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Lothar Strehlau arbeitet als Scout für den Zweitliga-Aufsteiger Karlsruher SC. Der 68-Jährige war auch schon als Jugend-, Assistenz- und Cheftrainer für die Badener tätig (© Imago)
Lothar Strehlau arbeitet als Scout für den Zweitliga-Aufsteiger Karlsruher SC. Der 68-Jährige war auch schon als Jugend-, Assistenz- und Cheftrainer für die Badener tätig (© Imago)

"Scouting heißt Geld sparen"

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Karlsruhe - Als sich Oliver Kreuzer Anfang Juni beim Hamburger SV als neuer Sportdirektor vorstellte, sagte der bisherige Manager des Karlsruher SC, dass er Lothar Strehlau gerne mitbringen würde zu seinem neuen Arbeitgeber. Der pensionierte Sportlehrer, der früher als Jugend-, Assistenz- und im Jahr 1983 auch 17 Spiele als Cheftrainer beim KSC arbeitete, ist Scout des Zweitliga-Aufsteigers und enger Vertrauter von Kreuzer.

Strehlau und Kreuzer kennen sich schon, seit der spätere Profi beim KSC in der Jugend unter ihm spielte. Ob der 68-Jährige, der in Karlsruhe eine Fußballschule betreibt, seine Erfahrung tatsächlich beim HSV einbringt, ist noch offen. Im bundesliga.de-Interview spricht der Fußballfachmann über das Thema Scouting.

bundesliga.de: Herr Strehlau, Sie sind Fußballlehrer und arbeiten seit Jahren als Scout. Worauf legen Sie Ihr Hauptaugenmerk, wenn Sie Spieler beobachten? Was ist in, was out?

Lothar Strehlau: Man muss inzwischen auf viel mehr achten. Früher hat es gereicht zu sehen, ob ein Spieler stark am Ball ist. Heute ist die läuferische und geistige Schnelligkeit entscheidend. Wenn heute ein Spieler keinen Speed hat und eine Spielsituation nicht schnell erfassen kann, hat er keine Chance mehr. Antizipation und Spielintelligenz sind ganz wichtige Eigenschaften.

bundesliga.de: Wie oft müssen Sie einen Spieler sehen, um ihn beurteilen zu können?

Strehlau: Im Prinzip weiß ich das schon beim ersten Mal. Wenn ein Spieler keine Schnelligkeit mitbringt, kannst du ihn nicht mehr nach oben bringen. Aber natürlich ist es gut, wenn man sich noch einmal ein zweites Bild verschafft und die Werte, die man beim ersten Mal in seine Datensammlung eingegeben hat, vielleicht nach vier Wochen noch einmal abgleicht. Diese Daten sind mitentscheidend, aber es müssen die selbst ermittelten sein und nicht die, die vom Berater des Spielers kommen. Als Scout muss ich die Spieler vor Ort sehen, das ist wichtig.

bundesliga.de: Was sind die Geheimnisse beim Scouting?

Strehlau: Es gibt keine. Sie müssen ein Auge haben und auch Glück.

bundesliga.de: Was hat sich im Bereich Scouting in den letzten Jahren geändert?

Strehlau: Der Markt wurde immer umkämpfter. Du bist, egal auf welchem gottverlassenen Fußballplatz, nicht mehr allein. Da kommen plötzlich ganz viele so genannte Konkurrenten aus den Büschen, die eventuell den gleichen Spieler beobachten. Dass ein Talent ein Jahr unbeobachtet irgendwo herumhüpft, ist inzwischen ausgeschlossen. Anders ist auch, dass man viel eher zu sichten beginnt. In Altersstufen, an die man sich früher nicht herangetraut hätte. Ein Kind sehr früh aus seiner gewohnten Umgebung herauszunehmen, ist zum Teil schon etwas fragwürdig. Man muss hier die Mitte finden, was im Hinblick auf die psychische Entwicklung noch verantwortbar ist und was nicht.

bundesliga.de: Wenn Sie sagen, es werde immer früher gescoutet, von welchem Alter reden Sie da?

Strehlau: Ein Großteil der Nachwuchsspieler wird schon im Bereich von zehn Jahren intensiv gesichtet.

bundesliga.de: Woher bekommen Sie die Infos, dass irgendwo ein Talent heranwächst?

Strehlau: Die großen Vereine haben flächendeckend Mitarbeiter eingesetzt. Das heißt, sie haben geografisch fast alles abgedeckt. Schon bei Turnieren für die Kleinen sind Leute vor Ort, die ihre Eindrücke über Acht-, Neun-, Zehnjährige an die Zentrale weitergeben. Da werden immense Summen eingesetzt. Was mit Messi in Barcelona vonstattenging, machen andere Clubs inzwischen längst auch. Ralf Rangnick praktiziert das Konzept, das viele Mitarbeiter erfordert, mit RB Salzburg und RB Leipzig. Denen wird im Osten wahrscheinlich kein Talent mehr durch die Lappen gehen.

bundesliga.de: Was haben die Nachwuchsleistungszentren bewirkt?

Strehlau: Dass wir in Deutschland in den letzten Jahren viele gute Spieler produziert haben. Sie werden von den Bundesligisten intensiv ausgebildet, spielen nach der Jugend dann meist in der eigenen U23 oder werden zu Clubs in der 2. Bundesliga oder dritten Liga ausgeliehen, um sich weiterzuentwickeln. Diese Spieler sind auch für finanzschwächere Vereine interessant wie den Karlsruher SC. Erfüllen sie nach ein, zwei Jahren die Anforderungen nicht, werden sie verkauft.

bundesliga.de: Wieso ist es sinnvoll, viel Geld in das Scouting zu investieren?

Strehlau: Weil es sich für einen Verein unter dem Strich rechnet. Scouting ist keine Ausgabe. Scouting heißt Geld sparen.

Das Gespräch führte Reinhard Sogl