Harald Walter betreibt die Fußballkneipe "Pfeifndurla" in der Fürther Gustavstraße
Harald Walter betreibt die Fußballkneipe "Pfeifndurla" in der Fürther Gustavstraße

Alles richtig gemacht

xwhatsappmailcopy-link

Fürth - Vor fünf Jahren hat sich Harald Walter einen Traum erfüllt und eine traditionsreiche Gaststätte übernommen, die längst zum Anlaufpunkt der Kleeblatt-Fans geworden ist. Der Wärdd aus Färdd zapft Bier, legt das Fleisch auf den Buchenholz-Grill - und schreibt die Kolumnen im Kleeblatt-Magazin.

Es gibt Menschen, die werden panisch, wenn der Chef sie schief anguckt. Harald Walter gehört ganz sicher nicht dazu, er ist ja noch nicht mal unruhig geworden, als ihm klar wurde, dass er seinen Job bald verlieren würde. "Kaufmännischer Angestellter im Papiergroßhandel“, das hatte er gelernt, in dem Job hatte er jahrelang gearbeitet. "Aber mit dem Rest meines Lebens wollte ich gerne was Besseres anfangen.“

Fußballkneipe statt Sportsbar 

Zum Beispiel eine Lokalität übernehmen, von der er noch heute nicht weiß, ob sie nun eher eine Kneipe oder ein Restaurant ist. Ganz genau weiß er hingegen, was der Name bedeutet. Das "Pfeifndurla" ist nach einer alten Pfeife rauchenden Fürtherin namens Dorothea ('s Durla) benannt und eine traditionsreiche Gaststätte in der Kneipenmeile Gustavstraße. Harald - "es sollte etwas Authentisches sein, es sollte mit Fürth und Fußball zu tun haben“ - griff zu, als er hörte, dass ein neuer Pächter gesucht wurde.

Gemütlich war der Laden schon immer mit seinen dunklen Holzvertäfelung und dem offenen Grill. Doch seit der Mann, der viele an Freiburgs Trainer Christian Streich erinnert, das Zepter schwingt, ist der Laden ergrünt: Hier ein Wimpel vom örtlichen Zweitligisten, dort eine Leseecke, in der die gesammelten Werke des Fürther Präsidiumsmitglieds und Kleeblatt-Chronisten Jürgen Schmidt stehen, hier ein 30 Jahre altes Plakat, das ein Heimspiel gegen Fortuna Köln ankündigt. Und gerahmte Bilder, die die Meistermannschaften der Jahre 1923, 1926 und 1929 zeigen. Keine Frage: Das "Pfeifndurla“ ist eine richtig schöne Fußballkneipe geworden. Was, darauf legt Walter Wert, etwas ganz anderes als eine Sportsbar sei. Sportsbars sind offenbar seine Sache nicht. Im "Pfeifndurla“ gilt eine eiserne Regel: Bei Fürther Spielen steht der Fußball im Mittelpunkt, alle anderen Spiele laufen allenfalls ohne Ton. "Die Leute, die in Ruhe essen wollen, sollen auch zu ihrem Recht kommen.“

Metzger "kennt die Schweine mit Vornamen"

Mitte der Neunziger war Walter, der ursprünglich aus der Nähe von Heilbronn kommt, das erste Mal bei einem Spiel am Ronhof. Das Spiel gegen 1860 wurde zum Erweckungserlebnis, den ursprünglichen Plan, sich auch mal ein Heimspiel vom 1. FC Nürnberg anzuschauen, hat er bis heute nicht umgesetzt. Mehr als 2.500 Zuschauer kamen damals selten zu den Spielen. Doch genau das gefiel Harald. Das Persönliche, das Familiäre, er fand, dass das Kleeblatt prima zu der Stadt passte, die er längst ins Herz geschlossen hatte.

Immer wieder muss er ("Ich bin mal vier Minuten weg...“) hinter die Theke. Die meisten Speisen kommen frisch vom Buchenholz-Grill - Chefsache: Ob die Schäufele-Scheiben oder die fränkischen Bratwürste, die - das ist ihm wichtig - vom regionalen Metzger kommen, der "seine Schweine noch mit Vornamen kennt“.

17 Kolumnen für das Kleeblatt-Magazin

Der Blick fällt derweil auf ein riesiges Poster rechts vom Tresen. Feinsäuberlich verewigt sind dort die 17 Kolumnen, die Harald in dem unglückseligen Bundesliga-Jahr für die Stadionzeitung Kleeblatt-Magazin geschrieben hat. "Lakonisch“ seien die, findet Jürgen Schmidt, der das Stadionmagazin verantwortet und ebenfalls am Tisch sitzt, "so wie der Harald halt ist“. Walter nickt, er weiß, dass er in der Fürther Fanszene als liebenswertes Original gilt, und als einer, der sehr direkt sagen kann, was er denkt. Geschäftsführer Holger Schwiewagner und Schmidt fanden, dass er damit die Idealbesetzung als Kolumnist des Kleeblatt-Magazins sei.

Mittlerweile ist es 22:30 Uhr, ein letztes Mal schweift der Blick in die Runde. Im Fernseher läuft tonlos die Champions League, nicht einer der Gäste schaut auf den Bildschirm. Die Gespräche der jungen Ultras links von der Eingangstür und die der End-Vierziger am anderen Ende des Raumes haben einen wichtigeren Gegenstand als das Schicksal von Borussia Dortmund oder Schalke 04: Es geht um die Spielvereinigung. Hinterm Tresen steht Harald Walter und lächelt versonnen. Er hat alles richtig gemacht...

Christoph Ruf