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Macht seinem Namen oft alle Ehre: Robin Himmelmann - © © imago / Schreyer
Macht seinem Namen oft alle Ehre: Robin Himmelmann - © © imago / Schreyer

Interview mit Torhüter Robin Himmelmann vom FC St. Pauli über das Derby gegen den HSV

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Köln - Derby-Stimmung in Hamburg: Am Sonntag treffen der Hamburger SV und der FC St. Pauli aufeinander. Das letzte Duell fand im Februar 2011 statt und wurde von St. Pauli gewonnen – damals noch in der Bundesliga. St. Paulis Torwart Robin Himmelmann ist seit dem Jahre 2012 bei St. Pauli und weiß um die besondere Bedeutung dieses Spiels. Im exklusiven bundesliga.de-Interview spricht der 29-Jährige über das Duell mit dem HSV, aber auch über die Besonderheiten von St. Pauli, seinen Weg in den Profifußball und gemeinsame Trainingseinheiten mit Manuel Neuer.

Video: St. Pauli gewinnt das letzte Derby im Februar 2011

bundesliga.de: Herr Himmelmann, mit welchem Gefühl blicken Sie dem Derby gegen den Hamburger SV entgegen?

Robin Himmelmann: Das ist ein besonderes Spiel, auf das wir uns alle freuen. Aufgrund der englischen Woche bestand leider nur wenig Zeit, sich richtig auf dieses Spiel einzustimmen. Aber es wird sicherlich sehr emotional werden. Andererseits sollten wir Spieler zusehen, dass die Emotionen nicht allzu sehr hochkochen. Wir müssen unsere taktische Linie klar durchziehen. Das ist schwer umsetzbar, wenn zu viele Emotionen im Spiel sind.

bundesliga.de: Das Spiel findet im Volksparkstadion vor 57.000 Zuschauern statt. Haben Sie sich schon einmal ein Spiel dort vor Ort angesehen oder geht Spieler des FC St. Pauli nicht in das Stadion des Stadtrivalen?

Himmelmann: Doch, ich habe mir schon einige Spiele im Volksparkstadion angesehen. Schon als Jugendlicher war ich einmal dort, als ich die Stadt Hamburg besucht habe. In den letzten Jahren bin ich ebenfalls das eine oder andere Mal im Stadion gewesen. Das war nie ein Problem. Es gab keine negativen Reaktionen, weil ich ein Spieler vom FC St. Pauli bin.

FC St. Pauli bietet beim Hamburger Derby ein Public Viewing im Millerntor-Stadion

"Das letzte Derby haben wir gewonnen"

bundesliga.de: Als Ihre Mannschaft nach dem zweiten Spieltag Tabellenführer war, sangen die Fans: "Die Nummer 1 der Stadt sind wir." Wie nehmen Sie die Rivalität zwischen den Fangruppen innerhalb der Stadt wahr?

Himmelmann: So etwas feiern die Fans natürlich. Es war schon eine ganze Zeit lang her, dass der FC St. Pauli in der Tabelle vor dem HSV stand. Grundsätzlich ist es so, dass die jeweilige Fanecke den anderen Verein sehr kritisch sieht. Richtige Probleme zwischen den Fanlagern habe ich allerdings nie mitbekommen.

bundesliga.de: Was würde ein Sieg für die Fans und den Verein bedeuten?

Himmelmann: Sicherlich sehr viel. Das letzte Derby haben wir gewonnen – auch wenn Jan-Philipp Kalla der einzige verbleibende Spieler von der damaligen Mannschaft ist. Seitdem sind über sieben Jahre vergangen. Natürlich wünschen wir uns, dass wir nach dem erneuten Aufeinandertreffen weiter der amtierende Derby-Sieger sind.

bundesliga.de: Wie schätzen Sie den Hamburger SV ein?

Himmelmann: Ich habe vor der Saison bereits gesagt, dass der HSV und Köln die beiden Favoriten auf den Aufstieg sind. Gerade in der Offensive hat der HSV sehr viel Qualität. Für den Verein ist es natürlich von großem Vorteil, dass mehrere Spieler aus der Bundesliga geblieben sind.

In Aktion: Robin Himmelmann - © imago / Jan Huebner

"In diesem Verein hängt die Fan-Liebe nicht zwangsläufig vom sportlichen Erfolg ab." Robin Himmelmann

Sicherer Rückhalt: Robin Himmelmann hütet das Tor des FC St. Pauli - © gettyimages / Thomas Eisenhuth

"Das sind Werte, die ich voll und ganz unterstütze"

bundesliga.de: Haben Sie persönliche Verbindungen zu einigen Spielern des HSV?

Himmelmann: Christoph Moritz kenne ich noch gut aus den gemeinsamen Zeiten beim FC Schalke 04. Zudem haben wir in den folgenden Jahren in der 2. Bundesliga häufiger gegeneinander gespielt. Dadurch hatten wir immer wieder Kontakt. Seitdem er im Sommer zum HSV gewechselt ist, haben wir uns auch schon einmal getroffen.

bundesliga.de: Sie spielen seit dem Jahre 2012 beim FC St. Pauli. Was unterscheidet die Fans dieses Vereins von anderen Fans?

Himmelmann: Viele Fans, besonders die hier im Stadtviertel St. Pauli beheimatet sind, leben diesen Verein. Das beruht auf Gegenseitigkeit: Die Fans engagieren sich sehr im Verein, genauso tut der Verein viel für das Stadtviertel. Daraus ist eine gute Symbiose geworden. Hinzu kommt, dass wir deutschlandweit und sogar über die Landesgrenze hinaus sehr viele Unterstützer haben. Egal wo wir hinkommen: Überall gibt es tausende von Fans, die die Werte des Clubs vertreten.

bundesliga.de: Welche Werte, die der Verein vertritt, sind Ihnen besonders wichtig?

Himmelmann: Der Einsatz gegen Diskriminierung, gegen Homophobie und gegen rechte Gesinnung sind Werte, die ich voll und ganz unterstütze. Insgesamt ist der Verein sehr sozial engagiert.

"Die Fans sind ein Grund, dass wir den Klassenerhalt geschafft haben"

bundesliga.de: Sind diese Werte vielleicht ein Grund dafür, dass das Millerntor-Stadion praktisch immer ausverkauft ist – selbst wenn es sportlich nicht gut läuft?

Himmelmann: Auf jeden Fall. In diesem Verein hängt die Fan-Liebe nicht zwangsläufig vom sportlichen Erfolg ab. Zudem ist um das Millerntor-Stadion ein Mythos entstanden. Viele Menschen reisen hierher, weil sie einmal unser Stadion erleben möchten. In der Gesamtheit wollen die Fans eine Mannschaft auf dem Platz sehen, die kämpft und sich nicht unterkriegen lässt. So lange der Einsatz gestimmt hat, wird das von den Fans honoriert – selbst wenn das Spiel verloren wurde. Die eigene Mannschaft wird niemals ausgepfiffen. Das ist ein Unterschied zu vielen anderen Vereinen. In vielen anderen Stadien wird bereits zur Halbzeit gepfiffen, obwohl es noch 0:0 steht. Das passiert bei uns nicht. Gerade für junge Spieler ist das ein großes Plus.

bundesliga.de: Toll, wenn man solche Fans hat…

Himmelmann: Absolut. Sie sind ein Grund dafür, dass wir letztendlich immer den Klassenerhalt geschafft haben.

bundesliga.de: Andererseits muss die Frage erlaubt sein, was der FC St. Pauli in den letzten Jahre überhaupt so oft in den unteren Tabellenregionen zu suchen hatte. Bei den Möglichkeiten gehört der Verein doch in die erste Tabellenhälfte, oder nicht?

Himmelmann: Wir haben es leider nie geschafft, konstant erfolgreiche Ergebnisse einzufahren. Häufig gelang uns das erst, wenn wir mit dem Rücken zur Wand standen. Wir haben viele Spiele knapp verloren oder die Punkte hergeschenkt, indem wir eine Führung leichtfertig verspielt haben. So ging das Selbstverständnis verloren. Erst als wir dann zum Siegen verdammt waren, weil wir ansonsten abgestiegen wären, haben wir den Bock oftmals umgestoßen.

"Ich habe vor der Saison bereits gesagt, dass der HSV und Köln die beiden Favoriten auf den Aufstieg sind." Robin Himmelmann

"Man braucht großes Glück, um entdeckt zu werden"

bundesliga.de: Als Sie relativ neu beim FC St. Pauli waren, haben Sie zusammen mit Ihrer Partnerin sämtliche Cafes getestet und ein Gutscheinbuch herausgebracht. Wie kam es zu diesem Projekt?

Himmelmann: Meine Freundin und ich haben auf diese Art und Weise gemeinsam die Stadt erschlossen. In Hamburg gibt es genügend Möglichkeiten, irgendwo einzukehren und einen Kaffee zu trinken. Es hat Spaß gemacht, dass alles einmal zu entdecken. Wir haben in knapp zwei Monaten 30 Cafes getestet.

bundesliga.de: Zurück zum Sport: Sie wurden Ende 2014 zum Stammtorhüter des FC St. Pauli ernannt. Diese Position haben Sie zwischenzeitlich aber auch einmal verloren, als Sie im Dezember 2016 eine kleine Verletzung erlitten und in ihrer Abwesenheit die Mannschaft plötzlich den sportlichen Turnaround schaffte. Wie geht ein Torwart damit um, wenn man den Stammplatz verliert, ohne einen Fehler gemacht zu haben?

Himmelmann: Das war natürlich sehr bitter. Ich habe in der Rückrunde trotzdem versucht, der Mannschaft zu helfen. Zugegeben: Das fiel mir in den ersten Wochen nicht einfach. Als Sportler möchte man auf das Spiel am Wochenende hinarbeiten und dann Top-Leistung bringen. Wenn man stattdessen nur auf der Bank sitzt, ist das natürlich unbefriedigend. Trotzdem habe ich mich riesig gefreut, dass wir am Ende die Klasse gehalten haben.

bundesliga.de: Sie haben nie im Nachwuchsleistungszentrum eines Profivereins gespielt. Wurden Sie so spät entdeckt oder sind Sie einfach ein Spätentwickler gewesen?

Himmelmann: Gute Frage (lacht). Ich habe in meinem letzten U 19-Jahr bei Rot-Weiss Essen zumindest in der A-Junioren-Bundesliga gespielt. Das war meine bis dahin höchste Spielklasse. In den Jahren zuvor habe ich eher kleine statt große Schritte gemacht. Rückblickend betrachtet war das vielleicht nicht der falsche Weg. Ich habe in meiner Jugendzeit viele Spieler kennengelernt, die früh zu einem Profiverein gewechselt sind und heute kein Fußball mehr spielen oder lediglich als Amateur. Allerdings ist die Anzahl der Spieler, die kein Nachwuchsleistungszentrum besucht haben und trotzdem Profi werden, weniger geworden. Es wird immer früher ausgesiebt. Man braucht schon großes Glück, um außerhalb dieses Systems entdeckt zu werden.

"Es war abzusehen, dass er eine große Karriere machen würde"

bundesliga.de: Dafür hatten Sie über einen kurzen Zeitraum ein wöchentlich stattfindendes Torwarttraining auf Schalke…

Himmelmann: Genau. Dort gab es eine große Trainingsgruppe mit vielen Torhütern im Bereich U 15 und U 19. Manuel Neuer und Ralf Fährmann waren ebenfalls dabei.

bundesliga.de: Manuel Neuer war auch Torhüter beim FC Schalke 04, als Sie Torwart der zweiten Mannschaft waren. Wie haben Sie Manuel Neuer damals erlebt?

Himmelmann: Er hatte schon alleine aufgrund seiner Statur eine enorme Ausstrahlung. Bereits im Training war zu sehen, dass Manuel Neuer viele Bälle hält, die andere nicht halten würden. Es war abzusehen, dass er eine große Karriere machen würde.

bundesliga.de: Gibt es noch weitere Torhüter im Weltfußball, zu denen Sie aufblicken?

Himmelmann: Die Torhüter, zu denen ich als Jugendlicher aufgeblickt habe, sind größtenteils nicht mehr aktiv. Gianluigi Buffon und Iker Casillas sind die einzigen Ausnahmen, die schon damals auf einem sehr hohen Niveau agiert haben und dass heute noch immer tun. Die Karrieren der beiden sind sehr beachtlich.

Das Interview führte Oliver Jensen