Daniel Davari (r., mit Trainer Torsten Lieberknecht) sieht das zweite Zu-Null-Spiel in Folge als Schritt nach vorne (© Imago)
Daniel Davari (r., mit Trainer Torsten Lieberknecht) sieht das zweite Zu-Null-Spiel in Folge als Schritt nach vorne (© Imago)

0:0 mit gefühlten Siegern

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Hannover - Als die beiden niedersächsischen Rivalen zum letzten Mal in der Bundesliga aufeinandertrafen, war noch keiner der Akteure, die die Trainer Mirko Slomka und Torsten Lieberknecht aufs Feld schickten, geboren. Im April 1976 war das - vor über 37 Jahren. Trotzdem war sich jeder Beteiligte der Bedeutung dieses Duells bewusst.

Hannover in der "Leistungskrise"

"In Braunschweig gab es überhaupt kein anderes Thema. Rund 700 Leute beim Training", verriet Lieberknecht, "so etwas geht nicht spurlos an den Spielern vorbei." Ausverkaufte HDI Arena, Stimmung war garantiert - und das Salz in der Suppe eines Fußballspiels - Tore - statistisch gesehen auch. Denn keines der bis dato 20 Duelle zwischen Hannover 96 und Eintracht Braunschweig im Oberhaus endete torlos.

Als Schiedsrichter Knut Kircher die Partie abpfiff, war nicht nur die Geschichte des Derbys um ein Kapitel erweitert, sondern auch die Bundesliga erlebte einen weiteren historischen Moment: Es war das in ihrer über 50-jährigen Geschichte. Ein Ergebnis, das völlig konträre Reaktionen zur Folge hatte.



Während die Braunschweiger Anhänger den Punktgewinn bei den heimstarken Gastgebern gemeinsam mit den Spielern frenetisch feierten, wurden die Roten mit Pfiffen in die Kabine verabschiedet. Ein an der Leine völlig unbekanntes Szenario.

"Ich kann die Enttäuschung der Fans verstehen. Sie hatten sich nichts sehnlicher gewünscht als einen Sieg", zeigte Dirk Dufner Verständnis für die Reaktion von den Rängen - und das bezog sich nicht allein auf das Spiel. "Sechs Spiele ohne Sieg. Da darf man schon von einer kleinen Krise sprechen." Da stimmen der Sportdirektor und sein Präsident überein. "Wir befinden uns in einer Leistungskrise. Darüber müssen wir reden", so Martin Kind.

Da kommt den 96ern die Länderspielpause gerade recht. "Wir sind sehr enttäuscht. Wir hätten unseren Fans den Sieg gerne geschenkt", so Andre Hoffmann. "Wieso, weshalb warum? Es ist müßig, darüber zu reden. Wir haben jetzt zwei Wochen Zeit, aus dem Tal wieder herauszukommen." Ein Warum hat zumindest Dufner entdeckt: "Ich hatte das Gefühle, wir haben zu kontrolliert gespielt. Daher hatten wir zu wenig Überraschungsmomente. Der Druck, bloß nicht zu verlieren, war unwahrscheinlich groß."

"Basics haben gestimmt"



Das hatte auch Lieberknecht nach dem Spielverlauf so interpretiert. "Ich glaube, wir sind uns alle einig, dass es fußballerisch kein Leckerbissen war", so der Braunschweig-Coach. "Aber bei uns haben die Basics gestimmt: leidenschaftlicher Kampf, exzellentes Zweikampfverhalten und hohe Laufbereitschaft. Das zeigt, dass wir uns entwickeln."

"Wir werden von Mal zu Mal besser. Vielleicht haben wir wirklich länger gebraucht, uns an die Bundesliga zu gewöhnen, als wir gedacht hatten", sieht auch Daniel Davari nach dem "wichtigen zweiten zu null in Folge" deutliche Fortschritte im Spiel der Braunschweiger. Und der Keeper verriet bundesliga.de, dass die Mannschaft "schon ein wenig stolz" sei, nach dem Sieg in Wolfsburg und dem Remis in Hannover die inoffizielle Tabelle der Niedersachsen-Meisterschaft anzuführen.

"Das war schon ein außergewöhnliches Spiel", hob Slomka den Derby-Charakter hervor. "Wir haben uns bekämpft und bearbeitet, aber nicht bekriegt. So soll es sein." Und darauf müssen die Fans nicht wieder 37 Jahre warten, denn im Frühjahr kommt es zum Rückspiel in Braunschweig. Und da man in der Löwenstadt nach dem Holperstart jetzt fest an den Klassenerhalt glaubt, soll nicht wieder eine Fußballer-Generation heranwachsen müsen, bevor es zu einem erneuten Duell an der Leine kommt.

Aus Hannover berichtet Jürgen Blöhs