Jos Luhukay (l.) und Marcel Ndjeng: Ein erfolgreiches Duo. 2012 holte der Trainer den 30-Jährigen zur Berliner Hertha
Jos Luhukay (l.) und Marcel Ndjeng: Ein erfolgreiches Duo. 2012 holte der Trainer den 30-Jährigen zur Berliner Hertha

Ndjeng: Luhukays Lieblingsschüler

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Berlin - Er ist einer der erfahrensten Spieler beim Aufsteiger Hertha BSC: Marcel Ndjeng. Trotzdem wird der 30-Jährige gern als Schüler bezeichnet. Genauer gesagt, als Lieblingsschüler seines Trainers Jos Luhukay.

Rheinisch-westfälische Anfänge

Das hat einen einfachen Grund: Schon zum dritten Mal steigt der Deutsch-Kameruner jetzt mit dem Niederländer als Coach in die Bundesliga auf. Erstmals begegneten sich die beiden beim 1. FC Köln. Vor über zehn Jahren war das. Ndjeng spielte damals noch in der A-Jugend, Luhukay war Co-Trainer der ersten Mannschaft.



2005 übernahm der Coach den Zweitligisten SC Paderborn, fast zeitgleich wechselte Ndjeng von der Düsseldorfer Fortuna, für die er inzwischen ein Jahr in der Regionalliga gespielt hatte, ebenfalls zu den Ostwestfalen. Dass es Luhukay gewesen war, der ihn damals zu Paderborn holte, sei allerdings "eine Legende", stellte Ndjeng in einem Interview mit dem "Tagesspiegel" klar.

Trotzdem gelang ihm 2005/06 unter seinem künftigen Lieblingstrainer ein nahezu perfekter Einstand im Profifußball: Als offensiver Mittelfeldspieler stand er in allen 34 Partien auf dem Platz, fast immer in der Startelf, und verbuchte dabei neun Tore und zehn Assists. Im Folgejahr wechselte Ndjeng nach Bielefeld und feierte dort sein Bundesligadebüt, konnte sich aber nicht als Stammspieler etablieren.

Drei Aufstiege in sieben Spielzeiten



Seitdem baute Luhukay immer wieder auf den gebürtigen Bonner. 2007 holte ihn der Niederländer nach Mönchengladbach, 2009 nach Augsburg, 2012 schließlich nach Berlin. Mit allen drei Clubs gelang den beiden der Aufstieg aus der 2. Bundesliga ins Oberhaus. Insgesamt haben die beiden jetzt schon sieben Spielzeiten gemeinsam bestritten.

Doch einen besonderen Status als "Lieblingsschüler" genießt Ndjeng deshalb nicht. "Ich musste mich im Training anbieten wie jeder andere", beteuert der Rechtsfuß, "ich kann nicht machen, was ich will." Das habe er schon früher erlebt: "In Augsburg hat er mich sogar mal auf die Tribüne gesetzt, als er mit meiner Leistung unzufrieden war." Schließlich sei er nicht der Sohn des Trainers, sondern nur sein Spieler. "Wir haben ein ganz normales Verhältnis."

Große Wertschätzung



Trotzdem war Ndjeng natürlich angetan, dass er in seiner Karriere immer wieder bei Luhukay landete: "Ich habe das eher als Wertschätzung verstanden: Da ist jemand, der immer wieder auf mich baut, weil er mich seit langem kennt." So sei es auch im vergangenen Sommer gewesen, als Luhukay mit Hertha Sportdirektor Michael Preetz den Aufstiegskader plante: "Es hat mich auf jeden Fall gefreut, dass Jos Luhukay mich über Herrn Preetz hat fragen lassen, ob ich nach Berlin kommen will."

"Er ist sicher nicht der große Vollstrecker, aber er bereitet viele Tore vor", sagt Luhukay. Bislang stehen auf Ndjengs Saisonkonto aber sogar mehr Treffer als Assists: Vier Tore gegenüber drei direkten Vorlagen. Trotzdem verbuchten nur drei Herthaner mehr Scorerpunkte. Beide Werte sind ohnehin völlig in Ordnung, bedenkt man, dass der Rechtsfuß in fast der Hälfte seiner 25 Partien als Rechtsverteidiger in Vertretung des lange verletzten Peter Pekarik ran musste.

Ndjeng ist der Anti-Ebert



Aber auch, als der Slowake fit war, bekam der fünffache kamerunische Nationalspieler Ndjeng fast immer das Vertrauen des Trainers. Er spielte dann trotz namhafter Konkurrenz auf seiner Lieblingsposition im rechten offensiven Mittelfeld. Lediglich fünf Partien verpasste der laufstarke Außenbahnspieler, weil ihn ein Muskelfaserriss außer Gefecht gesetzt hatte. Laufstark? Andere Herthaner machen mehr Kilometer, doch was die Anzahl der Sprints und den erreichten Topspeed angeht, ist Ndjeng ganz vorne mit dabei.

Vor der Saison waren viele Fans skeptisch, spielte doch auf seiner Position zuvor Publikumsliebling Patrick Ebert. Ndjeng ist gewissermaßen der Anti-Ebert: Selten spektakulär, aber immer grundsolide - egal, ob defensiv oder offensiv. Das ist viel Wert in einer Mannschaft, die mit Ronny, Ramos, Ben-Hatira eine Menge Spieler für das Besondere hat - doch nur wenige, die unauffällig, aber effektiv ihren Job machen.

Das will Ndjeng nun auch in der Bundesliga zeigen: "Da wollen wir jetzt unbedingt bleiben." Trotzdem betrachtet der Routinier mit dem jungenhaften Gesicht seine fünfte Saison im Oberhaus für die Alte Dame nur als ersten Schritt. "Es muss darum gehen, dass sich Hertha langfristig in der Bundesliga etabliert." Womit er sich wiederum mit Luhukay völlig einig ist, der fast wörtlich das gleiche Ziel ausgegeben hat. Lieblingsschüler und Lieblingstrainer halt.

Andre Anchuelo