die Jahre danach hat der blonde Abwehrspieler immer noch keine Begründung für den fatalen Fehlschuss gefunden: "Ich kann es bis heute nicht glauben oder gar erklären", sagt der damaliger Bremer Abwehrspieler. Millionen vor den Fernsehern, Zehntausende auf dem Bremer Domshof und im Weserstadion präparierten sich schon zum Jubeln, als das hässliche Klatschen des Balles gegen die Aluminiumstange die Freude gründlich vergällte.

Hätte Kutzop gegen Bayern-Torhüter Jean-Marie Pfaff zum 1:0 getroffen, wäre den Hanseaten ein grausames Finale erspart geblieben. Der Rekordmeister fegte am letzten Spieltag den alten Rivalen Borussia Mönchengladbach mit 6:0 aus dem Olympiastadion, die Bremer hingegen büßten den Titel nach einer 1: 2-Niederlage in Stuttgart doch noch ein.

Hoeneß: "Lemke tut mir nicht leid"

Ein sich seit Monaten - nicht nur auf dem Rasen - aufschaukelndes Duell, war in letzter Minute doch noch zu Gunsten der Bayern entschieden worden. Die seinerzeit angesammelten Animositäten wirken jedoch bis heute nach. Uli Hoeneß, schon damals Manager des Rekordmeisters, differenzierte nach dem knappen Titelgewinn ganz klar: "Die Bremer Mannschaft, der Präsident und der Trainer tun mir leid, Manager Willi Lemke jedoch nicht."

Entzündet hatten sich die Kontroversen an einem Foulspiel des damaligen Bayern-Verteidigers Klaus Augenthaler am Bremer Torjäger Rudi Völler. Der heutige Sportdirektor von Bayer Leverkusen fiel nach einer Leistenoperation fünf Monate lang aus, besonders die matte Entschuldigung durch den damaligen Bayern-Trainer Udo Lattek brachte die Norddeutschen in Rage: "Völler war einfach zu schnell für Augenthaler"

Umstrittenes Handspiel

Obwohl noch längst nicht im Vollbesitz seiner Kräfte und ohne jede Spielpraxis wechselte Werder-Coach Otto Rehhagel seinen Nationalspieler in der 77. Minute des Rückspiels ein, elf Minuten später unterlief Sören Lerby im Zweikampf mit Völler ein allerdings umstrittenes Handspiel. Kutzop trat an, bekanntlich ohne Erfolg.

Anders als noch drei Jahre zuvor beim knapp verlorenen Titelrennen gegen den Nordrivalen Hamburger SV, als die Bremer Innenstadt zu bersten drohte, war den Werder-Anhängern die Vizemeisterschaft diesmal zu wenig. Gerade mal 500 Fans empfingen den grün-weißen Tross nach der Rückkehr aus Stuttgart, ein geplantes großes Fest wurde durch einen steifen Empfang im kleinsten Kreis ersetzt.