Oualid Mokthari (r.) erzielte am 25. Spieltag gegen Wehen Wiesbaden sein erstes Zweitliga-Tor für den FSV. Bruder Youssef ist der erste Gratulant
Oualid Mokthari (r.) erzielte am 25. Spieltag gegen Wehen Wiesbaden sein erstes Zweitliga-Tor für den FSV. Bruder Youssef ist der erste Gratulant

"Wir haben viel Euphorie im Team"

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Der FSV Frankfurt sorgt in der Rückrunde der 2. Bundesliga mächtig für Furore. Von acht Partien gewann der Aufsteiger fünf. Nur eine Begegnung ging verloren.

Durch diese Erfolgsserie verbesserte sich der FSV vom letzten Tabellenplatz auf den 13. Doch wo liegen die Gründe für den Aufschwung bei den Hessen? Darüber sprach bundesliga.de mit Mittelfeldpieler Oualid Mokhtari, der -wie sein Bruder - seit Oktober 2008 das Trikot des FSV trägt.

Außerdem verrät der 26-Jährige, warum er sich beim FSV wohlfühlt, wie er einen schweren Zusammenstoß verarbeitet hat, und er wirft einen Blick auf die kommende Begegnung bei Hansa Rostock. "Wir müssen dort nicht gewinnen!", sagt der gebürtige Marokkaner.

bundesliga.de: Herr Mokhtari, Sie sind seit Oktober 2008 beim FSV. Was gefällt Ihnen an Ihrem neuen Verein?

Oualid Mokhtari: Es ist alles sehr familiär - wie in einem kleinen Dorf. Jeder kennt jeden - vom Platzwart bis zum Team-Chef. Es wird sehr ruhig und konzentriert gearbeitet. Zudem ist der große Druck von außen nicht da.

bundesliga.de: Vor Ihrem Wechsel zum FSV waren Sie kurz vereinslos. Wie haben Sie sich in der Zwischenzeit fit gehalten?

Mokhtari: Ich habe mich bei den Amateuren von Eintracht Frankfurt fit gehalten, die von Trainer Frank Leicht und Co-Trainer Alexander Schur betreut werden. Dafür, dass man mir dort diese Möglichkeit gegeben hat, bin ich sehr dankbar.

bundesliga.de: Zuvor war der Transfer zum FSV zunächst gescheitert.

Mokhtari: Ja, Team-Chef Tomas Oral wollte mich schon im Sommer 2008 zum FSV holen. Zu diesem Zeitpunkt konnte ich mich mit dem Club aber noch nicht auf einen Vertrag einigen.

bundesliga.de: Aber im Oktober hat es dann doch noch geklappt...

Mokhtari: Ja, im Oktober haben wir uns dann doch noch auf eine Zusammenarbeit geeinigt.

bundesliga.de Kurz nach Ihnen wechselte auch Ihr Bruder Youssef zum FSV. Wie wichtig ist es für Sie, dass Sie gemeinsam mit Ihrem Bruder in einer Mannschaft spielen?

Mokhtari: Ich profitiere von ihm. Er ist einer, der Fußball spielen will, der das Auge hat, der einen sehr gut in Szene setzen kann - er kann einfach den "tödlichen" Pass spielen. Zudem hat er sehr viel Erfahrung und kann die anderen Spieler der Mannschaft weiterbringen. Er ist ein Pol im Team, der immer Ruhe hereinbringt, den Ball hält und wenn es einmal nicht läuft, auch mal den Mund aufmacht - er ist einfach ein Leader!

bundesliga.de: Verstehen Sie sich mit ihm auf dem Platz besser als mit anderen Mitspielern?

Mokhtari: Man kennt sich halt. Wir haben bereits bei Jahn Regensburg zusammengespielt. Man muss an der Arbeit immer Spaß haben, und so versuchen wir Fußball zu spielen. Das merkt man auch, wenn wir auf dem Platz stehen. Aber ich spiele auch mit den anderen Mitspielern gerne und gut zusammen. Aber Youssef sucht halt immer das Kurzpassspiel - das macht mir besonders viel Spaß!

bundesliga.de: Nach der Hinrunde rangierte der FSV auf dem letzten Platz. In der Rückrunde sind sie richtig durchgestartet. Von acht Partien gewann die Mannschaft fünf, nur eine ging verloren. Wie erklären Sie sich das?

Mokhtari: In der Hinrunde haben wir nur 13 Punkte geholt - das ist eine sehr schwache Quote. Allerdings hatten einige Spieler keine Vorbereitungszeit in der Sommerpause - z.B. mein Bruder und ich. Wir sind erst später zum Team gestoßen. In der Winterpause haben wir alle gewusst, dass neue Spieler dazukommen werden und wir noch eine gemeinsame Vorbereitungsphase haben. Im Trainingslager haben wir gut gearbeitet. An den Freundschaftsspielen haben wir schon gesehen, dass es aufwärts geht. Wir haben viele gute Testspiele absolviert, viele Partien für uns entschieden. Zum Rückrundenauftakt sind wir gut aus den Startlöchern gekommen. Jetzt haben wir viel Euphorie im Team, die wir Woche für Woche mit in die Spiele nehmen.

bundesliga.de: Was hat Team-Chef Tomas Oral mit der Mannschaft in der Winterpause angestellt? Oder was hat sich zur Rückrunde geändert?

Mokhtari: Er hat den Kader verkleinert. Dadurch kann man im Training konzentrierter arbeiten. Zuvor haben wir teilweise mit 30 Mann trainiert - das war zu viel. Der Fitnesszustand der Spieler ist dadurch besser geworden. Zudem hat man durch die Neuverpflichtungen im Winter einfach mehr Qualität in den Reihen.

bundesliga.de: Nach dem Motto "Konkurrenz belebt das Geschäft"...

Mokhtari: Ja, klar. Der Team-Chef vermittelt den Spielern, die derzeit hinten dran stehen, dass sie jede Woche eine Chance bekommen können. Jede Position muss man doppelt besetzten, so dass jeder, der ins Spiel hereinkommt, direkt Vollgas gibt. Das hat jeder verstanden!

bundesliga.de: Der Teamgeist scheint in der Mannschaft sehr gut zu sein...

Mokhtari: Ja, auf jeden Fall! Es bringt uns nichts, wenn Neid in der Mannschaft aufkommt. Wenn es in einer Mannschaft Gruppenbildungen gibt, wird sie auf Dauer nie Erfolg haben. Es muss immer familiär zugehen, jeder muss bereit sein, für den anderen zu rennen. Dann wird man auf Dauer auch Erfolg haben - man sieht es ja jetzt bei uns. Nur so geht es! Wenn jeder seine eigene Suppe kocht, werden wir keinen Erfolg haben - dann werden wir noch absteigen!

bundesliga.de: Verschwenden Sie nach dieser eindrucksvollen Serie überhaupt noch einen Gedanken an den Abstieg aus der 2. Bundesliga?

Mokhtari: Ich kenne diese Situation. Mit Kickers Offenbach bin ich in der vergangenen Saison abgestiegen. Da hatten wir nach 28 Spieltagen acht Punkte Vorsprung auf die Abstiegsplätze und dennoch hat es uns am letzten Spieltag wegen des schlechteren Torverhältnisses noch erwischt. Deshalb versuche ich jetzt schon, ein wenig die Euphoriebremse zu treten. Wir haben jetzt 30 Punkte - das ist gut -, aber wir müssen jeden Tag weiterarbeiten.

bundesliga.de: In der Partie bei der SpVgg Greuther Fürth hatten Sie einen schweren Zusammenstoß mit dem Fürther Torhüter Stephan Loboue. Sie zogen sich eine Gehirnerschütterung und einen Nasenbeinbruch zu. Wie erging es Ihnen da?

Mokhtari: Ich war im Krankenhaus und die Ärzte sind zu mir gekommen und haben gesagt: "Wenn du dich jetzt operieren lässt, ist die Saison für dich vorbei!" Schließlich musste ich doch nicht operiert werden, allerdings bekam ich ein dreiwöchiges Fußballverbot auferlegt. Aber schon nach zehn Tagen habe ich wieder angefangen - ich wollte unbedingt so schnell wie möglich wieder spielen. Ich wollte der Mannschaft helfen, damit wir nicht absteigen.

bundesliga.de: Mussten Sie im Nachhinein noch an den Unfall daran denken?

Mokhtari: Am Anfang schon. In Oberhausen habe ich mein erstes Spiel nach der Verletzungspause bestritten, da haben sogar die Gegenspieler Rücksicht genommen. Dort habe ich auch erneut einen Schlag auf die Nase bekommen - da ging sogar ein Raunen durch das Publikum, das wusste ja auch, dass ich im Krankenhaus war.

bundesliga.de: Nach der Länderspielpause reist der FSV zum Auswärtsspiel nach Rostock. Was erwarten Sie von dieser Partie?

Mokhtari: Rostock steht wirklich nicht gut da. Die sind verunsichert. Wir kommen mit einer breiten Brust. Auswärts sind wir defensiver veranlagt und spielen auf Konter. Dort müssen wir kompakt stehen. Wir müssen dort nicht gewinnen! Wenn wir einen Punkt mitnehmen, ist es schon ein großer Erfolg. Kommt noch mehr dabei heraus - umso besser!

Das Gespräch führte Sven Becker