Markus Thorandt (l.) und sein FC St. Pauli haben sich mittlerweile bis auf Rang 13 vorgekämpft
Markus Thorandt (l.) und sein FC St. Pauli haben sich mittlerweile bis auf Rang 13 vorgekämpft

"Wir haben mehr erwartet"

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Hambug - Obwohl nur Rang 13 zu Buche steht, ist der FC St. Pauli mit dieser Platzierung nach 19 Spieltagen nicht unzufrieden. Zwar hatte man am Millerntor nach dem nur haarscharf verpassten Aufstieg in der Vorsaison damit gerechnet, auch in dieser Spielzeit ganz oben dabei zu sein, doch der Saisonstart ließ Ernüchterung einziehen. Nach neun Spieltagen stand der Kiez-Club auf dem vorletzten Tabellenplatz.

"Da waren richtig schlechte Spiele dabei", sagt Markus Thorandt. Im Interiew mit bundesliga.de spricht der Innenverteidiger über den misslungenen Saisonstart und den Aufschwung nach dem Trainerwechsel. Außerdem blickt der 31-Jährige auf den Aufstiegskampf und zieht Parallelen zwischen dem FC und seinem Ex-Verein 1860 München.

bundesliga.de: Herr Thorandt, in der Vorsaison hat der FC St. Pauli nur wegen des schlechteren Torverhältnisses gegenüber Düsseldorf die Relegation verpasst. Daher gehörte der Verein für viele auch in dieser Saison zum Kreis der Aufstiegsfavoriten. Nach verpatztem Saisonstart überwintert der Club auf Rang 13. Wie lautet ihr Fazit für die bisherige Saison?

Markus Thorandt: Wir haben definitiv mehr erwartet und hatten gehofft, wieder oben mitzuspielen. Der Saisonstart war katastrophal. Da waren richtig schlechte Spiele dabei. In den letzten zehn Spielen nach dem Trainerwechsel haben wir 15 Punkte geholt und sind von den Abstiegsrängen weg.

bundesliga.de: Woran lag es?

Thorandt: Der Umbruch im Team war doch sehr groß. 14 Neue sind gekommen und 15 Spieler haben den Verein verlassen. Das hat Zeit gebraucht. Und wir haben viel junge Spieler. Ich glaube, dass wir uns mittlerweile als Mannschaft gefunden haben. Und es wird noch besser, weil die Jungs alle Qualität haben.

bundesliga.de: Außerdem wurde zu Saisonbeginn auf ein 4-4-2-System umgestellt. Hat die Mannschaft das nicht schnell genug verinnerlicht?

Thorandt: Nein, das war nicht das Problem. Das war ja nichts wirklich Neues. Jeder hat das System schon mal gespielt.

bundesliga.de: Trotzdem gab's unter Michael Frontzeck die Rückkehr zum 4-2-3-1-System. Welches gefällt Ihnen als Innenverteidiger besser?

Thorandt: Für uns Verteidiger hat das 4-2-3-1-System den Vorteil, dass wir mit zwei Sechsern spielen, die uns mehr absichern als im 4-4-2.

bundesliga.de: Kommen wir zum Angriff. 18 Treffer in 19 Spielen - keine andere Mannschaft hat so selten getroffen. Woran liegt das?

Thorandt: Die Torschuss-Statistik sieht schon besser aus. Da war auch schon ein wenig Pech dabei. Ich denke an Spiele wie in Paderborn oder zuletzt Ingolstadt, wo der Großteil der Chancen auf unserer Seite war. Vorn hatten wir mit Daniel Ginczek nur Einen, der treffsicher war. Aber die mangelhafte Torausbeute darf man nicht nur an den Stürmern festmachen.

bundesliga.de: Nur ein Auswärtssieg bisher in dieser Saison. Baut sich da im Laufe der Zeit eine Art Auswärtskomplex auf?

Thorandt: Nein. Das habe ich überhaupt nicht im Kopf. Ich gehe ins Spiel so rein, dass ich gewinnen will. Meist fahren wir ja mit einem Heimsieg im Rücken zum Auswärtsspiel. Da geht man schon mit einem guten Gefühl auf den Platz.

bundesliga.de: Was dürfen die Fans in den kommenden 15 Spielen nach der Winterpause erwarten?

Thorandt: Es ist immer schwer, Versprechungen zu machen. Ich glaube, dass wir die letzten Spiele das umgesetzt haben, was wir uns vorgenommen haben. Wir wollen in der Rückrunde mehr Punkte holen als in der Vorrunde.

bundesliga.de: Schauen wir nach oben, wo St. Pauli ja gern dabei wäre. Braunschweig und Hertha BSC haben sich doch schon sehr von den Verfolgern abgesetzt. Kommt da noch jemand an die direkten Aufstiegsränge ran?

Thorandt: Normalerweise darf Braunschweig sich bei dem Vorsprung den Aufstieg nicht mehr nehmen lassen. Und Berlin hat die stärkste Mannschaft von den Einzelspielern her. Die beiden sind schon die Favoriten für den Aufstieg. Aber auch Kaiserslautern ist sehr gut besetzt. Die darf man sicher noch nicht abschreiben.

bundesliga.de: St. Pauli ist erst Ihr dritter Club. Zuvor waren Sie in Augsburg und bei 1860 München. St. Pauli und München spielen ja eine ähnliche Rolle als Club hinter einem großen Verein in der Stadt. Beide gelten als Kult. Vergleichen Sie bitte mal St. Pauli und 1860.

Thorandt: Das ist schon eine große Ähnlichkeit. Beide sind Traditionsvereine mit einer großen Fangemeinde. Es herrscht eine Riesen-Rivalität, die man auch spürt. Gegen Bayern habe ich im DFB-Pokal gespielt, hier gegen den HSV in der Bundesliga. Das sind schon besondere Spiele, die die Stadt elektrisieren. Der Unterschied: Die Fans vom FC St. Pauli verzeihen mehr. Die unterstützen uns, auch wenn es mal nicht so läuft. Und als Spieler hat man in Hamburg mehr Freiraum.

bundesliga.de: Gibt es noch Kontakt zu Augsburg?

Thorandt: Nein, das ist schon zu lange her. Aber natürlich zitter ich mit dem FC. Das ist meine Heimatstadt, und ich würde mich schon sehr freuen, wenn sie den Klassenerhalt noch schaffen.

bundesliga.de: Weihnachten steht vor der Tür. Haben Sie noch einen Wunsch was den Kader anbetrifft, vielleicht eine Verstärkung auf einer Position?

Thorandt: Ich denke, unser Kader ist groß genug und es gibt keine Notwendigkeit, neue Spieler zu verpflichten.

bundesliga.de: Und privat?

Thorandt: Ganz banal: Dass die Familie gesund bleibt, ist wohl das wichtigste.

Das Gespräch führte Jürgen Blöhs