Nach dem Remis gegen Köln herrscht bei den Herthanern Enttäuschung vor
Nach dem Remis gegen Köln herrscht bei den Herthanern Enttäuschung vor

Hertha: Herbstmeisterschaft futsch

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Berlin - Nein, dass durch das der inoffizielle "Herbstmeister"-Titel an die Konkurrenz von Eintracht Braunschweig ging, war allen Herthanern ziemlich egal. Man ärgerte sich in der Hauptstadt vor allem über zwei verlorene Punkte.

Winter- statt Herbstmeister?

"Wir haben vor und nach der Pause gute Chancen liegenlassen, von daher müssen wir mit dem einen Punkt leben", grummelte Hertha-Manager Michael Preetz nach der Partie. Dass die "Herbstmeisterschaft" weg ist, interessiere ihn hingegen nicht. Etwas analytischer beschrieb es Trainer Jos Luhukay: Im Vergleich zum 4:0-Sieg in Aue am vergangenen Sonntag habe man eine viel bessere erste Halbzeit gespielt. Letztlich habe aber im gesamten Spiel "die letzte Genauigkeit" und "die letzte Stoßkraft" gefehlt, um mehr als das eine Tor zu erzielen, mit dem Ronny nach schöner Einzelaktion kurz vor der Pause die Kölner Führung durch Kevin McKenna egalisierte.



Tatsächlich stand es am Ende nach Torschüssen 17:5, nach Ecken 6:1 und beim Ballbesitz 61 Prozent zu 39 Prozent für die Hertha. "Wir haben unsere Chancen halt nicht eiskalt genutzt", konstatierte Fabian Lustenberger. Doch auch der Schweizer nahm die verpasste "Herbstmeisterschaft" locker: "Vor zwei Jahren sind wir auch nicht Herbstmeister geworden und am Ende aufgestiegen." Damals rangierten die Berliner nach 17 Spieltagen mit 33 Punkten nur auf Rang 3, um zum Saisonabschluss mit neun Zählern Vorsprung souveräner Tabellenerster zu werden.

Immerhin: 33 Punkte hat die Hertha diesmal schon nach 16 Partien auf dem Konto. Lustenberger verwies darauf, dass sein Team mit dem Remis gegen den "Effzeh" nunmehr 14 Partien in Folge nicht verloren habe - "so schlecht ist das ja auch nicht". In der Tat: Eine so lange Serie ohne Niederlage gab es in der Geschichte der Hertha im Profifußball noch nie, der bereits in Aue aufgestellte Vereinsrekord wurde weiter ausgebaut. "Lusti" sieht jetzt ein neues Nahziel: "Bis zur Winterpause sind es noch drei Spiele - vielleicht schaffen wir es ja bis dahin, ganz oben zu stehen."

Hertha in Cottbus Favorit



Dazu müssen am besten gleich am nächsten Spiel, das bereits am Montag ansteht, drei Punkte her. Im Berlin-Brandenburg-Derby bei Energie Cottbus sieht Lustenberger seinen Klub in der Favoritenrolle: Die Lausitzer hätten zwar, so der Defensivallrounder, wie in den vergangenen Jahren auch, eine gute Mannschaft. "Aber wenn man ganz oben dabei sein will, muss man halt konstant sein." Der FC Energie habe jedoch nach dem Sieg gegen Tabellenführer Braunschweig mit 1:3 bei Abstiegskandidat Sandhausen verloren. "Die werden jetzt auch eine Reaktion zeigen wollen - da müssen wir gewappnet sein", warnte Lustenberger zugleich.

Sein Trainer Luhukay sieht das ähnlich. Nach der Niederlage werde Cottbus mit Sicherheit "gewinnen wollen, um nah an uns heranzukommen". Viel fehlt dazu nicht: Nur fünf Zähler rangiert der Tabellenvierte aus der Lausitz hinter den zweitplatzierten Hauptstädtern. Der Niederländer hofft für das Spiel auf mehr Raum für das Hertha-Offensivspiel als bei Heimspielen. "Das macht es uns auswärts manchmal etwas einfacher", so der Hertha-Coach. Die Auswärtstabelle, in der Hertha derzeit führt, gibt Luhukay zwar recht. Doch in der Heimtabelle belegen die Gastgeber vom Montag einen starken Platz 2, hinter Braunschweig - aber noch vor der Hertha.

Köln "hinkt der Musik hinterher"



Das sind Tabellenregionen, von denen Luhukays Kölner Kollege Holger Stanislawski derzeit nur träumen kann. Mit 21 Zählern dümpeln die Domstädter derzeit im trüben Niemandsland der Tabelle herum. Was angesichts dessen in dieser Saison noch realistisch ist? "Das ist eine gute Frage", seufzte der "Effzeh"-Coach. "Mit dem einen Punkt in Berlin können wir sehr gut leben", sagte der 43-Jährige.

"Wir hinken der Musik vor allem deshalb hinterher, weil wir zuhause einfach zu oft unentschieden gespielt haben", so Stanislawski. Fünfmal schon holten die Rheinländer im eigenen Stadion nur einen Punkt - kein anderes Team spielte zuhause öfter remis.

Rotation gegen Ingolstadt?



"Da müssen wir unsere Hausaufgaben machen und zielstrebiger werden", erklärte der Kölner Trainer, "dann werden wir auch in der Tabelle weiter nach oben kommen". Nun sei man gut beraten, sich "auf den nächsten Gegner zu konzentrieren".

Der heißt FC Ingolstadt und ist "auswärts eine unangenehme Mannschaft", weiß Stanislawski. Der Tabellenachte aus Oberbayern hat dazu den Vorteil, mehr als einen Tag länger regenerieren zu können als der 1. FC Köln. Die Domstädter haben ab Abpfiff in Berlin nur gut 63 Stunden bis zum nächsten Spiel. Folglich stellte Stanislawski schon mal in Aussicht, auf der einen oder anderen Position die Rotation in Gang zu setzen. "Ich hoffe, dass meine Jungs den positiven Trend aus den letzten Spielen mitnehmen", verwies der Kölner Übungsleiter zudem auf die Serie des "Effzeh" von zuletzt vier Partien ohne Niederlage, aus denen sein Team im Schnitt zwei Punkte pro Partie holte.

Aus Berlin berichtet Andre Anchuelo