Uwe Neuhaus steht bei Union Berlin schon seit 2007 als Cheftrainer unter Vertrag
Uwe Neuhaus steht bei Union Berlin schon seit 2007 als Cheftrainer unter Vertrag

"Weiter offensiv spielen"

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Berlin - Nein, mit einem Saisonziel will Uwe Neuhaus noch nicht herausrücken. Der Coach des 1. FC Union Berlin weiß, dass die Erwartungen nach der letzten Saison nicht kleiner geworden sind.

Doch von Rang 7 in der vergangenen Spielzeit bis zum Kampf um die Aufstiegsplätze ist es kein weiter Weg mehr. Natürlich hätte auch Neuhaus, der vor zehn Jahren als Co-Trainer von Borussia Dortmund sogar schon Deutscher Meister wurde, nichts dagegen, ins Oberhaus vorzurücken. Doch der frühere Bundesligaspieler (102 Einsätze für Wattenscheid 09) warnt, dass die Luft "immer dünner" wird, "je höher man kommt". Wie sich die Köpenicker zumindest weiter verbessern wollen, erläutert der 52-Jährige im Gespräch mit bundesliga.de.

bundesliga.de: Herr Neuhaus, letzte Saison ist Union mit Platz 7 erstmals inoffizieller "Ost-Meister" geworden, dennoch hatte Ihr Klub die viertschlechteste Defensive der Liga - wie wollen Sie die Mannschaft hinten stabiler machen?

Uwe Neuhaus: Das Problem betrifft nicht nur die Abwehr. Defensivarbeit geht die ganze Mannschaft an, da müssen wir uns insgesamt verbessern. Wir pflegen einen offensiven Spielstil, den will nicht nicht groß ändern. Aber in der Rückwärtsbewegung müssen sich alle Spieler verbessern, damit wir insgesamt weniger Gegentore kassieren.

bundesliga.de: War die schlechte Defensivbilanz auch der Grund, mit Björn Kopplin und Fabian Schönheim auf den Außenverteidigerposition noch einmal nachzulegen?

Neuhaus: Bei Kopplin lief der Vertrag aus und wir hatten vorher mit Marc Pfertzel nur einen Mann für die rechte Verteidigerposition. Dass es uns gelungen ist, Björn zu holen, hatte natürlich auch mit seiner Vorgeschichte als Union-Jugendspieler zu tun. Schönheim ist für die Innenverteidigung eingeplant, das ist auch mit ihm so besprochen, obwohl er früher häufig als Linksverteidiger gespielt hat.

bundesliga.de: Stimmt es, dass bei Kopplin neben muskulären Problemen auch eine Schambeinentzündung diagnostiziert wurde und er möglicherweise monatelang auszufallen droht?

Neuhaus: Das ist bei ihm eine Folge aus der vergangenen Saison, als er häufig Probleme mit der Leiste hatte, an der sich dann auch hat operieren lassen. Ich hoffe natürlich, dass die Schambeinprobleme jetzt nicht, wie etwa im Fall Mario Götze, mehrere Monate andauern.

bundesliga.de: Mit Daniel Haas haben Sie zudem eine neue Nummer eins verpflichtet, die jetzt aber mit einem Innenmeniskuseinriss ebenfalls länger auszufallen droht - wie bitter ist das?

Neuhaus: Natürlich ist es bitter, wenn ein neuer Spieler, der bisher von Operationen verschont geblieben war, nach zwei Wochen einen Meniskuseinriss erleidet. Trotzdem bin ich überzeugt, dass Daniel uns mit seiner professionellen und ehrgeizigen Art noch weiterhelfen wird.

bundesliga.de: Viele waren von dieser Verpflichtung ein wenig überrascht, nachdem Jan Glinker letzte Saison als einer der besten Keeper der Liga galt. Warum wollten Sie dennoch den Wechsel zwischen den Pfosten?

Neuhaus: Wir hatten vorher den Konkurrenzkampf zwischen Glinker und Marcel Höttecke, der dann leider öfter verletzt war. Ich wollte jetzt eine weitere Verbesserung auf dieser Position. Wenn Glinker durch den Konkurrenzkampf mit Haas nochmal zulegt, ist uns ja auch geholfen. Wer die Nase vorn hat, wenn Haas seine Verletzung auskuriert hat, wird man sehen. Letztendlich entscheidet immer die Leistung.

bundesliga.de: Fehlt im Kader noch ein Stürmer - während der Rückrunde verließ ja Mosquera den Verein?

Neuhaus: Das stimmt, es wäre riskant, mit nur drei nominellen Stürmern in die Saison zu gehen. Wenn einer verletzt ist und man mit zwei Angreifern spielt, hat man ein Problem, nochmal nachzulegen. Deshalb sind wir bemüht, noch etwas zu machen und sind da auch in guten Gesprächen.

bundesliga.de: Sie konnten praktisch alle Stammspieler halten – wie wichtig ist das für die Eingespieltheit des Teams?

Neuhaus: Das praktizieren wir eigentlich schon seit Jahren, dass wir die Mannschaft punktuell verstärken, ohne den halben Kader auszuwechseln. Damit sind wir bisher ganz gut gefahren. Natürlich muss man in jedem Jahr aufs Neue schauen, ob die Neuzugänge einschlagen.

bundesliga.de: Stimmt es, dass Torsten Mattuschka Ihr Mannschaftskapitän bleibt? Es gab ja in dieser Hinsicht Spekulationen.

Neuhaus: Ich sehe keine Veranlassung, ihn als Kapitän abzusetzen.

bundesliga.de: Wie zufrieden sind mit der bisherigen Vorbereitung?

Neuhaus: Bis auf die Verletzten bin ich sehr zufrieden. Wir hatten ein gutes Lauftrainingslager, gefolgt von einer Woche Urlaub. Wenn man die hohe Intensität und Umfänge der Trainingseinheiten berücksichtigt, bin ich auch mit den Leistungen in den Testspielen zufrieden.

bundesliga.de: Gab es in der Vorbereitung bereits Spieler, die Sie positiv überrascht haben?

Neuhaus: Eigentlich ist es so wie jedes Jahr, wenn noch nicht alle Plätze vergeben sind. Die Stimmung ist gut und alle versuchen, den Trainer durch Leistung von sich zu überzeugen.

bundesliga.de: Zum Abschluss testet Union gegen die PSV Eindhoven. Wird bei diesem Härtest schon die Elf auflaufen, die Sie für das erste Pflichtspiel im Kopf haben?

Neuhaus: Natürlich wird es grob die Mannschaft sein, die beim Ligaauftakt in Kaiserlautern spielen könnte - ohne Garantien abzugeben. Für eine Überraschung bin ich trotzdem immer zu haben.

bundesliga.de: Was ist das Saisonziel für die neue Spielzeit?

Neuhaus: Das werden wir offizell bekanntgeben, wenn der Kader komplett ist beziehungsweise kurz vor Meisterschaftsbeginn.

bundesliga.de: Aber nach Platz 7 in der vergangenen Spielzeit soll es schon weiter nach oben gehen, oder nicht?

Neuhaus: Natürlich will man sich immer verbessern und nicht verschlechtern. Aber je höher man kommt, desto dünner wird die Luft. Die Absteiger Köln, Hertha und Lautern sind natürlich wieder die ersten Favoriten für den Aufstieg. Auch St. Pauli war letzte Saison oben dran, 1860 München hat sich gut verstärkt – an denen wird man nicht so einfach vorbeikommen.

bundesliga.de: Gleich im zweiten Heimspiel steht das Derby gegen die Hertha auf dem Programm - freuen sich auf die Vergleiche mit dem Stadtrivalen?

Neuhaus: Wir wissen aus der vorletzten Saison, welche Emotionen dabei in der ganzen Stadt hochkommen. Das ist für die Fans natürlich ein absolutes Highlight. Es ist klar, dass wir dabei auf eine Wiederholung der guten Ergebnisse von damals hoffen (ein Sieg, ein Remis). Auch wenn der endgültige Herthakader noch nicht feststeht, gehören sie mit Sicherheit zu den absoluten Favoriten. Trotzdem ist in den beiden Spielen alles möglich.

bundesliga.de: Im Pokal geht es in der 1. Runde schon wieder zu Rot-Weiss Essen dürfen die Fans auf Revanche für das Aus gegen RWE in der letzten Saison hoffen?

Neuhaus (lacht): Auch das steht auf unserer Agenda. Wir sind im Pokal in den letzten Jahren immer ausgeschieden, haben häufig enttäuscht. Diesmal versuchen wir, es besser zu machen.

bundesliga.de: Haben Sie die Befürchtung, dass durch die Stadionbaustelle Unions Heimstärke ein wenig in Gefahr gerät?

Neuhaus: Nein, überhaupt nicht. Die Bauarbeiten schreiten sehr zügig voran. Vielleicht stehen beim zweiten Heimspiel sogar schon die Treppen, sodass die Seite schon zu ist und wir nicht allzu sehr in ein Loch schauen. Aber die 17.000, die immer noch hineinpassen, werden uns enthusiastisch unterstützen. Die Freude auf die neue Tribüne überwiegt ohnehin alles andere.

Das Gespräch führte Andre Anchuelo