Alles Toben war umsonst: Stefan Krämer und die Arminia schieden im Pokal gegen Bayer Leverkusen aus
Alles Toben war umsonst: Stefan Krämer und die Arminia schieden im Pokal gegen Bayer Leverkusen aus

Krämer: "Wir sind keine Fantasten"

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Bielefeld - Nach zuvor drei Siegen in Folge hat Arminia Bielefeld wieder eine Pflichtspielniederlage kassiert. Trotz starker Leistung verabschiedete sich der Tabellendritte der 2. Bundesliga nach dem 0:2 gegen Bayer Leverkusen aus dem DFB-Pokal. Jetzt gilt alle Konzentration einzig dem großen Ziel Klassenerhalt. Vor der schweren Auswärstspartie bei Energie Cottbus sprach Coach Stefan Krämer mit bundesliga.de.

bundesliga.de: Herr Krämer, die Arminia ist nach großem Kampf gegen Bayer Leverkusen aus dem Pokal ausgeschieden. Wie bewerten Sie das 0:2?

Stefan Krämer: Wir hatten viele gute Momente. In der ersten Halbzeit eher gegen den Ball. Wir haben mit hohem Laufaufwand wenig zugelassen. In der zweiten Halbzeit habe ich uns in der Phase, in der dann blöderweise das Gegentor fällt, auf Augenhöhe gesehen. Wir hatten durch Müller zwei ganz gute Torchancen. Ich war mir aber auch relativ sicher, dass derjenige das Spiel gewinnt, der das erste Tor macht. Bayer hat dann seine ganze individuelle Klase ausgespielt. Wenn man gegen Leverkusen in Rückstand gerät, wird es noch schwerer. Wir haben alles probiert und sogar die Viererkette hinten aufgelöst. Dann gab es Räume für den Gegner, der uns kurz vor Schluss ausgekontert hat. Unterm Strich haben wir uns trotzdem vernünftig verkauft.

bundesliga.de: Befürchten Sie, dass diese Niederlage einen kleinen Dämpfer verursachen könnte, nachdem die Arminia die vorherigen drei Spiele alle gewonnen hatte?

Krämer: Das hat keinen Einfluss auf unsere Stimmungslage. Wir sind ja keine Fantasten. Wir waren schon der Überzeugung, dass wir in einem Spiel gegen Leverkusen eine Chance haben. Aber wir sind nicht größenwahnsinnig geworden und denken, dass wir mit einer europäischen Spitzenmannschaft mithalten können.

bundesliga.de: Jetzt ist in der 2. Bundesliga die Hälfte der Hinrunde gespielt. Bielefeld steht als Aufsteiger nach acht Spieltagen auf Platz 3. Hätten Sie damit gerechnet?

Krämer: Wir haben schon damit gerechnet, dass sich die Mannschaft entwickelt. Sonst hätten wir im Sommer auf dem Transfermarkt mehr tun müssen. Im Endeffekt spielt ja in ganz großen Teilen die Mannschaft, die auch in der 3. Liga aktiv war. Wir haben ganz vielen Spielern diesen Schritt zugetraut. Wie schnell das geht, ist am Anfang immer schwer einzuschätzen. Wir sind mit der bisherigen Punkteausbeute super zufrieden.

bundesliga.de: Als Sie vor knapp zwei Jahren den Trainerposten in Bielefeld übernommen haben, stand es in der 3. Liga sehr schlecht um die Arminia. Wie haben Sie das Ruder herumgerissen?

Krämer: Es war auch ganz sicher eine Teamleistung. Das schafft keiner alleine. Es war so, dass zu dem Zeitpunkt wegen der finanziellen Probleme des Vereins auch nur ein relativ kleines Team da war. Aber jeder hat auf seinem Platz Vollgas gegeben. Jeder hat sich mit der Arminia identifiziert und wollte dazu beitragen, dass die Arminia wieder aus dem Schlamassel herauskommt. Arminia ist ein Kultverein mit Charakter und Tradition. Er hat auch eine sehr große Fanbase, auch in schlechten Zeiten. Wir wussten genau, dass wenn wir wieder in die Spur kommen, die Fans wieder heiß auf Arminia werden. Das haben wir geschafft. Und wenn die SchücoArena voll ist, dann herrscht dort eine besondere Atmosphäre, in der es für jeden Gegner schwer ist.

bundesliga.de: Sie gelten als sehr positiver Typ und sind parallel "aufgestiegen" wie etwa auch ein Christian Streich in Freiburg. Wie erleben Sie selbst Ihre Wahrnehmung oder Ihr Image?

Krämer: Auf mein Image lege ich relativ wenig Wert. Das pflege ich nicht, das versuche ich auch nicht aufzubauen. Ich kann nur so sein, wie ich bin. Das Image kriegt man dann von anderen Leuten verpasst. Aber darüber zerbreche ich mir auch nur eine einzige Sekunde am Tag den Kopf.

bundesliga.de: Wie arbeiten Sie mit der Mannschaft?

Krämer: Mein Anspruch ist es, mit der Mannschaft so zu arbeiten und so mit ihr umzugehen, wie ich es selber als Spieler früher gerne gehabt hätte. Ich habe ein sehr enges Verhältnis zur Mannschaft und pflege einen sehr vertrauensvollen Umgang untereinander. Eine große Stärke der Mannschaft ist ihr Charakter. Die Jungs verstehen sich auch untereinander und abseits des Fußballplatzes gut. Wir lassen uns auch von kleineren Rückschlägen nicht verrückt machen. Wir haben eine klare Spielidee, die an die Gegebenheiten und den Gegner angepasst werden muss. An der Idee können sich die Jungs auch festhalten, gerade wenn die See einmal rauher wird und Nebel aufzieht. Dann muss die Spielidee der Leuchtturm sein. Eine Mannschaft braucht eine Identität - das haben wir mittlerweile geschafft. Die Arminia hat einen eigenen Charakter.

bundesliga.de: Arminia hat mit 15 Toren die meisten der 2. Bundesliga geschossen, aber auch bereits zwölf kassiert hat. Das klingt nach Fußball total mit hohem Unterhaltungswert.

Krämer: Wir wollen extrem ballorientiert und hoch verteidigen. Wir arbeiten mit Gegenpressing auch mit dem Wissen, dass auch Räume hinter der eigenen Kette entstehen können. Wir sehen aber eher die Chance als das Risiko. Am Torverhältnis sieht man ganz gut, dass es bis jetzt in der Balance ist. Allerdings müssen wir schon die Anzahl der Gegentreffer verringern. Uns geht es nicht um Zirkusfußball oder den reinen Unterhaltungswert. Fußball ist ein Ergebnissport.

bundesliga.de: Ihr nächster Gegner ist Energie Cottbus, eine Mannschaft, die sicherlich stärker einzuschätzen ist als der aktuelle Platz 16 in der Tabelle vermuten lässt. Wie schwer wird die Aufgabe?

Krämer: Wer jetzt den Fehler macht, die Tabelle zu Rate zu ziehen und meint, man müsste nach Cottbus fahren und da mal so eben gewinnen, dem rate ich einen Arztbesuch beim Spezialisten. Cottbus ist eine Spitzenmannschaft der 2. Bundesliga, wir sind ein Aufsteiger. Wenn wir es schaffen, die Klasse zu halten, sehe ich das als genauso großen Erfolg wie den Aufstieg im Vorjahr an. Wir müssen immer sehen, dass wir aus unseren Möglichkeiten alles rausquetschen. Das werden wir auch in Cottbus versuchen.

Das Gespräch führte Tobias Gonscherowski