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Thomas Ernst gehört seit Juli 2008 zur Vorstandschaft des VfL Bochum
Thomas Ernst gehört seit Juli 2008 zur Vorstandschaft des VfL Bochum

"Wir haben ungläubig den Kopf geschüttelt"

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München - Das Fernduell zwischen dem VfL Bochum und der SpVgg Greuther Fürth war am vorletzten Spieltag der 2. Bundesliga an Dramatik nicht zu überbieten. In letzter Sekunde schlugen die Bochumer in Osnabrück noch zwei Mal zu und sprangen dadurch wieder auf Platz 3, den sich zwischenzeitlich schon die SpVgg Greuther Fürth gekrallt hatte.

Auf der Bank mitgefiebert und mitgelitten hat auch Thomas Ernst, der sportliche Leiter des VfL. Der 43-Jährige war selbst fünfeinhalb Jahre Spieler des Westclubs und hat zwei Aufstiege am eigenen Leib miterlebt. Vor der entscheidenden Partie gegen den MSV Duisburg verrät er bundesliga.de, warum der VfL in die Bundesliga gehört, wie er den Last-Minute-Erfolg in Osnabrück erlebt hat und blickt voraus auf einen möglichen Relegationsgegner.

bundesliga.de: Herr Ernst, warum gehört der VfL Bochum in die Bundesliga und nicht in die 2. Bundeliga?

Thomas Ernst: Von den 40 Jahren, die wir bisher im Profifußball unterwegs waren, waren wir 34 in der Bundesliga und eben nur sechs in der 2. Bundesliga. Wir sind nach einem Abstieg immer direkt aufgestiegen. Der VfL gehört einfach in die Bundesliga.

bundesliga.de: Sie haben selbst fünfeinhalb Jahre für den VfL Bochum gespielt und sind zwei Mal (1996, 2000) mit dem VfL aufgestiegen. Welche Erinnerungen haben Sie an diese Erfolge?

Ernst: Als ich 1995 hergekommen bin, sind wir gleich im ersten Jahr sehr souverän aufgestiegen. Wir hatten eine beeindruckende Mannschaft, die in der 2. Bundesliga tollen Fußball gezeigt hat und die dann mit ganz wenigen Verstärkungen im Jahr darauf in der Bundesliga die UEFA-Cup-Qualifikation erreicht hat. Dieser Erfolg ist sehr präsent, obwohl es schon 15 Jahre her ist. Der zweite Aufstieg war ganz anders. Da hatten wir, ähnlich wie in diesem Jahr, große Probleme in der Hinrunde, haben dann das Feld von hinten aufgerollt und es hat noch gereicht. Diesen Ausgang wünsche ich mir auch für diese Saison.

bundesliga.de: Der VfL hat bisher nach jedem Abstieg sofort wieder die Rückkehr in die Bundesliga geschafft. Das ist ein Phänomen. Woher kommt dieser Glaube? Was zeichnet den Verein in diesen Situationen aus?

Ernst: Wir beim VfL sind sehr stolz drauf, dass uns das immer gelungen ist. Allerdings ist das keine Garantie dafür, dass dies auch in diesem Jahr klappt. Das Wissen, was nötig ist, um eine Mannschaft nach einem Abstieg aufzufangen und wieder konkurrenzfähig zu machen, hilft jedoch ungemein. Während der Jahre in der 2. Bundesliga haben wir die Erfahrung gemacht, dass der Aufstieg nie ein Selbstläufer ist. Drei Mal sind wir zwar souverän aufgestiegen, zwei Mal haben wir uns aber auch richtig schwer getan. Wichtig ist, dass man bereits in der Bundesliga entsprechende Vorbereitungen trifft, dass man auch im Abstiegsfall einen Kader zur Verfügung hat, auf dem sich aufbauen lässt. Die Hinrunde hat allerdings auch eindeutig gezeigt, dass alles ein bisschen Zeit braucht nach so einem Erlebnis. Geduld und ein langer Atem sind für dieses Vorhaben von entscheidender Bedeutung.

bundesliga.de: Auch der Trainer Friedhelm Funkel ist mit fünf Aufstiegen ein Experte, was diese Thematik anbelangt. Wie hoch ist sein Anteil am Abschneiden der Mannschaft?

Ernst: Ein Trainer muss viel fachliche Qualität und Menschenkenntnis besitzen, um eine Truppe von 24 Spielern zielgerichtet in der Spur zu halten, dass sie gut funktionieren. Gerade bei den Schwierigkeiten, die wir zu Beginn hatten. Der Trainer ist genau wie alle im Verein mit der Situation sehr souverän umgegangen. Er konnte weiter in Ruhe arbeiten und das hat sich ausgezahlt.

bundesliga.de: Die Mannschaft wirkte nach dem Ausgleich in der 82. Minute angeschlagen und der VfL Osnabrück dem Siegtreffer näher. Hätten Sie gedacht, dass der VfL noch einmal zurückschlagen kann?

Ernst: Die Mannschaft hat in den letzten Wochen in vielen Spielen sehr viel Moral bewiesen und viele Partien in der Schlussphase entschieden. Aber es ist doch klar, dass man nach diesem Gegentor erst einmal kurz innehält und daran denkt, was das für Auswirkungen hat. Aber die Mannschaft hat dann wieder den Schalter umgelegt, so dass wieder Hoffnung aufkeimte.

bundesliga.de: Wie war Ihre Reaktion auf die beiden Treffer in der Nachspielzeit?

Ernst: Wir haben uns natürlich riesig gefreut und gejubelt. Und auch ungläubig den Kopf geschüttelt, wie wahnsinnig Fußball sein kann.

bundesliga.de: Sehen Sie den Last-Minute-Sieg in Osnabrück als absoluten Big Point im Aufstiegskampf an?

Ernst: Klar. Hätten wir den nicht geholt, dann wären wir jetzt diejenigen, die hinterherlaufen würden und es nicht mehr in der eigenen Hand hätten. Die Situation hat sich aber nicht verändert. Wir wollen das letzte Spiel gewinnen und dann sind wir Dritter. Das ist eine gute Ausgangsposition, weil wir nur auf uns schauen können.

bundesliga.de: Der VfL hat am letzten Spieltag alles in eigener Hand. Nur noch ein Sieg fehlt bis zur Relegation. Haben Sie die Befürchtung, dass der Druck vor dem Spiel zu groß ist und hemmend auf die Mannschaft wirkt?

Ernst: Das glaube ich nicht. Den Druck hat die Mannschaft auch vor den Spielen gegen Union Berlin und den VfL Osnabrück gehabt. Beide Herausforderungen haben wir gemeistert. Wir haben eine gute Mischung aus jungen und erfahrenen Spielern. Deswegen mache ich mir um das Nervenkostüm unserer Mannschaft keine Gedanken

bundesliga.de: Wie schätzen Sie den Gegner ein? Hat der MSV Duisburg schon das Pokalfinale in Berlin im Kopf und geht mit einer lockeren Einstellung in die letzte Partie?

Ernst: Sie werden frei von der Leber weg spielen. Nachdem sie zwischendrin mal einen Hänger hatten, haben sie in den letzten Wochen wieder einige Spiele gewonnen und werden mit Selbstbewusstsein anreisen. Ich erwarte einen sehr spielstarken Gegner, der alles geben wird und uns das Leben sehr schwer machen wird.

bundesliga.de: Welchen Gegner würden Sie sich für die Relegation wünschen?

Ernst: Das können wir eh nicht beeinflussen. Wir müssen erst unsere Hausaufgaben machen, deswegen will ich gar nicht über das reden, was danach kommen könnte. Wie der Gegner heißt, ist auch relativ egal. Jeder Bundesligist hat seine Qualitäten, aber auch in der aktuellen Saison seine Probleme gehabt. Sonst würde er da unten nicht stehen.

bundesliga.de: Hat der VfL genügend Substanz, um die Extraschicht Relegation erfolgreich bestreiten zu können?

Ernst: Mental glaube ich das auf jeden Fall. Angesichts unserer Situation in der Hinrunde ist es ein großer Erfolg, die Relegation erreicht zu haben. Auch wenn wir ein paar Verletzte haben: Die Mannschaft wird es angesichts des Teamgeistes und der Unterstützung unserer Anhänger schaffen.

Das Gespräch führte David Schmidt